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Der Kinderdieb

Titel: Der Kinderdieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brom
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sein silbriger Glanz wirbelte durch den Dunst, und seine Geisterfinger krochen durch die Feste.Man konnte die staubige Feuchtigkeit riechen. Nick musste an den Jungen mit den Nike-Schuhen denken, an den schrecklichen Schrei, der für immer auf seinem Gesicht erstarrt war. Er knirschte mit den Zähnen.
Schaffe ich das? Kann ich allein ins Dorf runter?
Dann hörte er sie, oder er meinte zumindest, sie zu hören: leise Kinderstimmen. Ein Schauer lief ihm über den Rücken. Er spähte zum Dorfplatz hinüber, dorthin, wo Peter am Kreuz hing, und begriff, dass er nur zwei Alternativen hatte und dass ihm keine von beiden gefiel. Er trat in den Schlamm.
    »Scheiße«, flüsterte er und drehte um. »Verdammt noch mal, Peter. Lass mich bloß nicht hängen.«
    Nick huschte auf den Wachtposten zu. Auf der weichen, feuchten Erde verursachten seine Schritte kaum einen Laut.
Die Aktion ist schwachsinnig
, dachte er.
Ich sollte abhauen, solange ich noch kann
. Er entdeckte den Speer des Wachmanns, der an einem Baumstumpf lehnte, hob ihn auf und richtete ihn auf die Brust des Schlafenden.
Mach schon
, befahl er sich.
Du musst es tun. Wenn er aufwacht, dann habt ihr keine Chance mehr zu entkommen. Jetzt, ein fester Stoß
. Dennoch zögerte Nick. Er wusste, dass dieser Mann ihn, ohne zu zögern, töten würde.
Aber er hat mir auch Wasser gegeben. Eigentlich ist er nur ein alter Mann, der genau wie ich in diesen Albtraum gestolpert ist
. Nick senkte den Speer.
Wenn ich ihn jetzt töte, wie soll er dann jemals wieder die Sterne sehen?
    Nick spürte, dass ihn jemand beobachtete, und blickte auf. Leroy starrte ihn aus der offenen Zelle an. Er regte sich nicht, gab keinen Laut von sich, sah einfach nur zu. Nick wusste nicht, was Leroy tun würde, und es war ihm auch egal. Vorsichtig zog er das Schwert des Wachmanns aus der Scheide und schlich, das Schwert in der einen und den Speer in der anderen Hand, leise Richtung Dorfplatz.
    Dort angekommen, kauerte er sich in den Schatten eines Holzstoßes und dachte darüber nach, was er als Nächstes tunsollte. Ein dumpfes Geräusch erklang hinter ihm, und er zuckte zusammen. Leroy stand direkt neben ihm. Nick riss das Schwert herum und richtete es auf die Kehle des Jungen.
    Leroy zuckte zurück, doch er floh nicht.
    Nick hielt weiter das Schwert auf ihn gerichtet. »Was willst du?«, fauchte er.
    »Gib mir den Speer. Ich komme mit.«
    »Nein«, flüsterte Nick.
    »Doch.« Leroy wurde lauter.
    Nick drückte seinem Gegenüber die Schwertklinge an die Kehle. »Halt’s Maul.«
    Vom Dorfplatz hörte Nick das Lachen einer Frau. Er sah ein paar Gestalten im wogenden Nebel. Eine warf etwas auf Peter und lachte gackernd.
    Nick blickte Leroy in die Augen. »Ich gehe jetzt Peter holen.«
    Der Junge nickte.
    Nick verfluchte sich für seine eigene Dummheit und gab Leroy den Speer.
     
    Der Kapitän stand vor dem hölzernen Gebäude und sah zu, wie die Flammen am Himmel leckten. Er blickte zu Danny hinüber. »Daniel, was weißt du über diese Sache?«
    Der Junge zuckte mit den Schultern. Er wirkte genauso verwirrt wie die anderen.
    »Wir wandeln auf dem Pfad des Rechtschaffenen«, verkündete der Prediger lautstark. »Der Herr zerschmettert unsere Feinde. Seine große Hand weist uns den Weg. Dies, dies hier ist der Beweis!« Er zeigte mit dem Finger auf die kleinen, verkohlten Leiber am Boden. »Gott hat sie in ihrem eigenen Feuer brennen lassen!«
    Oder zumindest irgendwer
, dachte der Kapitän. Er hoffte inbrünstig, es möge Gott gewesen sein, aber er hatte das unguteGefühl, dass etwas anderes für diesen Brand verantwortlich war, etwas, dem sie besser nicht über den Weg laufen sollten.
    Er hob eines der herumliegenden Schwerter auf und betrachtete es genauer. Es waren gut gearbeitete Klingen, die man normalerweise nicht einfach zurückgelassen hätte. Doch hier wirkte nur sehr wenig normal. Er hielt seine Fackel dicht über den weichen Erdboden. Alles war voller kleiner Fußabdrücke, die von den Spitzohrigen stammen mochten oder von den Dä monenkindern. Aber es waren die großen Stiefelabdrücke, die dem Kapitän Unbehagen bereiteten. Er setzte den rechten Fuß in einen der Abdrücke. Sie waren sehr viel größer als seine eigenen Spuren.
    Er beugte sich zu Danny vor. »Wo geht es von hier aus weiter?«
    Der Junge zeigte an dem brennenden Gebäude vorbei zu einem großen Platz.
    »Schließt die Reihen«, rief der Kapitän. »Es geht weiter.«
     
    Nick drückte sich an die Seitenwand einer Hütte. Leroy

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