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Der Kinderdieb

Titel: Der Kinderdieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brom
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genug. Eine der Spitzen riss ihm seitlich die Kopfhaut auf. Glühende Pein regnete auf ihn herab und ließ ihn aufheulen. Mit vor Panik weit aufgerissenen Augen strampelte er sich frei und wollte sich aufrichten. Er war schon beinahe auf den Beinen, als jemand ihn am Arm packte und in die Höhe riss. Der kahle Mann rammte Peter eine riesige Faust ins Gesicht. Schmerz und blendend weißes Licht explodierten in Peters Schädel. Seine Beine gaben nach, doch bevor er zu Boden fallen konnte, schlug der Mann erneut zu. Diesmal versetzte er ihm einen festen Stoß in die Rippen, der ihn zurücktaumeln ließ. Peter ging zu Boden wie ein Häufchen Elend, und alles verschwamm vor seinen Augen.
    »TÖTET ES!«
, rief die Frau.
    Peter versuchte einzuatmen, doch sein Mund war mit etwas Nassem, Warmem voll. Er hustete krampfhaft und versprühte sein eigenes Blut am Boden. Seine eine Gesichtshälfte wartaub. Durch einen Schleier aus Tränen und Blut bemerkte er eine verschwommene Gestalt, die sich auf ihn zubewegte.
    »LOS, TÖTET ES! SCHNELL!«
    »Ich hab es!«, schrie der Jüngere.
    Peter konnte gerade rechtzeitig wieder etwas erkennen, um zu sehen, wie der drahtige Junge mit seiner Heugabel auf ihn zutrat. Benommen und langsam kam Peter auf die Beine.
    Der junge Mann stieß mit der Mistgabel nach ihm. Peter wollte mit einer Drehung ausweichen, doch die Spitzen trafen ihn an der Seite und hinterließen drei tiefe Schnitte.
    Der Kahlkopf griff nach ihm. Peter duckte sich und rannte los. Zuerst waren seine Schritte stolpernd, doch als er erst einmal richtig auf den Beinen war, rannte er schnell wie der Wind in den Wald.
    Als er zwischen den Bäumen war, ging er auf die Knie und hielt sich mit schmerzverzerrtem Gesicht die Seite. Er stieß ein lautes, krampfhaftes Schluchzen aus und spuckte mehrmals aus, um das Blut aus seinem Mund zu bekommen.
    Die Leute auf dem Feld schrien und zeigten in seine Richtung. Mehr Männer und Frauen waren hinter den Stall geeilt. Sie folgten ihm nicht, sondern standen nur da und zeigten aufgebracht in Richtung Wald. Er sah ihre Gesichter, sah ihre Abscheu, ihre Angst … ihren
Hass
.
    Dann kamen andere Männer. Männer mit dichten, zu Zöpfen geflochtenen Bärten und großen Langschwertern. Peter rannte.
     
    Die Luft brannte Peter in den Lungen. Er war fast den ganzen Tag lang gelaufen, und er wagte es noch immer nicht, stehen zu bleiben. Mit schreckgeweiteten Augen warf er einen Blick über die Schulter. Er konnte sie hören, ihre Hunde und den schweren Hufschlag ihrer Pferde. Sie schlossen auf.
    In der Ferne sah Peter Golls Hügel durch die Bäume, undgleichzeitig traf ihn die entsetzliche Erkenntnis, dass er dort nicht sicher sein würde, dass es keinen Ort gab, an dem er sicher wäre. Goll konnte diese riesigen Männer mit ihren schrecklichen Schwertern und Äxten nicht aufhalten. Sie würden den Moosmann töten. Peter schlug einen anderen Weg ein, Richtung Felsklippen, um die Männer von Golls Hügel wegzuführen. Er hoffte, dass die Pferde ihm nicht die steilen Hänge hinauf folgen konnten.
    Als Peter die Klippen erreichte, hielt er inne, lauschte auf die Männer und versuchte, zu Atem zu kommen. Er hörte sie nicht. Eine Spur Hoffnung regte sich in ihm. Vielleicht hatten sie aufgegeben. Vielleicht würde er heute doch nicht sterben. Aber dann bemerkte er den Rauch, und ihm schnürte sich die Kehle zu.
»Goll«
, flüsterte er.
    Ohne die stechenden Schmerzen in seiner Seite und das dumpfe Pochen in seinem Schädel zu beachten, rannte Peter, so schnell er konnte, zu Golls Hügel zurück. Als er den Hügelkamm erreichte, erstarrte er.
    Rauch stieg in dicken Schwaden aus Golls Bau auf, und an der großen Eiche baumelte der Moosmann. Das Seil war ihm um Arme und Brust gebunden, und seine Füße zappelten nur ein paar Fingerbreit über dem Boden. Die riesigen Männer standen oder saßen auf Pferden um ihn herum, mit Schwertern und Äxten in den Händen.
    Der Pelz des Moosmanns war angekohlt, und Rauch stieg von seiner roten, wunden Haut auf. In ihm steckten nicht weniger als ein Dutzend Pfeile, trotzdem trat er noch um sich und fauchte wütend. Die Hunde bissen ihn, rissen ihm das Fleisch von den Beinen, und die Männer brüllten vor Lachen.
    Peters Knie gaben unter ihm nach. Er taumelte auf einen umgestürzten Baum zu und grub die Finger in die modrige Borke, während er langsam zu Boden sackte. Er wollte sie aufhalten, wollte irgendetwas unternehmen, um sie von ihrem Tun abzubringen,doch er konnte

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