Der Kinderdieb
sich alle Mühe gab, einem die Knochen zu brechen.
Wenn es nicht klappt, hat er mich
. Nick warf Sekeu einen Blick zu. Sie schien seine Gedanken zu lesen, lächelte und nickte.
Mit Augen und Körpersprache signalisierte Nick einen Schlagin die Tiefe. Er versicherte sich, dass Leroy sah, wie er dessen Knöchel beäugte. Dann schoss Nick vor und täuschte einen weit ausholenden, tiefen Schnitt an. Leroy fiel voll drauf rein. Er riss sein Schwert in Erwartung von Nicks Schlag nach unten und legte seinen ganzen Schwung in die Parade. In dem Moment, in dem Leroy seine Entscheidung getroffen hatte, lenkte Nick seinen Schlag um. Seine Schnelligkeit erstaunte ihn selbst. Ihm blieb ein Sekundenbruchteil, um Leroys verblüfften, zutiefst ungläubigen Gesichtsausdruck zu genießen, als er vorwärtsstolperte und das Gleichgewicht verlor. Dann schlug Nick zu. Ein lautes Dröhnen hallte durch den Saal, als sein Schwert die Rückseite von Leroys Helm traf und ihn mit dem Gesicht nach vorne in den Sand schickte.
Eine ganze Weile starrten alle die beiden schweigend an.
Peter blinzelte einige Male und brachte schließlich ein atemloses »Puh« heraus.
»JUHUUU!«
, schrie Danny. »Du hast ihn umgebracht!«
Nein
, dachte Nick.
Schön wär’s
.
Leroy setzte sich auf. Sein Gesicht war rot angelaufen und voller Sand. Er spuckte aus und schaute verblüfft drein, allerdings nicht so verblüfft wie Nick. Den Jungen erstaunte weniger, dass es ihm gelungen war, Leroy auszumanövrieren – schließlich war der nur ein großer Trottel –, sondern vielmehr, dass es ihm erneut gelungen war, seine Angst zu verdrängen und sich auf das zu konzentrieren, was er zu tun hatte.
Peter fasste sich wieder. »Habt ihr das gesehen, Leute? Genau davon war die Rede. Ihr müsst euch auf eure List und Schnelligkeit verlassen. Ihr müsst dafür sorgen, dass sie nach
euren
Regeln kämpfen.«
Blutrippe half Leroy auf die Beine. »Alles in Ordnung?«
Der Geschlagene zuckte zurück. »Klar bin ich in Ordnung«, sagte er unwirsch. »Der kleine Mistkerl hat mich kaum berührt. Glückstreffer. Keine große Sache.«
Nick hielt es sehr wohl für eine große Sache, und Leroys Miene nach zu urteilen war es sogar eine verdammt große Sache.
Peter klatschte in die Hände. »Das reicht fürs Erste. Zeit, zu futtern.«
Die Teufel gingen Richtung Tafel und ließen den Besiegten und die Neuen zurück. Leroy schüttelte seine Armschützer ab und löste den Helmverschluss. Er ging zu den Neuen und zeigte auf die Trainingssachen. »Räumt das Zeug auf«, knurrte er. Dann schob er sein Gesicht dicht an Nicks heran und starrte ihm wütend in die Augen. Nick hielt dem Blick des größeren Jungen stand, fest entschlossen, nicht klein beizugeben. Die Andeutung eines verächtlichen Grinsens zuckte um Leroys Mundwinkel. Er hielt Nick seinen Helm vor die Brust. »Bring den weg«, sagte er und stapfte davon.
Im Kino oder im Fernsehen wäre die Sache damit vorbei gewesen. Der Grobian hätte nun etwas mehr Respekt vor ihm, und selbst wenn sie letztlich keine Freunde werden würden, würde er ihn endlich in Ruhe lassen. Doch Nick wusste, dass die Dinge in der wirklichen Welt anders lagen. In der wirklichen Welt hatte man vielleicht mal Glück, aber Jungs wie Leroy vergaßen nichts, und sie vergaben auch nichts, und irgendwo würden Jungs wie Leroy es einem immer irgendwie heimzahlen.
Am darauffolgenden Morgen setzte Nick sich so weit wie möglich von Leroy weg und beobachtete, wie die Teufel sich auf ihren Raubzug vorbereiteten. Er hatte wieder Albträume gehabt, die noch immer genauso schlimm waren, wenn nicht schlimmer. Jeden Morgen fiel es ihm schwerer, die Finsternis in seinem Herzen abzuschütteln. Er betrachtete seine Arme in der Erwartung, Anzeichen von dunklen Schuppen und Klauen zu entdecken. Im Traum war es alles schrecklich klar: die Schreie, das Blut, das Gemetzel. Nick vergrub das Gesicht in den Händenund rieb sich die Augen.
Ich will mich nicht in ein Monster verwandeln
.
Grille kam mit ihrem Frühstück und setzte sich ihm gegenüber.
»Wie geht’s dir, Nicky?«, fragte Grille besorgt.
»Ging mir nie besser«, brummte Nick.
Danny näherte sich mit der Schüssel in einer Hand, während er sich mit der anderen den Schlaf aus den Augen rieb. »Was ist geplant?«
»Keine Ahnung«, sagte Grille. »Mir hat niemand was gesagt.«
»Wir sind jedenfalls früh auf«, murrte Danny. »Draußen ist es noch dunkel.«
Gedämpftes, angespanntes Gemurmel erfüllte die
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