Der Killer im Lorbeer
ist, gibt es keinen Lorbeerkiller. Ins Feuer damit. Die Zweige abhauen, übereinanderschichten und in Brand setzen. In den Flammen überleben weder Laus noch Larve, das Feuer tötet die gesamte Brut. Dazu müsste ich den Lorbeer fällen. Jeden einzelnen Strauch. Ich falte die Hände im Schoß. Soll ich zur Axt greifen? Eine lange, quälende Arbeit. Ist sie vollbracht, läge eine kahle Fläche vor mir, Stümpfe ragten daraus hervor. Die Erde würde ich mit Vertilgungsmittel kontaminieren, bis zum Herbst wäre jedes Leben im Boden abgestorben. Der Winter übernimmt den Rest. Zum Frühlingsbeginn würde ich die Wurzelballen aus dem Boden holen, das Gelände umpflügen und junge Pflanzen setzen.
In der Theorie klingt der Plan einfach. In Wirklichkeit stünden mir Tage bevor, in denen ich fällen muss, was ich seit Jahren pflege. Mein Vater liebte unser kleines Formentheater. Die Buckelwelt aus kugelrunden Sträuchern, die Zipfelburg, eine viereckig geschnittene Hecke, an deren Ecken vier spitze Türme aufragen. Zwei Sträucherreihen, hüfthoch zurückgeschnitten, säumen das Rosarium, je eine Farbe pro Einfassung.
Mein Vater hat fortgeführt, was sein Vater ihm hinterließ. Manche Sträucher dürften die Ableger der ursprünglichen Büsche aus elisabethanischen Tagen sein und bereits seit über hundert Jahren sprießen. Das Zentrum des Königslorbeers bildet die Spirale mit dem Kiesweg, alle Gebilde laufen auf sie zu. Eigentlich bestünde meine Arbeit um diese Jahreszeit darin, den Lorbeer in die rechte Form zu trimmen, die geraden Fronten mit der Motorschere, das Übrige von Hand. Stattdessen soll ich fällen?
Was würde Rosy tun? Warten, wie der Frühling sich entwickelt, die Laus beobachten, lernen, was sie mag und was sie irritiert. Rosy würde die Schwachstellen der Laus erkunden und folgerichtig handeln. So macht sie es meistens. Sie vertraut der Macht der Geduld. Ich halte mich für keinen sprunghaften, impulsiven Menschen, aber soll ich zusehen, wie Teile meines Gartens bei lebendigem Leib gefressen werden? Jeden Tag neue Zweige abschneiden, deren Blätter nur noch Gerippe sind, jeden Tag ein wenig mehr kappen, Amputation auf Raten, das kann ich nicht.
Mit einem Seufzer stehe ich auf. Ich ertrage es kaum anzusehen, was um mich blüht und Knospen treibt. Ich muss exterminieren. Im Wintergarten stehen die Geräte. Seine Streben und Rahmen, selbst die Tür sind aus Gusseisen. Das Glas ist dünn, gewellt vom Alter, beim Eintreten klirren die Scheiben zur Begrüßung. Das ganze Jahr über ist es hier kalt. Wer immer den Wintergarten errichtete, hat sich um den Sonnenstand auf Sutherly nicht gekümmert. Nichts treibt hier, bis auf Moos in den Ecken, wo das Wasser eindringt. Ich bewahre die Geräte in einem Verschlag auf, um sie vor Feuchtigkeit zu schützen. Wie das Besteck eines Chirurgen liegen sie vor mir. Drei Äxte, eine Machete für kleine Äste, das Schabeisen entfernt Rinde. Der elektrische Balkenschneider zum Heckenstutzen, die Sägen, die Zangen und die kleinen Scheren.
Ich zögere, die Axt zu nehmen. Sie arbeitet ungenau. Viele Wunden müsste ich schlagen, bevor ein einziger Stamm abgetrennt wäre. Der Lorbeer ist im Austrieb, bringt seine Säfte in die äußersten Verästelungen. Die hellen Scharten, aus denen Pflanzensaft tropft, die frischen Holzsplitter mag ich mir nicht ausmalen. Auch das Geräusch will ich nicht hören, wenn ich aushole, zuschlage, hacke, breche. Von der Schlossmauer würde es widerhallen.
Lieber maschinelle Vernichtung, die radikale Lösung, Lärm, der betäubt, nicht schmerzt. Ich nehme die Kettensäge mit dem kurzen Schwert, lege sie auf die Seite, schraube beide Tanks auf und fülle Öl nach. Schmierig läuft es an der Seite hinunter. Der Benzintank ist fast voll, selten benutze ich die Maschine hier oben. Nie vergesse ich nach einem Arbeitsgang, die Kettenglieder frisch zu schleifen. Trotzdem spanne ich das Schwert in den Schraubstock und bearbeite die Kette mit der feinen Feile. Zehn Minuten, eine volle Umdrehung, die Zeit gönne ich mir, bevor ich bewaffnet ins Freie trete. Die Maschine ist so scharf, dass sie jeden Lorbeerstamm in wenigen Sekunden durchtrennen wird. Ein rascher Tod.
Ein Probestart, beim dritten Zug springt der Motor an. Im Herbst hört man das Geräusch überall, dann wird gefällt, gestutzt und ausgeputzt. Im Frühling ist das Kreischen der Säge die Ausnahme. Der Motor tuckert im Leerlauf. Ich schlüpfe aus den Pantoffeln, ziehe die Schutzhose an, die
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