Der Killer wartet
zurück.
Sie verzog das Gesicht.
"Leider nicht", erwiderte sie. "Um so mehr wünsche es allerdings meinem Sohn."
Martin Feller hatte keine Lust, sich weiter darüber zu unterhalten. Heute war er einfach nicht in Form, um argumentativ mithalten zu können.
Aber Carola schien auch wenig Freude an der Sache zu haben.
Auf jeden Fall beendete sie das Ganze ziemlich abrupt, indem sie beiläufig sagte: "Es hat übrigens jemand für dich angerufen."
"Und wer?"
Auf einmal war Martin Feller wieder mit allen Sinnen präsent. Und das ungute Gefühl in der Magengegend war auch wieder da. Ganz deutlich sogar.
"Moment", meinte Carola und schien einen Augenblick nachzudenken. Dann fuhr sie fort: "Nee, den Namen hab ich vergessen. Der sprach auch nicht sehr deutlich. Er wollte zu-rückrufen."
Das Telefon klingelte.
Einmal, zweimal...
Carola sagte: "Das wird er sein."
Der Anrufer schien Geduld zu haben.
Er gab nicht auf und ließ es immer wieder klingeln, während Martin Feller wie erstarrt dastand und sich nicht einen Millimeter rührte.
"Willst du gar nicht dran gehen?" fragte Carola.
"Doch, doch..." Er ging die paar Schritte bis zum Telefon sehr langsam. Dann nahm er ab. In seinem Hals steckte ein dicker Kloß, der ihn kaum sprechen ließ.
"Ja?" krächzte er.
Martin Feller hatte intuitiv gewußt, daß er es war.
Auf der anderen Seite atmete jemand einige Augenblicke lang und legte dann auf. Klick und Ende.
Carola fragte: "Wer war's?"
"Verwählt."
Sie kam aus der Küche und stutzte unwillkürlich, als sie ihren Mann da so stehen sah. Dann trat sie an ihn heran.
"Mein Gott, du bist ja ganz bleich!" stellte sie besorgt fest. "Was ist denn los?"
"Nichts ist los!"
"Hast du Ärger gehabt?"
"Norbert ist tot."
"Norbert Wolf?" wiederholte Carola fassungslos.
"Ja. Man hat seine Leiche in der Listertalsperre gefunden.
Er wurde erschossen. Die Kripo war heute bei Barbara. Ich war auch dort."
Carola runzelte die Stirn. "Weshalb du?"
"Sie rief mich an und machte sich Sorgen. Nobbi war die Nacht über weg gewesen."
"Hat er nicht früher schon ab und zu über die Stränge geschlagen?"
"Ja, aber das ist lange her..." Feller sah seine Frau nicht an. Er knibbelte an seinen aufgesprungenen Fingernägeln.
"Das ist ja furchtbar", flüsterte Carola.
"Ja, ja..."
"Martin..."
Ihre Hände berührten seine Schultern, aber er fühlte sich an wie ein steifes Brett.
"Ich fahr noch los, um eine Kiste Bier zu holen", meinte er schließlich. "Ich brauche jetzt einfach ein Bier. Wir können uns nachher weiter unterhalten, ja?"
Carola nickte langsam.
"Gut."
"Bis nachher dann..."
"Bis nachher!"
*
Am Wochenende hatte Feller alle Hände voll zu tun. Jeweils am ersten Maiwochenende fand nämlich die Lüdenscheider Auto-Show statt. Das ganze Stadtzentrum war dann von einer riesigen Autoaustellung okkupiert, an der sich unter anderem zehn Lüdenscheider Autohäuser beteiligten.
Da konnte Feller natürlich nicht fehlen.
So eine Show brachte nach Fellers zwar nichts in die Kasse, aber wenn man fehlte war das tödlich für das Image.
Also war er dabei.
Das ganze hatte Volksfestcharakter. Die Bürgermeisterin eröffnete den Zirkus in einem feierlichen Akt und ein umfangreiches Rahmenprogramm sorgte für die nötige Stimmung.
Die Dixie-Slickers spielten ihren Mississippi-Jazz und eine Puppenbühne sollte die Kleinen unterhalten, die darüber hinaus ihre Fahrkünste in einem Parkur für Bobbycars erproben konnten.
Die Lüdenscheider Sieper-Werke, die unter der Bezeichnung Siku der größte Spielzeugautohersteller der Welt waren, hatten ihren Stand im Rathauseingang. Fellers Platz war leider ganz in der Nähe, und er wurde das Gefühl nicht los, daß die kleinen Flitzer seinem doch eher biederen Angebot die Schau stahlen..
"Du bist doch gegen alles!" meinte Charly Wallmeier, nachdem er das Gemecker seines Chefs schon eine ganze Weile ertragen hatte. "Mein Gott, wenn's nach dir ginge, dann gäb's hier nur unsere Kutschen zu sehen, woll? Keine Oldtimer-Rallye und keine Sportwagen-Show! Aber ich sag dir eins: Dann würde auch wohl kaum einer kommen!"
"Ha, ha!"
"Chef, laß deine schlechte Laune zu Hause! Du erschreckst die Kundschaft, woll!"
"Sag mal, wie redest du eigentlich mit mir, Charly!"
"Wie mit einem Freund. Nämlich ehrlich."
Die beiden Männer sahen sich gegenseitig einen Augenblick lang an, während die Dixie Slickers im Hintergrund OH, SUSANNAH spielten.
Und dann bemerkte Feller den Mann, der am Rathauseingang
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