Der Kimber 1. Buch: Ehre (German Edition)
Männer auf verlorenem P o sten kämpften und gaben das Zeichen zum Rüc k zug. Verzweifelt versuchten die Legionäre in der vordersten Front sich aus den Zweikämpfen zu befreien um ihre Haut zu re t ten. Wer es schaffte, warf die Waffen von sich und rannte vom Schlach t feld. Die Barbaren ve r folgten die Fliehenden mit unverminderter Wut und Verachtung. Die Flüc h tenden wurden von Speeren niedergestreckt oder im Lauf von Reitern en t hauptet. Nur nach und nach ebbten auch die letzten Kämpfe ab. Zurück blieben nur die Leichen und die Verwundeten.
Mit dem gleichen Entsetzen wie nach der letzten Schlacht beobachteten die überlebenden Römer auch diesmal ihre Gegner, wie sie die Ausrüstung und die Waffen der Gefallenen ze r störten und in den nahen Fluss warfen. Die Barbaren bargen ihre Leichtverwu n deten. Denen, die mit letzter Kraft darum bettelten, gaben sie den Todesstoß. Die ve r wundeten Römer wurden gefangengenommen und gingen einem ung e wissen Schicksal entgegen.
Agnar war am Oberschenkel verletzt worden. E in Hieb mit dem Kurzschwert hatte ihm einen Schnitt durch die Beinkleider in die Muskulatur beig e bracht . Je mehr die Erregung von ihm a b fiel, desto schw ä cher fühlte er sich, umso stärker begann die Wunde zu bluten. Es dämmerte schon, als er lan g sam durch das Lager ritt, um zum Wagen der Pri e ster zu g e langen, der wie i m mer etwas abseits von den übr i gen aufgestellt war. Er musste die Wunde mit Harz und einem Lappen verkl e ben, um die Bl u tung zu stoppen. Schwerfällig glitt er von seinem Pferd und kroch ins Innere des Wagens. Durch die Bewegung waren die Verkrustungen au f gebrochen und noch mehr Blut drang aus dem Schnitt. Er presste die linke Hand auf die Wunde und sah sich im Wagen um, auf der Such nach der Büchse mit Harz.
Der Anblick, der sich ihm bot, ließ ihn erstarren: auf seinem Lager saß ein römischer Legionär. Agnars Hand zuckte zum Schwert, doch im selben Moment regis t rierte sein Verstand, dass der Römer tot war. Die glas i gen Augen starrten ihn unve r wandt an, eine klaffende Wunde zog sich von einem Ohr zum anderen quer über den Hals des Römers. Agnar rappelte sich auf, um die Leiche zu unters u chen. Fast gleichzeitig wurde er von hinten angefa l len, ein Schlag traf ihn an der rec h ten Hand, und sein Schwert fiel zu Boden, eine Hand bog seinen Arm auf den Rücken, mit der anderen drückte ihm der Angreifer die Klinge eines Messers an die Ke h le.
„Wenn du nicht so enden willst wie unser römischer Freund hier, dann halt den Mund - keinen Ton!“
Wids Stimme klang verwaschen, und Agnar wusste sofort, dass sein Onkel bis zum Hals voll war mit Bi l senkraut.
„Wid, was soll das, was hast du vor?“
„Ich habe dir befohlen den Mund zu halten!“
Die Klinge wurde tiefer in die Haut seines Halses g e drückt, und ein kleines Rinnsal Blut lief Agnars Brust hinunter.
„Jetzt werde ich reden, du Bastard. Ich werde dich ein für alle mal von deinem Ehrgeiz kuri e ren. Wenn du glaubst, dass eine Missgeburt wie du ungestraft meinen Platz einnehmen kann, sollst du dich g e täuscht haben. Es ist Schluss mit diesem traurigen Spiel, das dein Vater vor achtzehn Jahren eingef ä delt hat. Er, der Sohn einer Magd, der unfähig ist, mit den edelsten Frauen unseres Volkes einen wü r digen Erben zu zeugen, konnte seine Männlichkeit nur bei Huren wie deiner Mutter bewe i sen.“
Ein Nebel von Speichel sprühte in Agnars Nacken.
„Einen Bastard hat er der vornehmsten Familie des Nordens als Priester aufgezwungen, einen Bastard, der anstatt im Hintergrund zu bleiben und das Maul zu halten, sich die höchsten und würdigsten Handlungen anmaßt.“
Agnar versuchte verzweifelt, dem Griff Wids zu en t kommen. „Wid, bitte lass uns reden. Ich will dich nicht von deinem Platz drängen. Im Gegenteil, wenn du au f hörst mich zu bekämpfen, kann ich dir nur nützlich sein. Das Bilsenkraut ist auf Dauer zu gefährlich! Wir werden einen Weg finden, wie du meine Kräfte benu t zen kannst ohne dass es ein Mensch bemerkt.“
Zu spät erkannte Agnar seinen Fehler. Die Gewis s heit, dass Agnar sein Geheimnis entdeckt hatte, raubte Wid das letzte bisschen Verstand aus seinem vernebelten Hirn. Er drückte die Klinge noch fester in Agnars Hals und zog ihn mit einem Ruck an se i nen Körper. Agnar spürte voll Entsetzen, dass Wid eine Erektion hatte und versuchte sich loszuwinden.
„Wenn ich erst mit dir fertig bin, dann ist Schluss mit den Visionen, Schluss mit
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