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Der Ketzerlehrling

Der Ketzerlehrling

Titel: Der Ketzerlehrling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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Gästehauses herunterkam. Nach der mühseligen Beförderung des Leichnams seines Herrn zu seinem ersehnten Ruheplatz schien er nach wie vor gereizt und kampfbereit.
    »Ihr seht aus, als wolltet Ihr jemanden beißen«, sagte Cadfael, der es absichtlich so eingerichtet hatte, daß sie einander von Angesicht zu Angesicht gegenüberstanden.
    Der junge Mann sah ihn an, einen Augenblick lang nicht sicher, wie er reagieren sollte. Dann lächelte er, und seine Anspannung ließ ein wenig nach.
    »Aber auf keinen Fall Euch, Bruder! Wenn ich meine Zähne gezeigt habe – hatte ich nicht allen Grund dazu?«
    »Nun, zumindest habt Ihr auf diese Weise unseren Abt besser kennengelernt. Ihr habt bekommen, um was Ihr gebeten habt. Aber ich empfehle Euch, Eure Zunge im Zaum zu halten, bis unser hoher Gast wieder abgereist ist. Wenn Ihr sichergehen wollt, daß nichts, was Ihr sagt, mißverstanden werden kann, so ist die beste Methode, überhaupt nichts zu sagen. Eine weitere besteht darin, allem beizupflichten, was die hohen Herren sagen. Aber ich bezweifle, daß Euch das sehr liegen würde.«
    »Das ist, als suchte man sich seinen Weg zwischen Bogenschützen, die im Hinterhalt liegen«, sagte Elave noch entspannter als zuvor. »Für einen Ordensmann, Bruder, sagt Ihr Dinge, die ein wenig undogmatisch sind.«
    »So dogmatisch sind wir alle nicht. Wenn die Theologen anfangen, über die reine Lehre zu reden, dann weiß ich, daß Gott alle Sprachen spricht und daß alles, was man zu ihm sagt, ganz gleich in welcher Zunge, keines Dolmetschers bedarf. Und wenn es ehrlich gemeint ist, auch keiner Entschuldigung. Was macht Eure Hand? Keine Entzündung?«
    Elave beförderte die Schatulle unter den anderen Arm und zeigte Cadfael seine Hand, im Umkreis der abheilenden Stichwunden immer noch leicht angeschwollen und gerötet.
    »Kommt mit in meine Werkstatt, wenn Ihr die Zeit erübrigen könnt«, forderte Cadfael ihn auf, »damit ich sie noch einmal behandeln kann. Danach könnt Ihr sie vergessen.« Er warf einen Blick auf die Schatulle unter dem Arm des jungen Mannes. »Aber Ihr habt gewiß in der Stadt zu tun. Wollt Ihr Williams Verwandtschaft aufsuchen?«
    »Ich muß ihnen sagen, daß morgen die Beisetzung stattfinden soll«, sagte Elave. »Sie werden kommen. Sie haben sich immer gut verstanden, böses Blut hat es zwischen ihnen nie gegeben. Es war Girards Frau, die für die ganze Familie den Haushalt führte. Ich muß zu ihnen und sie wissen lassen, wie die Dinge liegen. Aber das hat keine Eile. Ich vermute, wenn ich einmal bei ihnen bin, werde ich den Rest des Tages und bis in den Abend hinein bleiben.«
    Seite an Seite verließen sie den Hof, gingen durch den Rosengarten und umrundeten die dichte Hecke. Sobald sie den ummauerten Kräutergarten erreicht hatten, umhüllte sie der von der Sonne erwärmte Duft der Kräuter wie eine Wolke.
    »Es wäre ein Jammer, an einem solchen Tag nach drinnen zu gehen«, sagte Cadfael. »Setzt Euch hier in die Sonne. Ich bringe die Lotion mit heraus.«
    Elave setzte sich bereitwillig auf die Bank an der Nordmauer, hob sein Gesicht in die Sonne und stellte die Schatulle neben sich ab. Cadfael betrachtete sie interessiert, verschwand aber erst einmal, um die Lotion zu holen und sie noch einmal auf die abheilende Wunde aufzutragen.
    »Die wird Euch keine Beschwerden mehr machen, sie ist jetzt sauber, und junges Fleisch heilt gut; Ihr hattet vermutlich durch die Welt und wieder zurück mehr Gefahren zu bestehen, als Euch hier in Shrewsbury drohen.« Er stöpselte die Flasche wieder zu und ließ sich neben seinem Gast nieder. »Ich vermute, seine Angehörigen hier in der Stadt wissen noch nicht einmal, daß Ihr zurück seid und ihr Verwandter tot ist?«
    »Nein, noch nicht. Gestern abend reichte die Zeit kaum aus, meinen Herrn angemessen unterzubringen, und wegen des Disputes im Kapitelsaal heute morgen hatte ich noch keine Gelegenheit, sie aufzusuchen. Ihr kennt sie – seine Neffen?
    Girard kümmert sich um die Herde und die Verkäufe und sammelt die Schurwolle von anderen ein, für die er den Handel betreibt. Tevan hat immer die Pergamentherstellung besorgt, schon zu Master Williams Zeiten. Aber es ist durchaus möglich, daß sich einiges geändert hat, seit ich abgereist bin.«
    »Ihr werdet sie alle lebend antreffen«, sagte Cadfael beruhigend, »das weiß ich. Nicht, daß wir sie allzu oft hier im Kloster sehen. Sie kommen gelegentlich an Festtagen, aber sie haben ihre eigene Kirche, die von Saint

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