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Der Kinderdieb

Titel: Der Kinderdieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brom
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ein Lächeln umspielte ihren Mund. »Schön, dass ihr auf mich gewartet habt.«
    Ein Eber mit langen, gebogenen Hauern, der eine glänzende,zerknitterte Samttunika mit Rüschen trug, hielt einen Trommelstock in die Höhe. »Ein Schwein wartet auf das andere«, sagte er mit vollem Mund und schnaubte.
    Es waren mindestens vierzig Feenwesen da, die meisten davon Elfen, die dünn und feingliedrig auf ihren hochlehnigen Stühlen saßen und mit jeder Bewegung Anmut und Eleganz verströmten. Dazu kamen viele andere seltsame Geschöpfe, die Peter noch nie gesehen oder sich auch nur ausgemalt hatte. Auf hohen Stühlen saßen vier stämmige Männer, die mindestens so breit wie hoch waren und allesamt nicht größer als ein Huhn. Sie hatten dicke rote Nasen und Backen und winzige schwarze Augen, die aussahen, als hätte man sie ihnen tief ins Gesicht gedrückt, außerdem trugen sie verrückte Federhüte und reichten einen Weinkelch herum. Ein Schwarm geflügelter Feen saß im Schneidersitz auf dem Tisch und tat sich an einer Schale mit Früchten gütlich. Diese Feen sahen anders aus als die im Wald. Vor allem trugen sie Kleidung, Kniehosen und Jacken aus feiner Spinnenseide. Außerdem benahmen sie sich ausgesprochen kultiviert, aßen von winzigen Tellern und tranken aus winzigen Bechern.
    Es gab noch andere fremdartige Gestalten, von denen einige mehr Tieren als Menschen ähnelten. Peter fielen zwei Elfenfrauen auf, von denen eine kohlschwarze und die andere rosige Haut hatte. Sie hatten die Arme umeinander geschlungen, küssten sich und leckten einander mit geschlossenen Augen die Lippen, während ihre Hände unter ihren Gewändern umhertasteten. Ein Kind – ein Säugling sogar – mit einem einzigen roten Horn auf der Stirn rauchte mit schweren Lidern Pfeife und sah aus wie in einen Tagtraum versunken. Mindestens drei Feenwesen lagen bewusstlos am Boden, und eines von ihnen schnarchte so laut, dass es sogar den allgemeinen Trubel übertönte.
    Bedienstete eilten mit missmutigen Mienen in die Halle undwieder hinaus, trugen Tabletts, schenkten Wein nach und beklagten sich dabei alle durcheinander lautstark. In einer Ecke spielten vier kräftige Feenwesen mit struppigen Bärten, die ihnen bis zu den Knien reichten, Flöte, zupften an Saiteninstrumenten und spielten eine wunderliche Melodie.
    Mehrere Bedienstete kamen herein und legten vor einem eleganten Stuhl mit hoher Lehne hastig ein Gedeck auf. Es handelte sich um den mit Abstand größten Stuhl im Raum, der aus fein verästelten weißen Wurzeln und Zweigen bestand. Offenbar war er direkt aus dem Boden gewachsen, und seine Äste reichten fast bis zur Kuppeldecke, wo sie sich zu einem symmetrischen Bogen verwoben. Aus den höchsten Zweigen spross ein Blätterbaldachin. Winzige Blütenfeen spielten in den Blättern, und immer wieder blitzte hier und da ein buntes Schimmern auf.
    Die Dame beugte sich zu Peter herunter. »Warte hier bei Drael.« Sie ging zu dem Stuhl. Die Musiker hörten auf zu spielen, und als sie sich setzte, erhoben sich die meisten Anwesenden. Die Dame lächelte und neigte den Kopf. Die Abendgäste ließen sich zurück auf ihre Stühle fallen und wandten sich wieder ihrem Essen und ihren Gesprächen zu, als wäre nichts geschehen.
    Hiisi, der Rothäutige, saß zur Linken der Dame. Er beugte sich vor. »Meine Dame, Tanngnost erbittet das Wort.«
    Die Dame stieß ein Seufzen aus. »Kann ich nicht wenigstens zuerst etwas essen?«
    »Er ist soeben aus den Landen der Menschlinge zurückgekehrt. Ich fürchte, wenn er nicht bald vorsprechen kann, wird er einfach explodieren.«
    »Liebe Güte. Ich will natürlich nicht, dass unser geschätzter Tanngnost zerbirst, zumindest nicht hier, in meiner Halle. Ich schätze, uns bleibt nichts anderes übrig, als ihn sprechen zu lassen.«
    Hiisi stand auf und schlug mit einer Gabel an seinen Kelch. Kaum jemand beachtete ihn. »Hoher Rat«, hob er an, »heute Abend beehrt uns ein alter Freund mit seinem stechenden Körpergeruch. Zu diesem höchst unbedeutsamen Anlass habe ich ein Gedicht verfasst. Darf ich?«
    Mehrere Köpfe wurden missbilligend geschüttelt, doch die Dame lächelte. »Aber sicher doch, mein lieber Hiisi. Nur zu, fahr fort.«
    Hiisi lächelte, wackelte mit den Brauen und räusperte sich. »Gewidmet einem besonderen Troll. Weilt er fern, hat man ihn gern, von allzu dicht schätzt man ihn nicht. Doch sein Grimm ist nicht weiter schlimm. Jawohl, es ist der Unglücksbote mit ganz besonderer Duftnote.« Über den

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