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Der Ketzerlehrling

Der Ketzerlehrling

Titel: Der Ketzerlehrling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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Messer im Schrank liegengelassen, und das brauchte er am Morgen. Und Jevan sagte, nimm es und geh zu Bett und hör auf, den Haushalt um diese Zeit zu stören. Und Aldwin kam schleunigst herauf, mit eingekniffenem Schwanz. Ich hörte, wie Jevan in die Diele und zu dem Schrank ging, und ich nehme an, er hat ihn verschlossen und den Schlüssel mitgenommen, denn am nächsten Morgen war er zugeschlossen. Ich habe Aldwin später gefragt, was er da gemacht hätte, und er hat gesagt, er hätte nur einen Blick hineinwerfen wollen, und er hatte die Schatulle schon geöffnet; doch dann mußte er sie blitzschnell wieder zumachen und versuchen, sich nicht anmerken zu lassen, was er vorhatte, als Jevan ihn anrief.«
    »Und hat er gesehen, was darin war?« fragte Cadfael, der die Antwort bereits vorausahnte und ihre bittere Ironie schmeckte.
    »Natürlich nicht! Erst tat er so, als hätte er es gesehen, wollte es mir aber nicht verraten, und schließlich mußte er zugeben, daß er nicht einmal einen flüchtigen Blick darauf erhascht hatte.
    Er hatte den Deckel kaum angehoben, als er ihn in aller Eile wieder zumachen mußte. Es hat ihm nichts eingebracht!« sagte Conan fast befriedigt, als geriete ihm die unerfüllt gebliebene Neugierde des Mannes auf irgendeine Weise zum Vorteil.
    Es hat ihm den Tod eingebracht, dachte Cadfael mit bestürzender Gewißheit. Und alles für nichts! Er hatte gar nicht die Zeit gehabt, um zu sehen, was die Schatulle enthielt.
    Vielleicht hatte niemand es gesehen. Vielleicht war es gerade seine Neugierde gewesen, die die Wißbegier eines anderen Mannes ausgelöst hatte, mit verhängnisvollen Folgen für beide.
    »Nun, Conan«, sagte Hugh, »Ihr könnt aufatmen und Euch glücklich schätzen. Da ist ein Mann von der Waliser Seite der Stadt, der beschwören kann, daß Ihr an dem Tag, an dem Aldwin getötet wurde, schon geraume Zeit vor der Vesper zu Eurer Herde unterwegs wart. Damit ist Eure Unschuld erwiesen.
    Wenn Ihr wollt, könnt Ihr nach Hause gehen. Die Tür ist offen.«
    »Und er hat es nicht einmal gesehen«, sagte Hugh, als sie Seite an Seite wieder den äußeren Ring durchquerten.
    »Aber da war jemand, der glaubte, daß er es gesehen hätte.
    Und der selbst einen Blick darauf warf«, sagte Cadfael, »und abstürzte. Klaftertief! Und in ein oder zwei, höchstens drei Tagen würde Girard wieder zu Hause sein, die Schatulle würde geöffnet werden, alle würden wissen, was sich darin befand, und das würde Fortunata gehören. Girard ist ein tüchtiger Kaufmann, er würde für sie die höchstmögliche Summe herausholen – eine Summe, die nicht einmal annähernd seinem Wert entsprechen würde. Aber wenn er selbst nicht wußte, wo er es am besten verkaufen konnte, dann würde er doch wissen, wo er sich erkundigen mußte. Wenn es das war, wovon ich allmählich überzeugt bin, dann hätte die Summe, die er statt dessen hineinpackte, nicht einmal für ein Blatt ausgereicht.«
    »Und nur ein Mann stand im Wege, der ihn hätte verraten können«, sagte Hugh. »So schien es jedenfalls! Und alles um nichts; der arme Kerl hatte nicht die Zeit, zu sehen, was sich in der Schatulle hätte befinden müssen, als sie geöffnet wurde.
    Bruder Cadfael, da kommt mir ein schrecklicher Gedanke – gestern, als Anselm die Schatulle untersuchte, das Blattgold, den Purpur und das alles, waren da Girard und das Mädchen dabei? Was ist, wenn einer von ihnen so intelligent war, zu demselben Schluß zu gelangen, zu dem wir gelangt sind? Kann ein Mann, der bereits so weit gegangen ist, jetzt innehalten, wenn seiner Beute nochmals dieselbe Gefahr droht?«
    Das war ein neuer, bestürzender Gedanke. Cadfael blieb einen Moment erschüttert stehen und dachte nach.
    »Ich glaube, Girard hat nicht weiter darüber nachgedacht.
    Aber Fortunata – da bin ich nicht so sicher! Sie ist klüger, als man glauben sollte, und sie ist es, für die vieles auf dem Spiele steht. Und sie ist jung und hat noch nie etwas mit einem plötzlichen, unverdienten Tod zu tun gehabt. Es könnte sein! Es könnte durchaus sein! Sie paßte genau auf, ließ sich nichts entgehen, sprach nur wenig. Hugh, was wollt Ihr tun?«
    »Kommt!« sagte Hugh, der einen Entschluß gefaßt hatte.
    »Wir gehen in Lythwoods Haus. Vorwände dazu haben wir genug. Sie haben heute morgen ihren Ermordeten begraben, ich habe gerade einen ihrer Leute als unverdächtig entlassen, und ich bin immer noch auf der Suche nach einem Mörder. Kein Mitglied des Haushalts hat mehr Veranlassung

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