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Der Ketzerlehrling

Der Ketzerlehrling

Titel: Der Ketzerlehrling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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mit einem glattrasierten Gelehrtengesicht. Er hatte als Junge keine regelrechte Schulbildung genossen; aber als er sich schon früh der Kunst der Pergamentherstellung zuwendete, war er den gelehrten Männern aufgefallen, die von ihm kauften, Mönchen, Sekretären, sogar einigen Lords aus den Herrenhäusern der näheren Umgebung, die über eine gewisse Bildung verfügten, und da er eine sehr rasche und eifrige Auffassungsgabe besaß, hatte er beschlossen, von ihnen zu lernen; er hatte ihr Interesse erregt, ihm weiterzuhelfen, und war selbst zu einem Gelehrten geworden, der einzigen Person in diesem Hause, die Latein lesen konnte und mehr als nur ein paar Worte Englisch. Es war gut fürs Geschäft, daß der Verkäufer nicht hinter der Qualität seiner Ware zurückstand und den Gebrauch zu beurteilen wußte, den die kultivierte Welt von ihr machte.
    Die drei Männer eilten in Margarets Gefolge herbei, um sich am Tisch niederzulassen und den Reisenden und seine Neuigkeiten willkommen zu heißen. Der Tod Williams, der nach einem erfüllten Leben im Zustand der Gnade dahingeschieden und an dem Ruheplatz eingetroffen war, den er sich gewünscht hatte, war keine Tragödie, sondern die Vollendung eines durch und durch erfüllten Lebens; er wurde um so müheloser und bereitwilliger hingenommen, als der Verstorbene sieben Jahre aus diesem Haushalt fort gewesen war und die von ihm hinterlassene Lücke sich sanft geschlossen hatte. Elave erzählte, was er ihnen von der Heimreise erzählen konnte, über die immer wieder aufflackernde Krankheit und seinen Tod, einen sanften Tod in einem sauberen Bett, nachdem er gebeichtet und die Absolution erhalten hatte, in Valognes, nicht weit von dem Hafen entfernt, an dem er sich für die Heimfahrt hatte einschiffen wollen.
    »Und die Beisetzung soll morgen stattfinden«, sagte Jevan.
    »Um welche Zeit?«
    »Nach der Messe um zehn. Der Abt wird die Predigt selbst halten. Er ist für die Bitte meines Herrn um Aufnahme eingetreten«, sagte Elave, »und zwar gegen einen zu Besuch hier weilenden Chorherrn aus Canterbury. Einer der Diakone des Bischofs reist mit ihm, und der hat törichterweise irgendeine alte Sache erwähnt, eine Meinungsverschiedenheit mit einem reisenden Prediger vor vielen Jahren; und dieser Gerbert wollte jedes Wort wieder aus ihm herauszerren und William zum Ketzer stempeln und ihm die Aufnahme verweigern. Aber der Abt machte diesem Gerede entschlossen ein Ende und ließ ihn ein. – Ich war nahe daran«, gestand Elave, von der Erinnerung aufgebracht, »beim Streit mit diesem Mann meinen eigenen Hals in einen Ketzerkragen zu stecken.
    Er gehört zu den Leuten, die es nicht ertragen, wenn man ihnen widerspricht. Natürlich konnte er dem Abt in seinem eigenen Haus schwerlich irgendwelche Vorschriften machen, aber ich bezweifle, daß er mich sonderlich schätzt. Es dürfte sich empfehlen, den Kopf einzuziehen, bis er wieder abgereist ist.«
    »Du hast recht daran getan«, sagte Margaret, »daß du für deinen Herrn eingetreten bist. Ich hoffe, es hat dir nicht geschadet.«
    »Sicher nicht! Das ist jetzt vorbei. Ihr werdet morgen an der Messe teilnehmen?«
    »Wir Männer alle«, sagte Jevan, »und die Frauen auch. Und Girard, wenn wir ihn rechtzeitig finden können; er ist unterwegs und befindet sich jetzt womöglich in der Nähe der Grenze. Er wollte zum Fest der heiligen Winifred wieder hier sein, aber bei den Herden an der Grenze ist immer damit zu rechnen, daß er aufgehalten wird.«
    Elave hatte die hölzerne Schatulle auf der Bank neben dem Fenster stehengelassen. Jetzt stand er auf, um sie an den Tisch zu holen. Aller Augen richteten sich darauf.
    »Das hier sollte ich Master Girard übergeben. Master William schickt es ihm, damit er es zu treuen Händen für Fortunata verwahrt, bis sie heiratet. Es ist ihre Mitgift. Als er so krank war, dachte er an sie und sagte, sie müßte eine Mitgift haben. Und das ist, was er ihr schickt.«
    Jevan war der erste, der die Hand ausstreckte und die Schatulle betastete, fasziniert von der wundervollen Schnitzarbeit.
    »Das ist wirklich ein herrliches Stück. Hat er es irgendwo im Osten gefunden?« Er hob die Schatulle hoch, überrascht von ihrem Gewicht. »Das ist wirklich eine Schatzkiste. Was ist darin?«
    »Ich weiß es nicht. Er war dem Tode nahe, als er es mir gab und mir sagte, was ich damit tun sollte. Mehr sagte er nicht, und ich habe ihm keine Fragen gestellt. Ich hatte genug zu tun, damals und danach.«
    »So ist es«, sagte

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