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Der Ketzerlehrling

Der Ketzerlehrling

Titel: Der Ketzerlehrling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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als andere, bei meinen Fragen auf der Hut zu sein, jedenfalls so lange nicht, bis ich seinen Bewegungen an dem fraglichen Tag so nachgespürt habe, wie ich es bei Conan tat. Zumindest können wir feststellen, wo sich das Mädchen aufhält, bis einer von uns Gelegenheit findet, noch einmal mit ihr zu reden und sicherzustellen, daß sie nichts unternimmt, was sie in Gefahr bringen könnte.«
    Ungefähr um die gleiche Zeit, zu der Hugh und Cadfael die Burg verließen, hatte Jevan von Lythwood Gelegenheit, in seine Kammer hinaufzugehen, um seinen besten Rock, den er zu Aldwins Beerdigung getragen hatte, auszuziehen und wegzulegen und statt dessen in den bequemeren Kittel zu schlüpfen, in dem er arbeitete. Er betrat den Raum nur selten, ohne einen freudigen, besitzstolzen Blick auf die Truhe zu werfen, die seine Bücher enthielt, und das tat er auch jetzt. Das Sonnenlicht, das vom Zenit in die goldenen, satten Stunden des späten Nachmittags hinabglitt, fiel schräg durch das Fenster ein, vergoldete eine Ecke des Deckels und hatte gerade das Schließblech des Schlosses erreicht. Irgend etwas Hauchdünnes flatterte an der dekorativen Kante, kam in der nicht völlig unbewegten Luft zum Vorschein und verschwand wieder. Vier oder fünf lange Haare, dunkel und leuchtend, hier und da mit einem leichten Anflug von Rot. Ohne das Licht, das sie gerade eben aus dem Schatten heraushob, wären sie unsichtbar gewesen.
    Jevan sah sie, starrte sie einen Moment lang mit unbewegtem Gesicht an. Dann holte er den Schlüssel von seinem Platz, schloß die Truhe auf und hob den Deckel. Nichts darin war angerührt worden. Nichts war anders als sonst, abgesehen von den wenigen von der Sonne beschienenen Haaren, die sich bewegten, als wären sie lebendig, und die sich um seine Finger ringelten, als er sie von der Kante des Schließbleches löste, hinter der sie sich verfangen hatten.
    In nachdenklichem Schweigen klappte er den Deckel zu und verschloß die Truhe wieder, dann ging er hinunter in die dämmerige Werkstatt. Der Schlüssel zu seinem Schuppen am rechten Ufer des Severn, ein gutes Stück außerhalb der Stadt, war von seinem Haken verschwunden.
    Er überquerte den Hof und schaute in die Diele, wo Girard über der Buchführung saß, die Aldwin im Rückstand hinterlassen hatte, und Margaret an der anderen Seite des Tisches ein Hemd flickte.
    »Ich gehe noch einmal hinunter zu den Häuten«, sagte Jevan. »Da ist etwas, was ich noch tun muß.«

13. Kapitel
    Die Begrüßung in Girards Haus war besonders herzlich; Conan war erst eine Viertelstunde zuvor eingetroffen, überschäumend vor Erleichterung und nach den wenigen Tagen Haft in guter Verfassung. Girard, ein praktischer Mann, war der Ansicht, daß die Toten ihre Toten begraben sollen, nachdem die Lebenden dafür gesorgt hatten, daß sie bekommen hatten, was ihnen zustand. Was von seinem Haushalt übrig war, schien jetzt frei zu sein von allen Verdächtigungen, und man konnte ohne weitere Störungen seinen Geschäften nachgehen.
    Aber zwei Personen fehlten.
    »Fortunata?« erwiderte Margaret auf Cadfaels Frage. »Sie ist nach dem Mittagessen ausgegangen. Sie sagte, sie wollte zur Abtei und versuchen, Elave noch einmal zu sehen oder wenigstens zu erfahren, ob sich in seinem Fall schon etwas getan hat. Ich nehme an, Ihr werdet ihr auf Eurem Heimweg begegnen; falls nicht, werdet Ihr sie wohl dort antreffen.«
    Eine Last fiel von Cadfaels Seele. Wo wäre sie besser und sicherer aufgehoben gewesen? »Dann sollte ich jetzt lieber gehen«, sagte Cadfael, »sonst komme ich zu spät zurück.«
    »Und ich kam in der Hoffnung, einige Auskünfte von Eurem Bruder zu erhalten«, sagte Hugh. »Ich habe eine Menge über diese Schatulle Eurer Tochter gehört, und ich würde sie gern sehen. Mir wurde gesagt, daß sie möglicherweise als Behältnis für ein Buch angefertigt wurde, und ich wüßte gern, wie Jevan darüber denkt. Er weiß alles über die Herstellung von Büchern, von der rohen Haut bis zum Binden. Ich würde gern seine Meinung hören, wenn er die Zeit erübrigen kann. Aber vielleicht könnte ich die Schatulle sehen?«
    Es machte ihnen nicht das mindeste aus, ihm alles zu sagen, was sie wußten. In diesem Haus gab es keinen Argwohn, kein Zittern. »Im Augenblick ist er nicht hier, sondern in seinem Schuppen unten am Fluß«, sagte Girard. »Er war heute morgen schon dort, aber er sagte, er hätte dort noch etwas zu tun. Er wird sicher bald zurück sein. Kommt herein und wartet eine Weile auf

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