Der Kinderdieb
Halle, während die Teufel ihre Waffen anlegten, Kriegsbemalung auftrugen und sich kampfbereit machten. Nick fiel auf, dass ihre Waffen und Rüstungen ziemlich wild zusammengeklaubt aussahen. Zwischen den traditionelleren mittelalterlichen Ausrüstungsstücken entdeckte er eine Pickelhaube, einen Panzerhelm, einen altertümlichen ledernen Footballhelm, eine Fliegerbrille, mindestens zwei Samuraischwerter, einen Kavalleriesäbel aus dem amerikanischen Bürgerkrieg, Ninjawurfsterne, eine Mistgabel und mehrere Schlagringe. Die meisten Kinder trugen die Wildledereinteiler mit den fest angenähten spitzen Stiefeln, aber manche hatten auch mit Dornen und Nieten bestückte Lederjacken aus Nicks Welt, in denen sie wie Mitglieder einer psychopathischen Punkrockerbande aussahen.
Sekeu kam zu ihnen. Mit ihrer Gesichtsbemalung wirkte sie wie eine Indianerin auf dem Kriegspfad. »Kommt mit«, sagte sie.
Nervös folgten die Neuen ihr zu der Stelle, wo die Teufel sich bereitmachten.
Peter hatte sich zwei Kurzschwerter auf den Rücken geschnallt,sodass die Ledergurte sich auf der Brust kreuzten wie bei einem mexikanischen Banditen. Sein Gesicht war von schwarzer Kriegsbemalung bedeckt, aus der seine goldenen Augen hervorleuchteten. Er zog beide Schwerter und schlug die Klingen aneinander, und die Teufel stellten sich links und rechts von ihm in einer Reihe auf. Mit ihm waren es insgesamt dreiundzwanzig Kämpfer.
Peter trat einen Schritt vor, verschränkte die Schwerter vor der Brust und richtete die goldschimmernden Augen auf Nick, Danny und Grille. »Heute ziehen die Teufel in den Krieg. Wir machen uns auf den Weg, um jenen Einhalt zu gebieten, die den Flüsterwald niederbrennen. Blut wird fließen. Oh ja, an diesem großen Tag gibt es genug Tod für alle.« Er lächelte finster. »Aber die Seele weiß nicht, was echtes Leben bedeutet, solange sie nie die Schreie sterbender Feinde vernommen hat.« Peter legte den Kopf schief und musterte eindringlich die Gesichter der Neuen, die ihm gegenüberstanden. »Wer von euch wird die Fleischfresser zum Schreien bringen?«
Die drei wechselten kurze Blicke.
»Alle, die uns heute zur Seite stehen, sind ab dem Moment, in dem sie durch diese Tür treten, Teufel. Eine solch mutige Tat zeichnet jeden als würdig aus. Wir haben eine ganze Welt zu gewinnen. Ewige Jugend und aller Ruhm des Feenreichs sind unseres Sieges Lohn. Lauscht euren Herzen und findet den Mut, euch dem Leben zu stellen. Also, wer begibt sich mit uns auf dieses große Abenteuer? Wer wird einer der Herren von Avalon?«
Das war er, begriff Nick: der Punkt, ab dem es kein Zurück mehr gab. All das kam ihm plötzlich erschreckend real vor, und mit einem Mal war er unsicher. Gingen sie auf einen Todesmarsch? Sollte er diesem wahnsinnigen Jungen wirklich trauen? Das letzte Mal, als er Peter gefolgt war, hatte er im Nebel um sein Leben kämpfen müssen. Glaubte er denn, dass es diesmal besser werden würde?
Nick schaute zu Danny und Grille. Sie sahen genauso verängstigt aus, wie er sich fühlte. Das war kein Spiel, diesmal nicht. Sie zogen los, um Menschen zu töten. Man konnte sie als Fleischfresser oder was auch immer bezeichnen, aber es waren
Menschen
. Angesichts der ernsten Lage vermutete Nick, dass einige dieser Kinder, wenn nicht gar viele von ihnen, nicht zurückkehren würden. Nick fragte sich, ob er wohl bessere Chancen hätte, wenn er versuchte, allein nach Hause zu gelangen.
Keiner der Neuen trat vor. Sie starrten zu Boden und wechselten von einem Fuß auf den anderen.
Leroy stand neben Peter und hatte den Kopf in den Nacken gelegt.
Wie ein ganz Harter
, dachte Nick. Leroy trug den gesamten Teufelsputz, hielt stolz sein Schwert in der Hand und wirkte unglaublich selbstgefällig.
Grille warf Nick einen nervösen Seitenblick zu.
Der schaute ihr in die Augen und schüttelte den Kopf. »Das musst du nicht tun«, flüsterte er.
Sie verzog schmerzvoll die Miene, was besagte, dass sie das sehr wohl musste. »Das hier ist jetzt meine Familie«, erklärte sie und ging zu den anderen. Peter umarmte sie, und die Teufel klopften ihr nacheinander auf die Schulter.
Damit blieben Nick und Danny.
Letzterer kaute auf seiner Unterlippe und zog die Stirn kraus. Dann musterte er Nick. »Peter meinte, dass wir nicht kämpfen müssen.«
»Glaubst du das wirklich?«
Danny zuckte mit den Schultern und holte tief Luft, wie jemand, der zum ersten Mal vom Dreier springt. Dann folgte er Grille.
Nun ruhten alle Blicke auf Nick. Die
Weitere Kostenlose Bücher