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Der Killer im Lorbeer

Der Killer im Lorbeer

Titel: Der Killer im Lorbeer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Escroyne
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Weg zu wählen? Weihte er Miss Perry in seinen Plan ein, sagte er ihr, dass er bald frei sein würde?
    »Gab es unter den Affären Ihres Mannes eine, die Ihre Ehe gefährdet hat?«
    »Nein«, antwortet Mrs Gaunt, ohne eine Sekunde zu überlegen. »Edward und ich nehmen das Ehegelübde sehr ernst.«
    Bis dass der Tod euch scheidet. Der Satz kriegt für die Kommissarin plötzlich eine doppelte Bedeutung. Mit Andeutungen kommt Rosemary nicht weiter. Sie muss dieser vertrauensseligen Frau die Augen öffnen.
    »Und wenn ich Ihnen sage, dass mit Ihnen alles in Ordnung ist?«
    Mrs Gaunt fährt sich durch das ungewaschene Haar. »Ich verstehe nicht.«
    »Die Herzrhythmusstörungen haben mit Ihrer sensiblen Konstitution nichts zu tun.«
    »Woher wollen Sie das wissen? Haben Sie mit dem Arzt gesprochen?«
    »Mit ihm. Und mit unserem Kriminalmediziner.«
    Die Frau im Krankenbett schweigt.
    »Haben Sie manchmal über den Tod nachgedacht?«
    »Tut das nicht jeder?«
    »Da irren Sie sich.« Rosy lächelt. »Nach meiner Erfahrung drängen die meisten Menschen den Tod so weit wie möglich von sich weg.«
    »Bei meinem Gesundheitszustand fände ich es naiv, das zu tun. Was meinen Sie damit, mit mir sei alles in Ordnung?«
    »Ihre Untersuchungen haben ein überraschendes Ergebnis erbracht.« Mit einem Seitenblick vergewissert sich Rosy, dass der Constable bereitsteht, falls etwas Unvorhergesehenes passieren sollte. »Sie werden vergiftet, Mrs Gaunt.«
    Ich mag nicht mehr. Ich kann nicht mehr. Nicht mehr gebückt stehen, gekrümmt sitzen, ich will nicht mehr im feuchten Erdreich knien und mein Gesicht vor die widerliche Brut halten. Die Säuredämpfe steigen mir in die Nase und kratzen in den Atemwegen. Meine Knie sind dreckig. Im Glasbehälter hat sich ein Leichenberg gebildet. Überreste zersetzter Läuse häufen sich. Die Säure verliert erkennbar an Wirkung.
    Ich stehe auf, strecke mein Kreuz und erschauere vor Enttäuschung. Gerade mal fünf Sträucher habe ich vom Befall befreit. Dabei fühlt es sich an, als würde ich seit Tagen hier hocken und Läuse pflücken.
    »Du gönnst dir jetzt eine Stärkung«, ermuntere ich mich.
    Ein Blick in die Schale gibt mir Gewissheit. Der Inhalt der Batterie ist aufgebraucht, ich muss Säure kaufen. Schwefelsäure, Salzsäure, es kommt nicht darauf an. Ich verlasse den Lorbeergarten, den Leichenbehälter nehme ich mit. Wie ich die Säure entsorgen werde, ist noch unklar.
    Handschuhe, Schutzbrille, Stiefel weg. Ich laufe in die Wohnung, habe in der Küche schon zwei Toastscheiben in der Hand, als eine andere Idee mir reizvoller erscheint. Wenn ich ohnehin in die Stadt muss, will ich mich zum Essen ins Café setzen. Die Idee beflügelt meine Laune, die gute Hose wird hervorgeholt, geputzte Schuhe, die Wildlederjacke. So will ich in die City, als freundlicher Gentleman, nicht als abgerackerter Gärtner in ausgebeulten Cordhosen, unfrisiert, mit fünf Tage altem Dreitagebart. Ich ziehe das verschwitzte Zeug aus, springe unter die Dusche, schabe mir den Bart ab. Das Hemd ist weiß. In neuer Verkleidung trete ich vor den Spiegel, ein präsentabler Mann. Einer, der Rosemary Daybell gefallen könnte. Warum soll sie mich nicht so sehen?
    Es ist naiv, meine Rund-um-die-Uhr-Rosy mitten am Tag mit Zwischenmenschlichem zu überfallen, aber wer sagt, dass ich nicht naiv bin? Der Läusetöter, der Schutzheilige des Lorbeers muss Kräfte tanken. Danach wird der Kampf fortgesetzt. Ich bin durchdrungen von der Idee, Rosy im Ausgehoutfit zu überraschen. Trällernd springe ich die 106 Stufen hinunter. » Sweet Rosemary I love you, I’m only thinking of you!« Warum werden solche Lieder nicht mehr geschrieben?
    An einem Forsythienzweig baumelt der letzte Marker der Spurensicherung, den der Wind noch nicht davongeweht hat. Meine Schritte werden langsamer, doch selbst der Tod kann mich nicht daran hindern, Rosy zu besuchen. Ich singe: » Wagen wir’s frech, und sagen wir: Pech, mein Blümlein! Du wirst gepflückt, du sollst die Meine sein!«
    Bei der dritten Strophe erreiche ich den Parkplatz und schließe den Flitzer auf. Kein Actionheld könnte smarter ins Auto springen. Mit jubelnden Reifen fahre ich in die Stadt und schalte das Radio ein. BBC Klassik, was sonst?
    Hätte Rosy in einer Fremdsprache gesprochen, Mrs Gaunt hätte kaum verständnisloser reagieren können. Kein Ton kommt über die Lippen der Kranken. Siesieht die Kommissarin an.
    »Ist Ihnen vielleicht auch schon der Gedanke gekommen, dass es so sein

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