Der Kimber 1. Buch: Ehre (German Edition)
zu überqueren. Genug Zeit also, um sich einmal im Leben so richtig zu amüsieren.
Als man nun nach einigen Wochen zum Aufbruch rü s tete, war die Zahl der Gesandten um zwei ve r mindert. Einer hatte die Liebe seines Lebens in G e stalt einer walzenförmigen Gastwirtin aus Syrien gefunden, die im Hinterzimmer ihres wenig anspr e chenden Weinlokals einen lukrativen Spielbetrieb unterhielt. Der andere hatte versucht, den Preis für eine jugendliche Prostit u ierte unverschämt weit herunterzuhandeln. In der nac h folgenden Ausei n andersetzung mit ihren B e schützern war er unterl e gen und in den Tiber geworfen worden. Aber was zählten solch klein e re Verluste angesichts eines G e folges aus zwölftausend Römern.
Im späten Frühjahr waren sämtliche Alpenpässe durch Kontingente römischer Truppen ges i chert, und Gnaeus Papirius Carbo hatte mit zwei Legi o nen die Grenze des Stammesgebietes der Noriker erreicht.
Von einem kleinen Pass in den Bergen aus erblic k te n die Römer eine unübersehbare Menge an Me n schen, die sich im Tal ausgebreitet hatten. Die G e sandten ha t ten nicht übertrieben. Die Bevölk e rung eines ganzen Lan d strichs war eingefallen um sich den Winter über häuslich ei n zurichten. Wagen, Zelte und Hütten, Ri n der, Schweine und Pferde ergaben das Bild eines re i senden Dorfes, allerdings ins Hundertfache vergrößert. Hinzu kam das sel t same Äußere der Fremden, die u n gewöh n lich groß und ungewöhnlich hellhäutig waren.
Carbo befahl seinen Truppen, auf den Anhöhen zu beiden Seiten des Tales Stellung zu bezi e hen und schickte eine Abordnung aus mehreren Offizieren in das Lager, um die Anführer zu einer Unterr e dung bestellen zu lassen. Die Legionäre errichteten eilig ein aufwändiges Zelt, in dem drei Tage später die Abor d nung der Barbaren empfa n gen und ihnen Roms Macht und Ei n fluss aufs Prunkvollste d e monstriert werden sollte .
Zu beiden Seiten des W e ges, den die Abordnung der Ba r baren zu reiten hatte, waren einige Hu n dertschaften an Legion ä ren aufgereiht, hinter denen sich die Nor i ker drängten. Carbo erwartete sie in seiner Parader ü stung auf seinem Ross. Hi n ter ihm standen die zwölf Likt o ren, die ihre Rutenbü n del mit dem Beil geschultert ha t ten. Links und rechts von ihm hatten sich noch seine Offiziere au f gebaut.
Die Fremdlinge hatten sich ebenfalls nicht lumpen lassen. So schmutzig und ärmlich die A n sammlung der Barbaren als Ganzes wirkte, ihre Befehlshaber hatten sich einen Sinn für Re p räsentation bewahrt. Voraus ritten vier Anführer, auffallend schlicht g e kleidet und lediglich mit einem kurzen Schwert bewaffnet. Hinter ihnen folgte eine kleinere Anzahl von Männern in we i ßen Mänteln, in deren Gruppe sich seltsamerweise auch ein etwa vierzehnjähriger Knabe befand. Ihnen wiede r um folgte eine Garde Krieger, die schwer bewaffnet und in prächtige Mäntel gehüllt waren. Die Reiter k a men dicht n e beneinander und mit hoher Geschwindi g keit in die schmale Gasse geritten , die die Legionäre freigela s sen ha t ten. Anstatt den Zug so in die Länge ziehen zu kö n nen, sahen sich die römischen Soldaten g e zwungen, vor dem Ansturm zurückzuwe i chen und den Durchlass zu verbreitern. Vor dem Zelt kam der Zug abrupt zum Stehen. Schweigen breitete sich aus.
Carbo und seine Offiziere musterten die Fremden, die sich ihrerseits keinen Zwang antaten und die Abg e sandten Roms ausgiebig betrachteten. Bevor die Stille peinlich werden konnte, ergriff Carbo die Initiative. Bewusst verzichtete er auf einleitende Worte oder Hö f lichkeitsflo s keln, sondern erklärte in barschem Ton :
„Eure Leute sind in das Gebiet der Noriker eing e dru n gen. Die Noriker sind die Verbündeten Roms, des mächtigsten Volkes der E r de. Ihr seid hier nicht e r wünscht. Ich, Gnaeus Papirius Carbo bin der Abg e sandte Roms und fo r dere euch im Auftrage des Senates und des Volkes Rom auf, unser H o heitsgebiet zu ve r lassen und dorthin zurückzuke h ren, woher ihr geko m men seid.“
Nach dieser Ansprache senkte sich Schwe i gen über die Versam m lung. Schließlich wandte sich einer der Barb a re n führer um und winkte einen Krieger zu sich. Ein hochgewachsener Mann mit t leren Alters mit bla s sen Augen ritt in die vordere Reihe. Nach einem kurzen Wor t wechsel mit seinem Fürsten wandte er sich an Carbo. In holprigem Latein e r klärte er:
„Ich bin der einzige, der deine Sprache versteht. Ich werde die Worte des Anführers
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