Der Kimber 1. Buch: Ehre (German Edition)
den Hellseh e reien. Ich werde dich zerstören. Ich werde deine Kräfte vernichten. Wehr dich nur, ich kann dich auch t ö ten. Unseren u n freiwilligen Mitspieler hast du ja schon bemerkt.“
In falschem, win selndem Ton fuhr er fort:
„Ich sah ihn über den armen Agnar gebeugt und kon n te ihn überwältigen – aber zu spät.“
Wid lachte hämisch und kehrte zu seinem norm a len Ton zurück.
„Wie tragisch!“
Dabei presste er sein Glied gegen Agnars Gesäß. Agnar versuchte, sich loszureißen, doch mit einer blitzschne l len Bewegung hatte Wid das Messer von seinem Hals gelöst und schlug ihm das Heft mit voller Wucht gegen die Schläfe. Agnar sackte z u sammen und verlor das B e wusstsein.
Es herrschte tiefste Finsternis, als Agnar langsam wi e der zu sich kam. In seinem Kopf hä m merten die Schmerzen, jede Bewegung verursachte eine Welle von Pein. Nachdem Wid von ihm abgelassen hatte, musste er ihn noch geschlagen oder auf ihn eing e treten haben, keine Stelle seines Körpers schien unverletzt. Er ve r suchte sich aufzurichten und musste sich übe r geben. Es gelang ihm, sich hinz u setzen und sich zu sammeln . Die Leiche des Legi o närs lehnte immer noch auf se i nem Lager, aber der Oberkörper war etwas zur Seite verrutscht. Die glasigen Augen starrten nach oben und der Mund stand weit offen. Das Blut war zu einer m e tallisch schimmernden Kruste getrocknet. Agnar raffte se i ne Hosen hoch und stopfte sie sich unter den Gü r tel. Langsam kroch er aus dem Wagen. Aus dem Zen t rum des Lagers klangen die Geräusche eines Gelages, eine Mischung aus Gelächter, Bruchstü c ken von G e sängen und großsprecherischen Reden wehte zu ihm herüber. Langsam und schwerfällig bahnte sich Agnar einen Weg zum Fluss. Dort a n gekommen musste er sich erneut übergeben, die Krämpfe seines leeren M a gens schickten harte We l len des Schmerzes durch se i nen Körper. An dem Uferstück, das er erreicht hatte, häuften sich Le i chen und ersäufte Pferde, so dass er gezwungen war, sich noch ein gutes Stück weiter flus s aufwärts zu kämpfen. An einer Sandbank ließ er sich ins Wasser gleiten. Die Kälte linderte die Schmerzen zu einem dumpfen Dröhnen. Die Wunde an seinem O berschenkel brach auf und fing mit einem Stechen e r neut an zu bluten. Es war etwas Tröstliches in dem hellen Schmerz, der sich deutlich von dem dunklen Hämmern seines übrigen Körpers unte r schied. Vo r sichtig zog er die Wundränder mit den Fingern ausei n ander. Wie Feuer schoss der Schmerz in seinen Körper und verbrannte die qu ä lenden G e danken.
Bis in die frühen Morgenstunden blieb er in der kalten Strömung, die seinen Leib gefühllos machte. Erst als die ersten Vögel mit ihren Liedern bega n nen, raffte er sich auf und schleppte sich zurück zum Wagen. Die Leiche des Legionärs war ve r schwunden, das Erbr o chene war notdürftig aufg e wischt worden. Trotzdem stank der Raum danach. Danach und nach Blut und Bier. Wid lag friedlich schlummernd auf seinem Lager, den Rausch seines Sieges ausschl a fend. Agnar hasste ihn in seiner u n bekümmerten Frechheit. Er hob sein Schwert vom Boden auf und setzte sich neben das L a ger seines Onkels. Der Atem, der aus dem halbgeöffn e ten Mund drang, war schmutzig und widerwärtig. Wid schnarchte kurz auf und ruckte sich im Schlaf z u recht. Agnar setzte die Spitze seines Schwertes an Wids Hals. Ein Grinsen erschien auf dem Gesicht seines Onkels.
Agnar zog langsam das Schwert zurück. Er hätte keine Erklärung für den Tod Wids und keine Rechtfertigung. Genauso wenig wie er eine Mö g lichkeit hatte, Anklage zu erheben und Genu g tuung zu erlangen. Wenn er den Vorfall zur Sprache brächte, würde Wid zwar bestraft werden, aber er selbst würde als Geschändeter ebenfalls den Weg ins Moor gehen. Und schlimmer als das, selbst die Ehre seines Vaters wäre beschmutzt, Fragen über die Wirksamkeit und die Unversehrtheit des k ö ni g lichen Heils würden gestellt werden. Wid hatte wir k lich keinen Grund unruhig zu schlafen, sein Plan war genau aufgegangen, jeder weitere Schritt Agnars würde die Sache nur schlimmer machen. Agnar starrte ins Leere und versuchte den Geda n ken an seine seher i schen Kräfte zu verdrängen. Er dachte an Fjörm und dessen Stolz auf seinen ung e wöhnlichen Zögling, an die Mühe und die Zeit, die der Alte auf die Ausfo r mung und die Belehrung seines Schülers verwand hatte. Ohne es zu übe r prüfen, war Agnar sicher, dass di e ser Teil se i nes Lebens
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