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Der Killer im Lorbeer

Der Killer im Lorbeer

Titel: Der Killer im Lorbeer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Escroyne
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Schuhe mit den Metallkappen, die Lederhandschuhe, setze den Helm auf.
    In meiner Rechten knurrt die Maschine, ich nähere mich dem Lorbeer. Pflanzen spüren Wetteränderungen im Voraus, schließen oder öffnen ihre Blüten, lassen Blätter hängen, bilden Schutzpanzer auf der Windseite. Man mag mich dafür belächeln, aber ich bin überzeugt, der Lorbeer weiß, was ihm bevorsteht.
    Noch einmal setze ich die Säge ab, berühre eine Narbe, die sich nach dem letzten Formschnitt bildete, nehme einen Ast und streiche über die dunkelgrüne Oberfläche eines Blattes. Ich drehe den Zweig um, schaue dem Feind ins Angesicht. Kein Wunder ist geschehen, sie sind noch da. Die Kolonie der Läuse, eingesponnen im Wachskokon, frisst und kommt zu neuen Kräften. Ihr Ende ist beschlossen. Ich senke das Drahtvisier des Helmes, packe die Maschine mit beiden Händen, lasse den Motor heulen, die Kette rotiert. Tu es schnell und präzise, denke ich und bücke mich, nähere die jagende Kette dem vordersten Lorbeerstamm.
    Trotz der Vibration der Säge spüre ich das feine Zittern an meinem Hinterteil. Mein Finger zuckt zurück, die Eisenzähne haben die Rinde schon gekratzt. Ein heller weißer Schnitt, nicht tief. Ich setze das Werkzeug zu Boden, schüttle die Handschuhe ab, greife unter die Schutzhose und ertaste das Telefon. Es ist Rosy.
    »Was machst du gerade?«
    »Ich … bin im Garten.« Ich entferne mich ein paar Schritte von der Kettensäge. »Und du?«
    »Habe gleich einen Termin. Dass ich nicht früher darauf gekommen bin.«
    »Worauf?«
    »Dass mein Mann Grafiker ist.«
    »Manchmal, an guten Tagen.«
    »Wieso habe ich dich nicht längst gefragt?«
    »Tu’s doch jetzt.«
    »Wir brauchen diesen Rank. Wir müssen den Mann ausfindig machen. Ich habe das Gefühl, er bringt die Lösung für das Ganze.«
    »Wer ist Rank?«
    »Der Mann, der wie ein Moos aussieht.«
    »Ach, der Moosmann. Weshalb ist der so wichtig?«
    »Deine Beobachtung ist wichtig, Arthur. Du scheinst der Einzige zu sein, der Rank gesehen hat. Deshalb bitte ich dich, ihn zu zeichnen.«
    »Ich bin kein Porträtist.«
    »Du kannst das. Streng dich an. Weißt du noch, wie du meinen Papa mit riesigem Schnauzbart und Hornbrille karikiert hast? Das war er, wie er leibt und lebt.«
    »Karikatur – verstehe.«
    »Schaffst du das bis heute Abend?«
    »Gut, ich mach’s. Wenn du zum Dinner heimkommst. Es gibt Lasagne.«
    »Ich komme. Acht Uhr. Zeichnest du?«
    »Ich habe den Bleistift schon in der Hand.«
    »Bis dann.« Und weg ist sie.
    Ich betrachte die gleichmäßig tuckernde Säge. Ein unaufdringliches Werkzeug, bis zu dem Moment, in dem man den Auslöser bedient. Wenn die Zähne rotieren und das Holz mittendurch schneiden.
    Nicht mein Holz, denke ich, nicht meinen Lorbeer. Noch nicht. Ich atme angestaute Luft aus. Die Panik ist vorüber, Rosys Anruf war die Rettung. Als ob plötzlich Kirchenglocken geläutet und mich vor der fatalen Tat bewahrt hätten. Einen Baum fällt man nur einmal, danach wächst nichts mehr. Die Hoffnung hat mich wieder, dass etwas nachkommt, dass die Zeit mir eine Lösung schickt. So lange will ich für Rosy zeichnen. Einen Mann wie Moos.
    Rosemary steht an den Volvo gelehnt. Ralph vertritt sich auf der Dorfstraße die Beine. Sie sind zu früh. Sie haben geklingelt. Niemand hat bei den Gaunts aufgemacht. Rosy steckt das Handy weg. Eine sanfte Brise, ein Moment zum Verschnaufen.
    Der Wagen nähert sich von der Gloucesterseite, ungewöhnlich langsam, wenn man bedenkt, dass die Straße wie ausgestorben daliegt. Der Kleinwagen hält neben dem Volvo. Das Fenster gleitet herunter.
    »Guten Tag, Inspector. Habe ich mich verspätet?«
    »Hallo, Mrs Gaunt. Wir sind zu früh. Entschuldigen Sie.«
    »Nicht so schlimm.« Per Knopfdruck öffnet sie den Kofferraumdeckel. »Ich war einkaufen.«
    »Ich helfe Ihnen beim Hineintragen.«
    Tüten und Kartons, Gemüse, Brot, Toilettenpapier, Haarshampoo. Rosy durchzuckt der Gedanke, dass sie in ein paar Tagen selbst dran ist, zum Supermarkt zu fahren. Mrs Gaunt braucht lange zum Aussteigen, Rosy erkennt den Grund. Die Frau stützt sich auf ihren Stock. Sie ist blass, wirkt hager, bemerkt Rosys Blick.
    »Sie sollten mich so nicht sehen.«
    »Weshalb nicht?«
    »Niemand zeigt gern, wie gebrechlich er ist.« Mrs Gaunt erreicht das Heck. »Es war einfach zu viel.«
    Rosy entdeckt Verletzlichkeit, Furcht, viele Falten in dem noch jungen Gesicht. »Es tut mir leid wegen Ihrer Freundin.« Sie nimmt einen Karton.
    Mrs Gaunt

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