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Der Kinderdieb

Titel: Der Kinderdieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brom
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auf dem Spielplatz hörte auf zu spielen und versammelte sich um den Schauplatz des Geschehens.
    »Soll ich dir vielleicht auch eine runterhauen?«, sagte der große Junge und schubste das Mädchen, sodass es auf die Knie fiel. Sein Kumpel kicherte.
    »Schubs sie nicht!«, schrie der kleine Junge und ballte mit angst- und hasserfüllter Miene die matschverklebten Hände zu Fäusten.
    Peter schüttelte den Kopf. Er wusste, dass dieser kleine Junge bald genauso gemein sein würde wie die größeren, weil Gemeinheit die hässliche Angewohnheit hat, sich auszubreiten.
    »Und, was willst du dagegen machen?«
    »Wir war’n zuerst hier«, schrie das zweite Mädchen, während es seiner Freundin aufhalf.
    »Tja, und jetzt sind wir hier«, sagte der große Junge. »Also verpisst euch, wenn ihr nicht wollt, dass ich euch allen den Arsch versohle.«
    Als sie sich nicht von der Stelle rührten, trat der große Junge vor. »Glaubt ihr, ich mach Witze? Ich hab gesagt …« Da sah er Peter neben dem kleinen Jungen stehen. Ein verwirrter Ausdruck huschte über sein Gesicht, als wäre er sich nicht sicher, woher Peter gekommen war. Er sah sich nach seinem Kumpel um, der jedoch nicht weniger überrascht wirkte.
    Der Kinderdieb schlug seine Kapuze zurück und richtete den Blick seiner goldenen Augen, ebenjener Augen, die einen ausgewachsenen Wolf niedergestarrt hatten, auf die beiden großen Jungen. Er sagte kein Wort, sondern starrte sie nur an.
    Die großen Jungen schienen in sich zusammenzusacken. »Komm«, sagte der eine zu seinem Kumpel. »Spielplätze sind was für Weicheier.« Sie gingen, wobei sie immer wieder furchtsame Blicke über die Schultern warfen.
    »He, Junge«, sagte das kleine Mädchen. »Du hast komische Ohren.«
    Peter grinste und wackelte mit den Ohren. Die Kinder brachen in Gelächter aus.
    »Willst du mit uns spielen?«, fragte der Junge.
    »Allerdings«, sagte Peter, »das will ich.« Ein teuflisches Funkeln trat in seine Augen. »Aber nicht heute. Ich muss erst einen Freund finden.«

KAPITEL 7
Sekeu
     
    Nick saß mit dem Rücken zur Wand auf dem Boden. Sein schmerzender Schädel fühlte sich an, als wollte er niemals zu brummen aufhören. Er berührte seine geschwollene Lippe und zuckte zusammen. Inzwischen war er sich relativ sicher, dass niemand ihn fressen würde, zumindest nicht an diesem Morgen. Er lehnte den Kopf ans Mauerwerk und verfolgte das Treiben um ihn herum.
    Halb nackte Kinder schossen hierhin und dorthin, schubsten einander und brüllten, doch inmitten von all dem Chaos wurden irgendwie Feuer entfacht, Fackeln entzündet und Schüsseln aus Schränken geholt, und schon bald roch es nach Rauch und Ruß. Nick wollte die Kinder zählen, doch sie bewegten sich zu viel. Er schätzte die Gesamtzahl auf etwa zwanzig, und dafür war es erstaunlich, was für ein Tohuwabohu sie verursachten.
    Weiches Morgenlicht tanzte über den Stein- und Erdboden. Durch die vereinzelten Löcher in der Decke erspähte Nick einen spärlichen Vorhang aus Zweigen. Er ließ den Blick durch den Raum schweifen, der etwas kleiner als ein Basketballfeld war. Seine Augen kehrten immer wieder zu den Gestalten zurück, die in der von ihm am weitesten entfernten Ecke hingen. Im Nebel hatten sie täuschend echt ausgesehen, aber jetzt, im Licht, waren sie deutlich als Strohpuppen zu erkennen. Warum hier überhaupt Strohpuppen vom Gebälk hingen, war ihm ein Rätsel, doch das war im Moment seine geringste Sorge.

    Der Raum um ihn herum war ein einziger Saustall: Vor einerWand stand eine Reihe Käfige mit Planen darüber, anderswo lagen Klamotten auf alten Fässern herum, Schokoriegelpapiere, zerknüllte Zigarettenschachteln und Kippen waren zwischen Stroh und Blättern verstreut, und alte, schwärzliche Kaugummis waren auf dem Steinboden festgetreten. Das Einzige, was sich in einem vernünftigen Zustand befand, waren die Waffen, die frisch geölt glänzten und in ordentlichen Reihen an der Wand hingen, zusammen mit verschiedenen Arten von Lederrüstungen, Helmen und Schlagpolstern.
    Essensgerüche erregten Nicks Aufmerksamkeit: ein nussiges Zimtaroma. Überrascht stellte er fest, dass sein Magen knurrte. Wie sein Magen nach allem, was geschehen war, noch ans Essen denken konnte, begriff er beim besten Willen nicht. Er beobachtete, wie die anderen ihre Schalen mit einer breiigen Suppe füllten. War das Grütze? Nick war sich nicht mal sicher, was genau Grütze war, geschweige denn, wie sie aussah, aber er hätte wetten können, dass

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