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Der Ketzerlehrling

Der Ketzerlehrling

Titel: Der Ketzerlehrling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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jüngster Zeit hatte er sich angewöhnt, wenn er das Bedürfnis danach empfand, Worte an sie zu richten, dies auf Walisisch zu tun, aber für gewöhnlich verließ er sich darauf, daß sie auch ohne Worte wußte, womit er sich in Gedanken beschäftigte. Es war ohnehin fraglich, ob die Heilige aus Wales in ihrem ersten kurzen Erdendasein überhaupt Englisch oder Latein gelernt hatte oder auch nur imstande gewesen war, ihre eigene Sprache zu lesen und zu schreiben; die stattliche Priorin, die sie in ihrem zweiten Leben gewesen war, Rompilgerin und Oberhirtin einer Gemeinde von heiligen Frauen, mußte genug Zeit gehabt haben, nach Herzenslust zu lernen und zu studieren. Doch wenn Cadfael an sie dachte, dann sah er immer das junge Mädchen vor sich. Ein Mädchen, dessen Schönheit legendär gewesen war und der Grund dafür, daß Fürsten sie begehrten.
    Bevor er sie verließ, spürte er, obwohl er sich nicht bewußt war, irgendwelche Bedürfnisse oder Wünsche geäußert zu haben, die Ruhe und Gewißheit, die das Gebet zu ihr ihm immer vermittelte. Er ging um den Gemeindealtar herum ins Kirchenschiff, wo Vater Boniface gerade dabei war, die kleine Altarlampe aufzufüllen und die Kerzen in ihren Haltern geradezurichten. Cadfael blieb stehen, um ihm einen guten Tag zu wünschen.
    »Ich nehme an, Ihr hattet heute morgen Besuch von Vater Elias von Saint Alkmund? Er erschien in der gleichen Angelegenheit vor dem Kapitel. Eine traurige Geschichte, die Sache mit Aldwin.«
    Vater Boniface nickte zustimmend mit seinem dunklen Kopf und wischte wie ein kleiner Junge die öligen Finger an der Soutane ab. Er war dünn, aber drahtig, und fast so wortkarg wie sein Küster, aber seine vorsichtige Zurückhaltung verschwand in dem Maße, in dem er das Zutrauen seiner Gemeinde gewann.
    »Ja, er kam nach der Prim zu mir. Ich habe diesen Aldwin zu seinen Lebzeiten nicht gekannt. Ich wollte, ich hätte ihm jetzt, da er tot ist, helfen können, aber soweit ich weiß, habe ich ihn bis zum Begräbnis des Wollhändlers am Tage vor dem Fest niemals zu Gesicht bekommen. Auf jeden Fall hat er nie bei mir gebeichtet.«
    »Und auch nicht bei einem von uns«, sagte Cadfael. »Und ebensowenig in der Stadt; dort hat Elias zuerst nachgefragt.
    Und Eure Gemeinde ist sehr groß. Der arme Vater Elias würde weit laufen müssen, um den nächsten Priester zu finden. Und wenn Aldwin überhaupt an die Tür von einem seiner Amtsbrüder geklopft hat, bezweifle ich, daß er einen so weiten Weg zurückgelegt hätte, um dort von seinen Sünden freigesprochen zu werden.«
    »Ich muß in Erfüllung meiner Pflichten des öfteren selbst meilenweit laufen«, sagte Boniface, eher mit Stolz als Bedauern über die Größe seiner Pfarre. »Gott weiß, daß mir das nichts ausmacht! Tag oder Nacht, ich bin glücklich über die Gewißheit, daß sie mich aus dem abgelegensten Weiler rufen können, wenn sie mich brauchen, und wissen, daß ich komme.
    Manchmal frage ich mich, womit ich dieses Glück verdient habe. Erst vorgestern wurde ich nach Betton gerufen und versäumte sämtliche Gottesdienste außer der Morgenmesse.
    Es tat mir leid, daß es dazu kam, aber mir blieb nichts anderes übrig. Da lag ein Mann im Sterben, oder er und seine Angehörigen glaubten, daß er sterben würde. Es war die Reise wert, denn sein Zustand besserte sich, und ich blieb, bis wir sicher waren, daß er am Leben bleiben würde. Es wurde bereits dunkel, als ich zurückkehrte …« Er brach plötzlich ab, mit offenem Mund und großen Augen. »So ist es gewesen!« sagte er langsam. »Und ich habe überhaupt nicht daran gedacht!«
    »Was ist so gewesen?« fragte Cadfael neugierig. Es war eine lange und zutrauliche Rede gewesen für einen so stillen, zurückhaltenden Mann, und sein plötzliches Verstummen war fast bestürzend. »Was ist Euch wieder eingefallen?«
    »Daß zu jener Zeit noch ein Priester hier war, der jetzt wieder fort ist. Vater Elias kann das nicht wissen. Ich hatte einen Gast, der zum Fest der Grablegung der heiligen Winifred gekommen war, einen früheren Mitschüler, der erst vor einem Monat ordiniert wurde. Er kam am Tag vor dem Fest, am frühen Nachmittag, und blieb den ganzen nächsten Tag, und als ich nach der Morgenmesse abberufen wurde, ließ ich ihn zurück, damit er meine Pflichten übernehmen konnte. Ich wußte, daß er sich darüber freuen würde. Er blieb, bis ich zurückkam, doch da wurde es schon dunkel, und er wollte sich möglichst schnell auf den Heimweg machen. Es war

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