Der Killer im Lorbeer
um sich. »Wenn du nicht sofort durchgreifst, gibt es bald nichts mehr, was du retten kannst. Dann ist die ganze Pracht in einer Woche reif zur Abholzung. Außerdem besteht die Gefahr, dass der Rest des Gartens auch befallen wird.«
»Bis jetzt finden sich keine Anzeichen«, antworte ich mit hängenden Schultern.
»Weil der Killer hier genug Nahrung findet. Was, wenn er den Lorbeer kahl gefressen hat?«
Ich mag mir Rosys Bild nicht ausmalen. Mein Garten reicht auf Königin Elizabeth I. zurück. Nach ihrem historischen Besuch auf Sutherly Castle soll der damalige Earl Anweisung gegeben haben, das Areal zu roden. Ein Bauernaufstand und eine Pestwelle verzögerten die Durchführung um weitere 60 Jahre. Erst der Enkel jenes Escroyne brachte den Garten schließlich zum Erblühen. Dieser historische Ort soll wegen einer schmierigen Laus untergehen?
Hasserfüllt zerquetsche ich ein Exemplar zwischen Daumen und Zeigefinger. »Du hast recht. Grausamkeit muss man mit Grausamkeit bekämpfen.«
Rosy nimmt meinen Kopf in beide Hände. »Das ist der rechte Geist. Mach ihnen den Garaus.«
Ihr Handy klingelt. »Ich bin gleich da«, sagt sie ohne Begrüßung. »In fünf Minuten.« Sie wendet sich zum Ausgang. »Wenn dir noch etwas zum Begleiter von Miss Perry einfällt, ruf mich an.«
»Soll ich Doktor Rogers fragen, ob die Tote seine Patientin war?« Ich bedeute Rosy, dass ein roter Klecks in ihrem Mundwinkel hängt.
»Habe ich getan, als du unter der Dusche warst.« Sie leckt das Kirschgelée ab. »Der Doktor kennt Miss Perry nicht.«
Rosy verschwindet durch die schmale Pforte. Ich stehe da wie der letzte Überlebende nach einem Atomangriff. Ich will mich dem Elend nicht länger aussetzen und beschließe, ins Labor zu gehen, wie ich meinen Wintergarten nenne. Dort bewahre ich meine Hexenkräuter auf, natürliche Heilmittel, die im Garten schon verwendet wurden, lange bevor es eine chemische Industrie gab. Heute werde ich keines der klugen Rezepte brauchen. Ich brauche Dimethoat 21 .
Die Stirn in Sorgenfalten, sitzt Rosy am Steuer. Sie hat Ralph von daheim abgeholt, seine Frau winkte ihr zu.
»Was hast du?« Sein Trenchcoat verursacht auf dem Sitz ein unangenehmes Geräusch.
»Der Tatort.« Sie dreht die Radiomusik leise. »Ich verstehe nicht, weshalb es keine Spuren eines Kampfes gibt. Überhaupt will mir das Labyrinth nicht in den Kopf. Wenn du jemanden mit Vorbedacht ermordest, tust du es nicht in einem öffentlichen Garten, wo dich jederzeit jemand überraschen kann.«
»Es war elf Uhr nachts.«
»Und wenn schon. Du willst einer Frau den Schädel einschlagen, einer gesunden jungen Frau, die sich wehren kann, die schreien wird. Das machst du nicht mitten in der Stadt. Ein Hundebesitzer könnte auftauchen, ein Liebespärchen. Du planst keinen Mord in Carolines Labyrinth.« Rosy schneidet einem Lieferwagen im Kreisverkehr den Weg ab. »Wenn sich der Täter aber ohne Tötungsabsicht mit Miss Perry traf, muss der Mord im Affekt geschehen sein. In dem Fall brachte er keine Waffe mit. Wo hatte er sie also her?«
»Der glatte Schnitt im Genick beweist, dass Miss Perry mit einem scharfen Gegenstand erschlagen wurde. Eine Harke oder eine Spitzhacke könnten herumgelegen haben.«
»Der städtische Gärtner bestreitet, ein Werkzeug dort vergessen zu haben.« Rosy hält an einer Ampel. Der Fahrer des Lieferwagens sieht sie durch das Seitenfenster vorwurfsvoll an.
»Und die Baustelle? Dort könnte leicht ein Stück Eisen rumliegen.«
»Der Mord wurde unweit des Denkmals begangen. Der Täter müsste aus den Büschen rausgelaufen sein, sich im Dunkeln an der Baustelle ein Mordwerkzeug gesucht haben und zurückgelaufen sein. Glaubst du, Miss Perry wartet so lange?«
»Niemand hat sie schreien hören. Alles muss ganz schnell gegangen sein.«
»Also, woher kam die Tatwaffe? Wohin ist sie verschwunden?« Rosy schlägt das Lenkrad hart ein.
»Er wird sie mitgenommen haben.«
»Er musste die Leiche bis zur Baustelle tragen. Dabei soll er eine Harke mitschleppen? Jemand, der im Affekt handelt?«
»Warum so ungeduldig?« Ralph löst den Sicherheitsgurt.
»Weil wir nicht weiterkommen! Wir müssen irgendwas übersehen haben. Es macht mich wahnsinnig, dass ich es nicht durchschaue.« Rosy hält in der Einfahrt der Kinderkrippe und stellt den Motor ab. Nebeneinander laufen sie auf den farbenfroh bemalten Eingang zu.
»Hast du gecheckt, wer außer Doktor Rogers in dem Haus in Waverly Terrace wohnt?«
»Im ersten Stock eine Familie
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