Der Kimber 1. Buch: Ehre (German Edition)
an sich nicht u n gewöhnlich, aber ein dunkler, fast schwarzer Ring um die auffallend große Iris gab dem Blick etwas seltsam Eindringliches, das besonders in Anb e tracht des zarten Alters des Ki n des befremdend wirkte. Bojord war es eine r lei, er hatte Schlimmeres befürchtet. Vor ihm stand der fehlende Erbe, der Priester, den er O din seit Jahren schuldig gebli e ben war. In seinem Inneren breitete sich eine M i schung aus E r leichterung, Triumph und wilder Freude aus. Er konnte seinen Teil des Vertrages einha l ten, der Zorn des Gottes würde beschwichtigt werden, wodurch seine königliche Macht wieder gefe s tigt wäre. Er winkte das Kind zu sich. Z ö gernd und sich nach der Alten umsehend gehorchte der Knabe. Bojord war sich über die Mutter des Kindes keinen Moment im Zwe i fel. Seine G e wis s heit wuchs noch, als er den Knaben an sich zog und ihm den schweren Reisemantel a b streifte, denn die Haut des Kindes, die nun an den Armen und am Hals zu sehen war, war von schneeigem Weiß wie das Gefieder eines Schwans. Dass irgendjemand die Herkunft des so unvermittelt aufgetauchten Kindes skeptisch betrachten könnte, kam ihm in diesem A u genblick nicht in den Sinn, zu dankbar war er über di e se Lösung seiner Probleme.
„Fjörm, Wid, kommt her und seht euch euren ne u en Druiden an.“
Die beiden erhoben sich von ihren Plätzen im Hi n te r grund der Versammlung und traten näher. Fjörm legte dem Knaben die Hand auf den Scheitel. Das Kind hob den Kopf und blickte den Alten forschend an. Dann senkte es schüchtern die Lider über die ungewöhnl i chen Augen. Wid hatte sich hinter Fjörm gehalten und begnügte sich damit, den Ju n gen mit undurchdringl i chem Blick zu mustern. B o jord wollte nun so schnell wie möglich Tatsachen schaffen. Er rief einen der Krieger zu sich.
„Bringt mir aus der Waffenkammer das Schwert mit den eingravierten Schlangen. Und aus der Tr u he zwei der goldenen Armspangen. Fjörm, das Orakel soll noch heute Abend den Namen meines Sohnes offenbaren.“
Fjörm, der das Gesicht des Knaben betrachtet ha t te, nickte abwesend. Er bat Wid die Buchenstäbe zu bri n gen und ging selbst, um einen Hahn ausz u wählen.
Unterdessen fachten die Mägde mit neuer Energie die Feuer an und füllten die wertvollsten Kelche mit dem wenigen dünnen Met, der noch in der Speis e kammer zu finden war. Bojord ließ den Jungen keinen Moment von seiner Seite und rief seinen bisher einzigen Sohn zu sich. Gunthro kam zögernd näher, doch statt das Kind zu begrüßen, forschte er in den Zügen seines Vaters, ob es diesem Ernst war mit der Vorstellung, die Gunthro allzu überhastet und unwahrscheinlich vo r kam.
„Weißt du denn sicher, dass dieser Junge dein Sohn ist?“
„Ich weiß es ganz sicher! Begrüße deinen Bruder!“
Gunthro beugte sich zu dem Kind: „Sei mir wil l ko m men, Kleiner.“
Inzwischen waren Wid und Fjörm zurückgekehrt. Die Gespräche in der Halle verstummten. Stille breitete sich aus. Nur das Knacken der Feuer und das Flattern des Hahns, den Fjörm an den Füssen gepackt hielt, waren nun zu hören. Wid breitete ein weißes Tuch auf dem Boden aus und nahm Fjörm den Vogel ab. Die beiden sahen lange schweigend und konzentriert auf die weiße Fl ä che vor ihnen. Dann nahm Fjörm sein Messer vom Gürtel und schnitt dem Hahn, den Wid fest gepackt hielt, den Hals durch. Das Blut spritzte auf das Laken wo es sich in großen roten Flecken ausbreitete. Sofort griff Fjörm zu dem Beutel mit den Buchenstäben und schleuderte ihn auf die blutige Fläche. Der Beutel plat z te auf, wodurch die Stäbe in einem wi r ren Muster he r ausfielen. Fjörm zuckte zurück, als er einen kurzen Blick auf darauf geworfen hatte. Dann kniete er nieder und studierte lange die A n ordnung, wie um ganz sicher zu gehen. Wid stand mit leerem Blick und ernster Mine dabei und wiegte den Kopf bedenklich von einer Seite zur anderen. Der kleine Junge klammerte sich erschr o cken an Gunthro, der den Arm schützend um ihn legte. Nach einer langen Zeit, in der in der Halle atemlose Stille geherrscht hatte, erhob sich Fjörm.
„Der Name, der hier für den Knaben verlangt wird, ist eindeutig zu erkennen, und dennoch kann ich nicht glauben, was ich sehe. Es ist ein Name, der in der G e schichte unseres Sta m mes nur einmal vorkam. Ein Name, dessen Auftauchen hier und heute von unklarer Vorbede u tung ist. Ich bitte dich, König Bojord, die Zeremonie morgen wiederholen zu dürfen, um ganz sicher zu
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