Der Kinderdieb
Rufe und Waffengeklirr irgendwo hinter sich. Plötzlich trat ein Mann in einem langen Umhang aus einer Hütte direkt vor ihnen. Er hielt eine Fackel in der Hand und spähte in die Dunkelheit. Es war der Prediger mit dem Maulwurfsgesicht.
»Welch Freude«, sagte Peter, löste sich von Nick und Leroy und stand auf eigenen Füßen. »Zeit für ein Spielchen.«
»Was für ein Unsinn geht hier vor?«, knurrte der Prediger. Er hielt die Fackel hoch, und als er die Jungen bemerkte, wandelte sich sein Gesichtsausdruck von Verärgerung zu Entsetzen. »Teufel!«, keuchte er.
Ein böses Lächeln stahl sich auf Peters Gesicht. »Allerdings, Teufel.«
Der Prediger warf die Fackel nach ihnen und lief los. Peter schlug das harmlose Wurfgeschoss beiseite und sprang vor. Selbst humpelnd erwischte Peter den Prediger mit drei Sätzen und brachte ihn mit einem beidhändig geführten Schlag in die Kniekehlen zu Boden. Der Prediger wand sich im Dreck und umklammerte schreiend seine Beine. Peter hob die Fackel auf und kam näher.
Nick sah, wie sich auf dem Dorfplatz eine Menschenmenge sammelte. »Wir haben keine Zeit für Spielchen, Peter.«
»Ach, zum Spielen ist immer Zeit.« Peters Stimme klang kalt und grausam. Er stellte dem Mann einen Fuß auf die Brust, um ihn festzuhalten, bohrte ihm das Schwert in die Schulter und drehte es. Als der Prediger aufschrie, stieß er ihm die brennende Fackel in den Mund.
»DORT!«,
brüllte jemand vom Dorfplatz.
Nick sah eine Handvoll Männer auf sie zuhumpeln und bemerkte, dass es sich durchweg um Verkrüppelte handelte. Dann wurde ihm klar, dass alle kampffähigen Männer mit dem Kapitän mitgegangen waren, um die Dame zu suchen. Aber ob sie nun Krüppel waren oder nicht, wenn diese Männer sie einholten, war alles vorbei.
»Peter«, rief er. »Die Dame, denk an die Dame.«
Das brachte den Gepeinigten wieder zur Besinnung. Er ließ von dem Prediger ab, der sich nun brennend am Boden wälzte, und rannte mit Nick und Leroy Richtung Tor.
Fünf Männer versperrten ihnen den Weg. Es handelte sich ebenfalls um Krüppel, doch sie wirkten wild entschlossen, die Jungen aufzuhalten.
Peter stieß ein Heulen aus und stürmte vor. Nick betrachtete die Gesichter im Fackellicht, jene Gesichter, die vor kurzem noch gejubelt und krakeelt hatten, als sie ihn im Käfig untergetaucht hatten. Er heulte seinerseits auf, rannte mit Peter um die Wette, und zu seiner Überraschung rumorte keine Angst in seinen Eingeweiden, sondern nur der grausige Wunsch, diese Männer dafür bezahlen zu lassen.
Nick fasste einen Fleischfresser am äußeren Ende der Reihe ins Auge. Der Mann hatte ein Holzbein und eine Hakenhand. Er senkte seine Pike, doch er war nicht auf die Schnelligkeit und Waghalsigkeit der Attacke vorbereitet. Mit flinken, fließenden Bewegungen schlug Nick die Pike beiseite und huschte an dem Mann vorbei. Der Fleischfresser versuchte, sich umzudrehen, aber bevor er auch nur den Fuß bewegt hatte, trat Nick ihm das Holzbein weg. Der Mann stürzte nach hinten, und der Junge verspürte nichts als Zufriedenheit und Genugtuung, als er seinem Angreifer das Schwert unerbittlich in den Hals hackte.
Peter schickte ebenfalls einen Gegner zu Boden und traf danngleichzeitig mit Nick den Mann zwischen ihnen, sodass er zappelnd in einer Pfütze schwarzen Bluts liegen blieb.
Ein Schrei ertönte, und Nick und Peter fuhren gerade rechtzeitig herum, um zu sehen, wie der letzte Mann Leroy das Schwert in die Eingeweide bohrte. Der Junge taumelte zurück und umklammerte seinen Bauch. Sein Gesicht war schmerzverzerrt, und er fiel auf die Knie.
Nick sprang vor und hieb dem Mann in den Nacken. Der Fleischfresser schwang sein Schwert unkontrolliert in Nicks Richtung und verfehlte ihn, da streckte Peter ihn auch schon von hinten nieder.
Peter und Nick zogen den Riegel vor dem Tor beiseite und stießen es auf. Peter nahm sich eine Sekunde, um ein Messer aufzuheben und es sich in den Gürtel zu stecken. Dann legten sie sich Leroys Arme über die Schultern und flohen in die Nacht hinaus.
Das Fackellicht tanzte schimmernd über die hohen, steilen Wände der Schlucht, und im Schein des Feuers sahen die Ranken aus wie ein Nest sich windender Schlangen. Der Kapitän warf dem Mann an seiner Seite einen Blick zu. »Was meinst du, Beasley?«
»Das will mir nicht recht gefallen, Herr.«
»Aye, mir auch nicht«, stimmte der Kapitän zu. »Kein bisschen.« Er zupfte an seinem schmalen Schnurrbart. »Vielleicht sollten wir ein Stück
Weitere Kostenlose Bücher