Der Ketzerlehrling
setzte sich Cadfael unvermutet in Bewegung und führte die Pferde den Abhang hinunter, um sich zu ihnen zu gesellen; er trat, wie es schien, Jevan plötzlich fast auf die Fersen, aber Jevan drehte weder den Kopf, noch lockerte er seinen Griff.
Und Fortunta ließ sich die ganze Zeit stumm führen, mit unbewegtem und ausdruckslosem Gesicht.
Was sie brauchten, was sie zustande zu bringen versuchten, war eine Ablenkung, irgend etwas, das dieses dicht verschlungene Paar auseinanderbrachte und Hugh eine Chance gab, Fortunata dem Mann zu entreißen, unverletzt. Von ihr getrennt konnte Jevan überwältigt werden. Aber sie waren nur zu zweit, und er konnte dafür sorgen, daß sie mindestens eine Armeslänge Abstand von ihm hielten. Solange er Fortunata im Arm hielt, war er sicher und sie in Gefahr, und niemand konnte riskieren, den Anschein zu zerstören, daß alles so war, wie es immer gewesen war.
Aber er, Elave, konnte es! Von seiner Anwesenheit hatte Jevan keine Ahnung, und vor ihm konnte er nicht auf der Hut sein. Und es mußte etwas geben, das ihn veranlaßte, seine Hand von seinem Schutzschild zu lösen, etwas, das ihn wehrlos machte. Aber mehr als eine Chance würde er nicht haben.
Ein letzter langer, roter Strahl der untergehenden Sonne ließ plötzlich das schwache gelbe Glimmen im Innern des Schuppens verblassen, das Elave die ganze Zeit gesehen hatte, ohne es wahrzunehmen, und glitzerte eine Sekunde lang auf dem Gelenk von Jevans rechter Hand. Elave erkannte, was diese Hand umkrampfte, und jetzt wußte er, weshalb Hugh sich so geduldig zurückhielt. Wußte auch, was er selbst tun würde.
Die ganze Gruppe mit den geführten Pferden war flußaufwärts zu den netzbespannten Rahmen gewandert, auf denen Häute in der Strömung schaukelten. Ein paar Meter weiter, dann konnte er, den Schuppen zwischen sich und ihnen, ungesehen die Wiese überqueren und zu der offenen Tür gelangen.
Hugh Beringar besorgte das Reden, heuchelte Interesse an den Arbeitsgängen der Pergamentherstellung, versuchte Jevans Berufseifer so weit zu erregen, daß er in seiner Wachsamkeit nachließ. Cadfael blieb ihm mit den Pferden auf den Fersen, aber Jevan drehte sich kein einziges Mal um.
Bestimmt hatte er die Tür offen und die Lampe brennen gelassen, um den Sheriff zu zwingen, schließlich doch aufzugeben, auf sein Pferd zu steigen und davonzureiten, damit der geduldige Handwerker sein Tagewerk beenden konnte.
Hugh war ebenso entschlossen, selbst diese Geduld zu überbieten. Und während sie, an einem toten Punkt angelangt, am Ufer des Severn standen, gab es hier jemanden, der als einziger handeln konnte.
Elave verließ seine Deckung und rannte, den Schuppen als Deckung benutzend, auf die offenstehende Tür zu, in das düstere Innere und ergriff die Lampe. Das Stroh des Daches war alt, vom warmen Sommerwetter ausgetrocknet und zwischen den stützenden Balken herabgesackt. Er setzte es an zwei Stellen mit der Lampe in Brand, über dem langen Tisch, wo der zwischen den Läden eindringende Windhauch es anfachen würde, und außerdem, während er zurückwich, in der Nähe der Tür. Draußen riß er den brennenden Docht heraus, warf ihn auf die Dachschräge und goß das restliche Öl darüber.
Die abendliche Brise, die oft nach einem stillen Tag aufkam, erwachte gerade im Westen, fachte die kleine Flamme an und schickte eine dünne, gewundene Feuerschlange das Dach hinauf. Aus dem Innern des Schuppens vernahm er etwas, das sich anhörte wie der tiefe Seufzer eines Riesen; im Stroh zwischen den Deckenbalken sprangen Flammen von Bündel zu Bündel. Elave rannte, nicht zurück in die Deckung des Gebüschs, sondern zu den Läden auf der landeinwärts gelegenen Seite des Schuppens. Er ergriff einen Laden und zerrte daran, bis er nachgab und aufschwang und zuerst eine Rauchwolke herauswogte und dann, als die frische Luft das Feuer drinnen noch weiter anfachte, Flammenzungen herausleckten. Er sprang zurück und beobachtete aus einiger Entfernung, was er da angerichtet hatte, sah Rauch aufsteigen und Flammen aus dem Dach schlagen.
Cadfael war der erste, der es sah und Alarm gab: »Feuer!
Euer Schuppen brennt!«
Jevan drehte den Kopf, vielleicht halb ungläubig, und sah, was Cadfael gesehen hatte. Er stieß einen grauenhaften Verzweiflungsschrei aus, schleuderte Fortunata so plötzlich und so grob von sich, daß sie fast gestürzt wäre; das Messer, das er in der Hand gehalten hatte, bohrte sich ins Gras, und dann stürzte er wie ein
Weitere Kostenlose Bücher