Der Killer wartet
Reim auf alles zu machen.
*
Feller fädelte sich grob in den Verkehr der Weststraße ein.
Der Fahrer eines Lieferwagens verlor die Beherrschung zeigte ihm einen Vogel. Feller bemerkte es nicht einmal, so sehr war er in Gedanken.
Bei der Kreuzung hielt er rechtzeitig.
Links ging es in den Rathaustunnel, rechts in die Kölner Straße. Feller fuhr geradeaus und hielt dann am Brighouse-Park. Er stieg aus, sog die stickige Luft ein, die von der vielbefahrenen Sauerfeldstraße herüberwehte und schlenderte ein Stück durch die Grünanlagen.
Er mußte einfach abschalten, einen Moment aussteigen aus dem Laufrad, in das er geraten war.
Eine Zigarette! dachte er. Das wär's jetzt.
Er hatte seit Jahren nicht mehr geraucht. Er hatte sich dieses Laster komplett abgewöhnt. Aber jetzt war das Verlangen danach wieder da.
Es war kein Zufall, der dich an diesen Ort geführt hat!
ging es ihm dann durch den Kopf, als sein Blick über die niedrigen Sträucher, die Rasenflächen und die mit Vogelkot übersäeten Bänke glitt. Heißt es nicht, daß Täter immer wieder an den Ort ihrer Tat zurückkehren? dachte er.
Zwanghaft sozusagen.
Du bist verrückt, Feller! sagte er zu sich selbst.
Aber die Gedanken ließen sich nicht verscheuchen.
Gedanken, die mit der Vergangenheit zu tun hatten.
Vor seinem inneren Augen erschien das Gesicht eines leichenblassen, hageren Mannes. Das Alter war unbestimmt, hatte aber sicher über vierzig gelegen.
Fellers Lippen murmelten einen Namen.
"Otto."
Wie oft hatten sie sich hier, in der Anonymität dieses Parks getroffen? Er und Norbert Wolf und Otto, der Mann der nur einen Vornamen zu haben schien.
Ein Roller-Scater jagte mit atemberaubender Geschwindigkeit an ihm vorbei, geriet aus dem Gleichgewicht und hielt sich für den Bruchteil einer Sekunde an Fellers Schultern fest, so daß der beinahe in eines der Blumenbeete geschleudert wurde.
"Heh, paß doch auf!" knurrte Feller.
"Keep cool, woll?" rief der Roller-Scater kaugummikauend und jagte weiter.
Immerhin hatte er Feller wieder ins Hier und Jetzt geholt.
Was sage ich Carola? dachte er.
*
Auf dem Weg nach Hause fuhr Martin Feller noch an einem Supermarkt vorbei, um sich einen Kasten Bier zu kaufen. Als er den dann durch die Haustür wuchtete, kam ihm Carola schon entgegen.
"Martin! Die Polizei..."
Sie schien ziemlich aufgeregt zu sein, und Martin Feller stellte den Bierkasten erst einmal ab.
"Ich hab dir doch gesagt, daß..."
Carola legte ihm eine Hand auf den Mund und flüsterte: "Ein Mann von der Kripo sitzt im Wohnzimmer!"
Er blickte ungläubig drein.
"Was sagst du da?"
"Ich habe nichts damit zu tun."
"Ach, wirklich?"
"Es waren die Nachbarn. Kirchbaums, die beiden Alten von gegenüber, die den ganzen Tag nur am Fenster sitzen und nichts Besseres zu tun haben, als die Straße zu beobachten!
Sie haben alles gesehen..."
Feller atmete tief durch. Die Kirchbaums waren ein Kapitel für sich. Seit hier eine verkehrsberuhigte Zone mit Tempo dreißig war, schrieben sie mit Vorliebe Autofahrer auf, die mit sechzig haarscharf an den Blumenkübeln vorbeijagten, die durch ihre Anordnung das Einhalten der Vorschriften erzwingen sollten.
Feller gehörte auch zu dieser Gruppe, da er eigentlich immer in Eile war.
"Verdammt...", knurrte Feller.
"Warum ist das denn so schlimm?"
"Nicht jetzt!"
Aber Carola ließ nicht locker: "Du bist doch das Opfer!
Aber du benimmst dich, als wärst DU der Täter, hättest jemanden überfallen und nun ein schlechtes Gewissen!"
Feller ließ sie stehen und ging den Flur entlang ins Wohnzimmer. Carola folgte ihm.
In einem der Sessel saß Kommissar Markus Moeller mit übereinandergeschlagenen Beinen. Er hatte sich bereits an den Erdnüssen vergriffen, die Carola immer auf den Wohnzimmertisch stellte. Viel war davon nicht mehr da.
"Guten Tag", sagte Martin Feller indessen. "Hätte ich mir ja denken können, daß ich wieder an Sie gerate..." Er wandte sich an seine Frau. "Kommissar Moeller bearbeitet Nobbis Fall."
Carola schwieg. Sie setzte sich auf das Sofa. Martin Feller blieb hingegen stehen.
"Man hat auf Sie geschossen?" fragte Moeller.
Feller antwortete erst nach kurzer Pause und einem Blick, den er mit Carola wechselte. "Ja", sagte er.
"Haben Sie vom Täter irgend etwas erkennen können?
Ich habe gehört, er fuhr auf einem Motorrad."
Feller vergrub die Hände in den Hosentaschen.
"Ich habe kaum etwas gesehen", behauptete Martin Feller.
Moeller hob die Schultern.
"Schade", meinte er. Ein
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