Der Kimber 1. Buch: Ehre (German Edition)
seit Wochen um unser Lager und fragst jeden nach mir, den du triffst. Du trägst Weiberröcke und sagst, du willst keinen andern Krieger als mich!“
Der andere Barbar war bei den letzten Worten auf den Rücken seines Pferdes gesprungen und vol l führte zur Illustration einige stoßende Bewegungen mit den Hü f ten.
„Ich kann dir meinen Hengst ausleihen, um deine Brunst zu kühlen!“
Donnernder Applaus folgte diesem feinsinnigen Vo r schlag, während der Offizier, dem die B e leid i gungen galten, vor Wut erbleichte. Doch hatte er nur wenig Zeit sich zu ärgern oder eine Antwort hinüberzubrü l len. Die Barbarenhorden stimmten einen Sprechgesang an, wobei sie sich die farbigen Schilde als Resonan z körper vor das Gesicht hielten. Die einzelnen Stimmen verschwammen in dem dumpfen Dröhnen, das mehr wie das Donnern fa l lenden Wassers als Gesang aus menschlichen Ke h len klang. Ratlos und verunsichert sahen sich die Legionäre an. Genauso unvermittelt, wie der Lärm begonnen hatte, brach er jetzt ab. Die Gasse in den Re i hen bildete sich erneut, breiter als zuvor.
Die Könige und die Druiden hatten zwischen den a n deren Reitern ihre Positionen eingeno m men. B o jord, der einen Speer in der Hand hielt, ritt in einer Gruppe mit Gunthro, Wid und Agnar. Gleich wü r de der Schlachtgesang abbrechen. Bojord würde den Speer an Wid überg e ben, der ihn weit über die gegnerischen Reihen schleudern würde. Mit diesem Speerwurf wu r de das gegnerische Heer zum Opfer für Odin geweiht, der dafür seinen Kriegern zum Sieg verhelfen wü r de.
Bojord blickte sich um, um Wid den Speer zu g e ben. Dabei streifte sein Blick seinen jüngeren Sohn, und ihm wurde bewusst, dass er den Jungen seit langem nicht mehr gesehen hatte. Er schien ihm nicht mehr ganz so dünn, schmale Muskeln gaben der Brust und den A r men Ko n tur. Aber das Gesicht war ernst, Schatten lagen in den Wangen und unter den Augen. Einem spontanen Impuls folgend, reic h te er Agnar den g e weihten Speer. Er quittierte den fragenden Blick seines Sohnes mit einem aufmu n ternden Lächeln. Agnar wog den schweren Speer kurz in seiner Hand, dann ritt er langsam in die Gasse, die sich zwischen den Kriegern aufgetan hatte. Er ritt gefährlich weit in den freien Raum zwischen den beiden Heeren, trieb sein Pferd an und richtete sich im Sattel auf. Fast zu nah an den ge g nerischen Reihen zog er mit der li n ken Hand den Kopf seines Pferdes zur Seite und schleuderte den Speer über die Köpfe der Legionäre. Bevor er von den Boge n schützen der Römer getroffen we r den konnte, riss er sein Pferd herum und galoppie r te zurück. Der Wurf war perfekt gewesen, der Speer war in einem flachen niedrigen Bogen weit über die Köpfe der römischen Soldaten geflogen. Ein Schrei aus tausend Kehlen brandete auf. Die Schlacht begann.
Die Heere rückten gegeneinander vor, und die kimbr i sche Reiterei begann das Gefecht mit einem Hagel von Speeren. Mit ihrem Gewicht und durch die Wucht des Aufpralls durchschl u gen sie die leichten Harnische der römischen Fußsoldaten. Die ersten fielen, einzelne L e gion ä re stürmten vor, a n dere warfen sich nur zögerlich in den Kampf und versuchten den Moment der ersten Konfrontation hinauszuzögern. Die Ordnung der L i nien löste sich auf, die Reihen schoben sich ineinander. Wo sie aufeinander trafen, verwandelten sich die be i den geschlossenen Heereskörper in Hunderte von kle i nen Einzelkriegen, die auf Leben und Tod ausg e foc h ten wurden. War ein Kampf entschieden, so sah sich der Überlebende im selben Augenblick e i nem neuen Gegner gegenüber, der mit unvermi n derter Energie auf ihn einschlug. Die Verluste in der ersten Stunde der Schlacht waren auf beiden Seiten grausam hoch. In dem ganzen k o chenden Gemenge bewegten sich die Reiter und versuchten vom Pferd aus zugunsten ihrer Leute in die Zwe i kämpfe einzugreifen oder gegnerische Reiter aus dem Sattel zu heben. Die Hufe der Pferde, die in höchster Nervosität durch das Gewühl tänzelten, zertraten die Körper der Verwundeten, die den B o den bedeckten. Der Ausgang des Gemetzels stand bald fest. Die Raserei, mit der sich die Barbaren in den Kampf warfen, wirkte mit ihrer Größe und der za h lenmäßigen Überlegenheit lähmend auf die r ö mischen Krieger. Schon die Vorbereitungen der Schlacht hatten ihren Zweck erfüllt und die Römer wider Willen beeindruckt und eingeschüc h tert. Nach mehreren Stunden Kampf gestanden sich die Generäle ein, dass ihre
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