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Der Kimber 1. Buch: Ehre (German Edition)

Der Kimber 1. Buch: Ehre (German Edition)

Titel: Der Kimber 1. Buch: Ehre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moritz von Lech
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Auswanderung bedeutete Kämpfe und kriegerische Auseinandersetzungen. Wie sollte man diese bestehen, wenn man mit einem ganzen Tross von Frauen und Kindern zog? Würde die Jagdbe u te, auf die sie zum Überleben angewiesen waren, ausreichen alle zu ernähren? Oder sollten nur die Männer losziehen und die Frauen mit den Kindern nachko m men lassen, wenn sie das Land gefunden hatten, das sie besiedeln wollten? Wie lange würde es dauern, geeignetes Land zu finden, und wären die Zurückgelassenen dann noch am L e ben? Die Gespräche verstummten, als Bojord sich erhob und seine Hand auf den Findling le g te. Er war wie i m mer in seinen grauen Mantel gehüllt und trug sein geschmücktes Schwert und goldene Ringe um die Oberarme. Einige Sekunden lang schwieg er und schien nochmals zu überdenken, was er den Mä n nern seines Stammes mitzuteilen hatte.
    „Das habe ich euch zu sagen, vernehmt meine Wo r te. Wohl euch, wenn ihr sie gut wägt. Nicht nur unsere Ländereien, sondern auch die der umliege n den Stämme wurden von Thors Zorn getroffen. Nirgendwo in der Umgebung ist genug Nahrung, um auch nur die Kri e ger durch den kommenden Winter zu bringen. Die Götter befahlen uns, die Heimat unserer Ahnen zu verla s sen und neues Land zu suchen, um in Zukunft sicher und ohne Sorge zu leben. Wenn alles Wertvolle geborgen ist, werden wir zusammen mit unseren Ve r bündeten aufbrechen. Wer ble i ben will, soll bleiben und ve r suchen sein Leben hier zu fristen. Wenn nur wenige sich so en t scheiden, besteht für sie noch eine Hof f nung. Doch die, die sich mir anschließen, sollen wissen, dass sie von diesem Tage an zu meinem pe r sönlichen Gefolge zählen werden, jeder Mann, sein Weib und seine Kinder. Wäget wohl.“
    Ein Laut ging durch die Versammlung, der einem Au f stöhnen glich. Was ihnen hier geboten wurde, überstieg ihre kühnsten Erwartungen. Gefolgsmann des Königs zu sein, bedeutete pe r sönliche Freiheit, Landbesitz, die Erlaubnis, Leibeigene zu besitzen, es bedeutete Ehre und, was noch besser war, es bedeutete die Möglic h keit, einen Platz im Jenseits zu erkämpfen. Die einf a chen Bauern erwartete nach dem Tode nur ein Scha t tendasein in der tra u rigen Unterwelt Hels. In tiefster Düsternis und Freudlosigkeit hatten die Seelen ausz u harren, bis sie wieder zurück in ein ähnlich bescheid e nes D a sein geworfen wurden. Nur den Kriegern stand die Mö g lichkeit offen, durch den Tod auf dem Schlachtfeld einen Platz an Odins Tafel zu erri n gen. Ein ewiges Gelage mit den sagenumwobenen Helden der Vergangenheit, Ruhm, Geschichten und Spiele erwarteten diejenigen, die ihr Leben für den Herrscher hingegeben hatten. Niemals wi e der wü r de aus einem derartigen Unglück eine solche Au s sicht für die einf a chen Bauern e r wachsen. Gut, der Einsatz war hoch. Jeder wusste, was von den G e folgsleuten eines Königs erwartet wurde. Der Schutz von Leib und Ehre des Königs hatte über allem anderen zu stehen. Jeder hatte sofort und bedingungslos mit seinem Leben dafür zu garanti e ren. Der Kodex der Leibwache würde dann für jeden Mann des Trosses gelten: niemals durfte der K ö nig auf dem Schlachtfeld fallen, solange noch ein Mann zu seiner Verteidigung stand. Wer den König übe r lebte, wäre ehrlos und sein Andenken eine ewige Schande. Dennoch fiel die Entscheidung für ein solches Angebot den Wenigsten schwer.
    Die nächsten Tage waren erfüllt von rastloser T ä tigkeit. Wagen und Karren wurden in Stand g e setzt, was an Lebensmitteln und Hausrat noch vo r handen war, wu r de zusammengepackt und aufgel a den. Wer nichts mehr besaß, versuchte sich mit den übrigen Brettern und Nägeln seines Hauses ein Gefährt zu zimmern. Die Schmiede arbeiteten Tag und Nacht, um Bä n der für die Räder anzufertigen. Die Zeit war knapp. Je schneller man aufbrechen kon n te, desto weiter konnten sie bis zum Einbruch des Winters vorankommen. Es herrsc h te eine A t mosphäre fiebriger Umtriebigkeit. Die Wen i gen, die sich entschlossen hatten, an ihrem alten Ort zu bleiben, wurden von den übrigen mit mitleid i gen oder abfälligen Bemerkungen bedacht.
    Schließlich war es so weit. Die ersten Wagen und Vie h herden sollten früh am nächsten Tag unter dem Schutz der Krieger aufbrechen. Nach und nach sollten die anderen folgen, bis der gesamte Tross in Bewegung war. Den Letzten folgten die beklo m menen Blicke d e rer, die bli e ben.
     
    Wie ein gefährliches riesiges Raubtier tastete sich der gewaltige Zug der

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