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Der Ketzerlehrling

Der Ketzerlehrling

Titel: Der Ketzerlehrling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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Dunkelheit.
    »Gute Nachrichten sind immer willkommen«, sagte er und trat Hugh, ein paar Meter Abstand haltend, mit offenem und unbekümmertem Gesicht entgegen. »Aber ich hätte sie ohnehin bald gehört – wir wollten uns gerade auf den Heimweg machen.
    Meine Nichte hat meine Werkstatt ausgefegt und saubergemacht. Meinetwegen hättet Ihr nicht den weiten Weg auf Euch zu nehmen brauchen, Mylord, aber es war sehr freundlich von Euch.«
    »Es war kein weiter Weg«, sagte Hugh. »Wir waren ohnehin in der Nähe, und Euer Bruder sagte, daß Ihr hier wäret. Die Nachricht ist, daß ich Euren Hirten freigelassen habe. Conan mag zwar ein Lügner sein, aber ein Mörder ist er nicht. Wir wissen jetzt, wo er jede Stunde jenes Tages verbracht hat. Er ist wieder zu Hause, eindeutig unschuldig. Das wollte ich Euch wissen lassen, denn vielleicht habt Ihr Euch, nach all den Lügen, die er uns aufgetischt hat, gefragt, wie tief er in die Angelegenheit verwickelt ist.«
    »Soll das heißen«, fragte Jevan gelassen, »daß Ihr den wahren Mörder gefunden habt?«
    »Noch nicht«, sagte Hugh mit gleichermaßen zuversichtlicher und täuschend gelassener Miene, »aber es engt das Feld ein.
    Ihr werdet froh sein, Euren Mann wiederzuhaben. Er ist jedenfalls überglücklich, daß er wieder frei ist, das kann ich Euch versichern. Ich nehme an, das betrifft eher die Geschäfte Eures Bruders, aber nach dem, was Conan mir erzählte, hat er gelegentlich auch bei den Häuten geholfen.« Er hatte sich der Tür des Schuppens genähert und schaute neugierig in die dunkle Höhle hinein, nur ganz schwach erhellt vom Glühwürmchenlicht der Lampe, die nach wie vor auf dem Deckel der Truhe brannte. In dem Licht, das durch die weit offenstehende Tür einfiel, war das gelbliche Flackern kaum wahrzunehmen. Hughs Augen schweiften mit dem interessierten Blick des Laien über den großen Tisch unter dem verschlossenen Fenster, die Truhen und die Kalkbottiche und erreichten das Wandbrett mit den Messern, Messern zum Bearbeiten der Häute, zum Abkratzen von Fleisch und Haaren und zum Zuschneiden. Und eine der Scheiden war leer.
    Cadfael, der mit den Pferden ein wenig abseits stand, zwischen dem Baumgürtel, der sich zu seiner Linken um die Flußbiegung herumzog, und dem offenen Hang zu seiner Rechten, hatte einen ungehinderten Blick auf das Äußere des Schuppens, den grasbewachsenen Abhang und die drei Menschen, die vor der offenen Tür standen. Die Sonne stand niedrig, war aber noch nicht hinter den Bäumen verschwunden, und das schräg einfallende Licht ließ jede Einzelheit mit goldener, funkelnder Klarheit hervortreten und fand jeden Punkt, der es reflektieren konnte. Cadfael beobachtete angespannt; von seinem Standort aus konnte er vielleicht Dinge sehen, die Hugh entgingen. Die Art, auf die Jevan Fortunatas Arm umklammerte und das Mädchen fest an sich drückte, gefiel ihm nicht. Diese Umarmung, ganz untypisch für einen so kühlen und zurückhaltenden Mann wie Jevan von Lythwood, war Hugh bestimmt nicht entgangen. Aber hatte er, wie Cadfael, gesehen, wie in einem rubinroten Strahl der untergehenden Sonne und nur für den Bruchteil einer Sekunde unter Jevans rechtem Ärmel der Stahl des Messers aufblitzte?
    An Fortunata fiel ihm nichts Besonderes auf, außer vielleicht die ungewöhnliche Reglosigkeit ihres Gesichts. Sie hatte nichts zu sagen, gab keinerlei Angst oder Mißtrauen zu erkennen, empfand kein Unbehagen darüber, so festgehalten zu werden, und wenn sie es empfinden sollte, so gab es in ihrem Verhalten nichts, was darauf hindeutete. Aber sie wußte ganz bestimmt, was Jevan in der anderen Hand hielt.
    »Also hier verrichtet Ihr Eure Wunderwerke«, sagte Hugh und ging neugierig in die Werkstatt hinein. »Ich habe schon des öfteren über Euer Handwerk nachgedacht. Ich kenne die Qualität Eurer Arbeit, ich habe fertige Produkte gesehen, aber ich habe noch nie gesehen, wie aus rohen Häuten so wundervoll weiße Blätter werden können.«
    Wie irgendein wißbegieriger Fremder wanderte er in dem Raum herum und schaute in die Ecken, ließ das Brett mit den Messern aber unbeachtet – aus der Nähe wäre die Lücke nicht zu übersehen gewesen, und dann hätte er eine Bemerkung darüber machen müssen. Er versuchte herauszubekommen, ob Jevan irgendwelche Befürchtungen hegte oder etwas zu verbergen hatte; er wollte ihn dazu verleiten, daß er das Mädchen losließ und ihm folgte, aber Jevan dachte nicht daran seinen Griff zu lockern, sondern zog

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