Der Killer im Lorbeer
uns weiß nur der behandelnde Arzt davon.« Jock tritt zurück.
Rosy winkt den Constable näher, der ins Krankenhaus zitiert wurde. »Sie begleiten mich.«
Dem jungen Mann ist die freudige Erregung anzusehen. Sein Krawattenknoten sitzt akkurat, das Haar wirkt frisch gegelt.
»Du hängst dich an Gaunt dran.« Rosy tritt vor Ralph. »Unternimm nichts. Bleib nur in seiner Nähe. Er kann eigentlich nicht wissen, dass wir der Giftsache auf der Spur sind.«
»Und falls er mich bemerkt?«
»Schadet auch nichts. Vielleicht macht er einen Fehler.«
Ralph und Rosy geben einander die Hand, ungewöhnlich im Umgang der beiden.
»Haben Sie das Aufnahmegerät?«, fragt sie.
Der Constable zeigt auf seine Jackentasche. Jock begleitet Ralph nach draußen.
»Noch eine Frage«, ruft Rosy ihnen nach. »Wie wurde Mrs Gaunt das Gift verabreicht?«
»Im Tee, in der Suppe – in kleiner Dosierung schmeckt man es kaum heraus.«
»Verstehe.« Rosy klopft an die Tür. »Sie mischen sich in die Vernehmung nicht ein, verstanden?«
Der Constable lässt ihr den Vortritt.
»Hallo, Mrs Gaunt.«
Die Frau im Einzelzimmer wendet den Kopf. »Inspector? Ist das ein Krankenbesuch, oder kann ich noch etwas für Sie tun?«
Rosy holt sich einen Stuhl. »Das ist Constable Neville.«
Der junge Mann verbeugt sich knapp, bevor er sich strategisch in der Ecke positioniert.
»Wo haben Sie Ihren freundlichen Sergeant gelassen?« Mrs Gaunt zieht sich am Haltegriff hoch. Sie trägt ihr eigenes Nachthemd, Rosenknospen auf lila Grund, Beweis dafür, dass Edward ihr alles Nötige gebracht hat.
»Wann endete die Affäre Ihres Mannes mit Miss Perry?«, beginnt Rosy ohne Einleitung.
Mrs Gaunts Überraschung ist nicht gespielt. »Das fragen Sie mich?«
»Hat Ihr Mann es Ihnen nicht gesagt?«
»Wir sprechen weder über den Anfang noch das Ende dieser Ereignisse. «
»Woher wissen Sie dann, dass die Affäre nicht weiterging?«
»Die Sache liegt fast ein Jahr zurück.«
»Bitte beantworten Sie meine Frage. Woher wussten Sie, dass Edward und Miss Perry Schluss gemacht haben?«
»Er hat sie nicht mehr erwähnt. Sie war in unseren Gesprächen nicht mehr präsent .« Mrs Gaunt wirkt weniger blass, nicht so verfallen wie beim letzten Mal.
»Sie vermuten also nur, dass es zwischen den beiden aus war?«
»Worauf wollen Sie hinaus?«
»Hatte Ihr Mann in der Zwischenzeit eine neue Geliebte, weswegen Sie annehmen konnten, Miss Perry sei Schnee von gestern?«
Die Kranke wirft einen Blick zum Constable. »Müssen wir dieses Thema vor ihm besprechen?«
Der junge Polizist strafft das Kreuz und schaut besorgt zu Rosy, ob er etwas falsch gemacht hat.
Sie übergeht die Frage. »Es scheint Ihnen besser zu gehen, Mrs Gaunt.«
»Die haben meinen Kreislauf stabilisiert, ein paar Tests gemacht. Morgen werde ich entlassen.«
»Seit wann leiden Sie unter Herzrhythmusstörungen?«
»Es ist nicht nur das Herz. Ich war schon als Kind – wie sagt man? – wackelig auf den Beinen. Irgendetwas fehlte mir immer.«
»Das Kammerflimmern, überhaupt die Herzprobleme, wann hat Ihr Arzt das festgestellt?«
»Weshalb ist das für Sie wichtig?«
»Vor fünf Jahren, vor drei, wann genau?«
»Es ist ungefähr ein Jahr her. Etwas kürzer.«
»Als Ihr Mann und Miss Perry noch zusammen waren?«
Sie überlegt. »Wahrscheinlich, ja. Was deuten Sie an, Inspector? Dass die Affäre meines Mannes mich krank gemacht hat?«
Rosy zögert. Es wäre leicht, mit Sarkasmus darauf zu antworten: Krank gemacht ist untertrieben. Ihr Mann hilft kräftig nach, Sie unter die Erde zu bringen. Ihr Mann serviert Ihnen Gift zum Tee.
»Wie haben Sie reagiert, als Sie von Ihrer Herzschwäche erfuhren?«, fragt Rosy stattdessen.
»Ich habe gelernt, mit Krankheiten zu leben. Die Herzsache war ein weiterer Beweis, dass mit mir nicht alles in Ordnung ist.«
Rosy versucht, sich das Szenarium auszumalen. Ein Mann in mittleren Jahren, durch seinen Beruf ständig von jungen Frauen umgeben, lernt die unnahbare, schöne, merkwürdig verschlossene Gwendolyn Perry kennen. Er legt es darauf an, sie zu verführen. Gwendolyn geht darauf ein. Vielleicht weil sie die Avancen von allen Seiten satthat, vielleicht weil Gaunt hartnäckig ist. Sie erleben eine leidenschaftliche Zeit. Gaunt träumt davon, es könnte mehr daraus werden. Trotz der erotischen Freiheiten, die seine Frau ihm lässt, wünscht er sich, Emily loszuwerden. Schlug er ihr die Scheidung vor? Willigte sie nicht ein? Wann kam ihm die Idee, den anderen
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