Der Ketzerlehrling
anhören, Master Girard. Sagt, was Ihr zu sagen habt.«
»Herr Abt, ich danke Euch! Ihr müßt wissen, daß der junge Mann einige Jahre der Angestellte meines Onkels war und sich in allen Dingen als ehrlich, verläßlich und vertrauenswürdig erwiesen hat, so daß mein Onkel ihn als Diener, Beschützer und Freund mitnahm auf seine Pilgerreise nach Jerusalem, Rom und Santiago, und in all diesen Jahren der Reise hat der junge Mann stets seine Pflicht getan. Er hat seinen Herrn während seiner Krankheit gepflegt und den alten Mann, nachdem er in Frankreich gestorben war, zur Beisetzung nach Hause gebracht. Eine lange und hingebungsvolle Dienstzeit!
Neben anderen Aufträgen, die er getreulich ausführte, brachte er auf Wunsch seines Herrn den Schatz mit, der in dieser Schatulle steckt, als Mitgift für Williams und jetzt meine Ziehtochter.«
»Das wird nicht bestritten«, sagte Gerbert, der nach wie vor unruhig auf seinem Stuhl herumrutschte, »aber es hat mit der Sache nichts zu tun. Die Anklage wegen Ketzerei bleibt bestehen und kann nicht aufgehoben werden. Für mich, der ich andernorts gesehen habe, welch grauenhafte Auswirkungen sie haben kann, ist Ketzerei ein größeres Verbrechen als Mord.
Schließlich wissen wir, daß dieses Gift in Gefäßen enthalten sein kann, die in den Augen der Welt rein und tugendhaft erscheinen und dennoch Tausende von Seelen verderben. Ein Mensch kann sich nicht auf gute Werke berufen, er ist auf Gottes Gnade angewiesen, und jeder, der von der wahren Doktrin der Kirche abweicht, hat die Gnade Gottes verscherzt.«
»Dennoch heißt es, daß man einen Baum an seinen Früchten erkennen soll«, bemerkte der Abt trocken. »Die Gnade Gottes, denke ich, wird auch ohne unsere Anweisung wissen, wo sie nach einer entsprechenden menschlichen Gnade zu suchen hat. Fahrt fort, Master Girard. Ihr wolltet einen Vorschlag machen.«
»So ist es, Vater. Zumindest steht jetzt fest, daß der Tod meines Schreibers ohne Elaves Zutun erfolgt ist, der nie seinen Posten anstrebte oder versuchte, ihn zu verdrängen, und der ihm auch sonst nichts angetan hat. Dennoch ist dieser Posten jetzt unbesetzt. Und ich, der ich Elave kenne und ihm vertraue, erkläre, daß ich bereit bin, ihn wieder aufzunehmen, ihm Aldwins Stelle zu geben und ihn an meinen Geschäften teilhaben zu lassen. Wenn Ihr ihn in meine Obhut entlaßt, dann verbürge ich mich dafür, daß er Shrewsbury nicht verläßt. Ich verspreche, daß er in meinem Haus bleibt und verfügbar ist, wann immer die Herren sein Erscheinen fordern, bis sein Fall verhandelt und gerecht entschieden worden ist.«
»Ohne Rücksicht darauf«, fragte Radulfus leise, »wie das Urteil ausfallen mag?«
»Herr, eine gerechte Verhandlung wird zu einem gerechten Urteil führen. Und nach diesem Tag wird er keinen Bürgen mehr brauchen.«
»Es ist anmaßend«, sagte Gerbert kalt, »von der Richtigkeit der eigenen Ansicht dermaßen überzeugt zu sein.«
»Ich sage nur, was ich glaube. Und ich weiß so gut wie jeder andere Mann, daß in der Hitze des Gefechts Worte ausgesprochen werden können, die weit über das hinausgehen, was gemeint war. Aber ich glaube nicht, daß Gott einen Menschen einer Dummheit wegen verdammen würde, jedenfalls nicht über die Folgen der Dummheit hinaus, die schon Strafe genug sein können.«
Radulfus lächelte hinter seiner strengen Maske, doch nur diejenigen, die ihm sehr nahestanden und gut mit ihm vertraut waren, hätten es bemerkt. »Nun, ich weiß die Freundlichkeit Eurer Absicht zu würdigen«, sagte er. »Habt Ihr noch etwas hinzuzufügen?«
»Nur diese Stimme, die zusätzlich zu meiner sprechen soll.
Hier in dieser Schatulle befinden sich fünfhundert und siebzig Silberpennies, die Mitgift, die mein Onkel dem Mädchen zugedacht hat, das er als seine Tochter annahm. Da Elave große Mühen auf sich genommen hat, sie sicher zu ihr zu bringen, wünscht Fortunata aus Verehrung für Onkel William, der ihr das Geld geschenkt hat, es jetzt für Elaves Entlassung aus dem Gefängnis zu verwenden. Sie bietet es als Bürgschaft für ihn an, und ich garantiere, daß er, wenn die Ze it gekommen ist, vor Euch erscheinen wird.«
»War das tatsächlich Euer eigener Wunsch, Kind?« fragte der Abt und nahm Fortunatas behutsame Gelassenheit mit Interesse zur Kenntnis. »Niemand hat Euch zu diesem Angebot überredet?«
»Niemand, Vater«, sagte sie fest. »Es war mein Gedanke.«
»Und Ihr wißt«, beharrte er, »daß alle, die für einen anderen bürgen,
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