Der Kimber 1. Buch: Ehre (German Edition)
noch mehr Jahre von hier entfernt.
Von denen, die später zu dem Zug gestoßen waren, hatten sich einige ihrer Überzeugung a n geschlo s sen. Für andere war Bojord nur ein Anführer wie jeder a n dere auch.
Als die Schreckensbotschaft den Zug der Kimbern bis zum letzten Greis durchdrungen hatte, machten sich die Menschen bereit für ihren Weg an Odins Tafel. Die Krieger wussten, was sie ihren Familien schuldig waren und kämpften verbissen weiter, um den Ihren ausre i chend Zeit für die letzte Etappe der Wanderung zu verschaffen.
Die Römer spürten die Veränderung. Immer mehr Kämpfer achteten nicht auf Deckung und wurden mit befremdlicher Leichtigkeit überwältigt und g e tötet. Der Zusammenhalt der gegner i schen Reihen löste sich auf. Den Römern gelang es, an mehreren Stellen zugleich hinter die feindlichen Linien zu gelangen. Der aufg e wirbelte Staub machte es ihnen allerdings unmöglich, die Lage als Ganzes zu beu r teilen, denn die Sicht reic h te nur wenige Meter.
In der schwächer werdenden Gegenwehr komma n die r te Lucius zusammen mit Catulus seine Reiter weiter hinter die gegnerischen Linien, als ein Off i zier zu ihnen stieß, der offensichtlich in der allg e meinen Orienti e rungslosigkeit den Anschluss an seine Truppen verl o ren hatte. Es war Marius. Er schnauzte in knappem Ton einige Befehle, doch Lucius wusste sofort, dass er damit nur seine peinl i che Lage überspielen wollte. Er gönnte sich die G e ste und ließ den Oberb e fehlshaber der römischen Truppen unbeachtet stehen, um einige Reiter zu unterstützen, die fliehenden Barbaren nac h setzten. Innerhalb der nächsten Stunde brach der Wide r stand fast vollständig zusammen.
Die Barbaren schienen schneller weniger zu we r den, als es ihre Verluste durch die Kämpfe erklären konnten. Den Römern schien e s, als gebe es noch irgendein en Fluchtweg, den sie vergeblich au s findig zu machen suchten. Der aufgewirbelte Staub e r schwerte nun auch die Sicht in der Nähe, so dass die Legionäre nicht s i cher wussten, ob sie die Schlacht nun für sich entschi e den hatten, oder ob sie nur in einen neuen Hinterhalt liefen. Nach allen Seiten um Deckung bemüht, arbeit e ten sich einze l ne Verbände langsam vorwärts. Nur noch wenige Gegner waren übrig, um den Römern das Vorrü c ken gegen die Wagenburg zu erschweren, und i r gendwann kam der Moment, als auch diese vernic h tet waren und die Stille unvermittelt und schwer über das Schlachtfeld sank.
Misstrauisch näherten die Legionäre sich den W a gen, ohne Vorstellung, was der Grund für diese unnatürl i che Ruhe sein könnte. Langsam legte sich der Staub, und bald brannte das gre l le Licht der noch immer hoch stehenden Julisonne auf ein Bild, das sich am Ende der Welt nicht schlimmer bieten konnte: Die Wagenburg und das Gelände dahinter war mit Tausenden von Le i chen übersäht. Die Menschen hatten sich gegenseitig den Tod gegeben, Kinder waren erstickt, erwürgt und erhängt worden ohne Ansehen ihres Alters oder ihres Geschlechts. Fra u en hatten ihre Männer, Väter und Brüder e r stochen um sich danach selbst an Deichseln und Bäumen zu erhängen. Wer niemanden gefunden hatte, der ihm einen schnellen Tod verscha f fen konnte, hatte sich unter die Hufe der Zugtiere g e worfen oder sich von ihnen zu Tode schleifen la s sen. In der unn a türlichen Stille glaubte man zu h ö ren, wie sich der gelbe Staub sachte auf die unhei m liche Szenerie setzte.
Wie um das Bild des Schreckens abzurunden, s a ßen zwischen den Leichen immer wieder ei n zelne Männer und Frauen, die nicht den Mut gehabt ha t ten, sich O din entgegenzuwerfen und die halb in Verzweiflung über die Vernichtung ihres bisherigen Lebens, halb aus Scham über ihre eigene Feigheit wie erstarrt waren. Nur ihre glänzenden Augen und die aufrechte Haltung u n terschieden sie von den Leichen, so steif und unbewe g lich waren sie zw i schen die übrigen eingestreut. Ochsen und Pferde standen dazwischen, genauso still und vom fahlen gelben Staub bedeckt wie alles Übrige.
Die Legionäre, die das Lager als erste erreicht ha t ten, traten nach einer Weile schweigend zur Seite, um denen Platz zu machen, die hinter ihnen drän g ten und sich fragten, was es denn hier zu sehen g ä be. Auch diese wandten sich nach kurzem ab und gingen wortlos d a von. In den letzten Reihen kam Marcus Crispinus, um das Panorama der Vernic h tung zu betrachten. Als er das Lager überblickte, wurde er von einer durchdri n genden Wut
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