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Der Kinderdieb

Titel: Der Kinderdieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brom
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nichts hinterlassen als die Flut orgasmischer Genüsse.«
    Eine alte Feendame mit schlaff herabhängenden Flügeln und gepudertem Ausschnitt stieß den Eber an. »Wenn die Saat des Satyrs aufginge, dann würden hier längst ein paar Millionen spitzohrige Mischlinge rumlaufen.« Sie zwinkerte Hiisi zu und stieß ein Gackern aus.
    »Er kann zwischen den Welten reisen?«, fragte der Troll.
    Die Dame warf dem Gast einen misstrauischen Blick zu. »Tanngnost, fang nicht wieder mit deinen Plänen an. Ich lasse nicht zu, dass du diesen Jungen für deine Zwecke einspannst.«
    Tanngnost wirkte überrumpelt. »Meine Dame, auf so etwas würde ich nie kommen.«
    Sie lachte. »Natürlich nicht. Und Hiisi würde niemals eine Jungfrau kitzeln.«
    Die Bemerkung sorgte für leises Kichern.
    »Außerdem kannst du ihn nicht haben«, erklärte die Dame. »Er hat mir gesagt, dass er sich nichts mehr wünscht, als in meiner Leibgarde zu dienen.«
    »Du kannst von Glück sagen, jemand so Mutigen dein Eigen zu nennen«, sagte Hiisi.
    »Allerdings. Er hat nicht nur ein tapferes Herz, er ist auch begabt«, sagte die Dame wie eine stolze Mutter. »Peter, sing ihnen das Lied des Waldes vor.«
    Peter strahlte und sog die ihm zuteilwerdende Aufmerksamkeit in sich auf. Die Neugier der Versammelten ließ ihn kühn werden. Er fing mit einem Froschquaken an, machte dann mit dem Keckern eines Eichhörnchens weiter, danach mit einem Affenkrakeelen, und schließlich hob er den Kopf und heulte, sodass es unter der Kuppel widerhallte. Danach stieß er ein Dutzend Vogelrufe aus und schloss mit einem Hahnenschrei.
    Der Saal brach in Gelächter und Applaus aus. Peter grinste von einem Ohr zum anderen.
    »Modron«, knurrte Ulfger. »Bitte, wir haben Wichtigeres zu …«
    »Alles zu seiner Zeit. Zuerst möchte ich, dass du etwas hörst. Es könnte gut für deine Seele sein. Komm, setz dich neben mich.«
    Ulfger schüttelte den Kopf, trotzdem setzte er sich.
    »Jetzt, Peter«, flüsterte die Dame. »Der Sonnenvogel.«
    Peter holte tief Luft, straffte sich, legte den Kopf in den Nacken und stimmte das Vogellied an. Schweigen senkte sich über den Saal, sogar die Bediensteten blieben stehen, und alle lauschten staunend dem Lied, das durch den Raum echote und hallte. Die Akustik der Kuppel verstärkte die Melodie, und das grüne Licht aus dem Becken erstrahlte heller.
    Peter beendete das Lied und blickte sich in Erwartung von mehr Applaus um. Stattdessen sah er Augen, die in weite Ferne starrten, offen stehende Münder und sogar einige Tränen. Peter fragte sich, was er gemacht hatte. Unsicher schaute er zu der Dame hinüber. Er bemerkte, dass auch sie Tränen in den Augen hatte.
    »Das war wunderschön, mein Junge«, sagte sie, und als sie ihn mit ihrem traumhaften Lächeln bedachte, wusste er, dass er seine Sache gut gemacht hatte.
    »Wahrhaft atemberaubend«, blökte die alte Feendame und betupfte sich die Augen.
    »Ulfger«, sagte die Dame. »Berührt sein Gesang nicht dein Herz?«
    Der Angesprochene sah aus, als hätte er einen Becher saure Milch getrunken.
    Hiisi stand auf und fing an zu klatschen, und der Rest folgte seinem Beispiel, alle außer Ulfger, der mit erstarrter Miene dasaß und sich die Fingernägel in die Handballen bohrte.
     
    Jemand brachte Peter einen Teller mit Essen. Einer der beleidigt dreinschauenden Bediensteten lächelte ihm sogar zu und reichte ihm verstohlen einen Honigkuchen. Peter aß sich mehr als satt, und bald ließen ihn das warme Brummen der Gespräche um ihn herum, die leise Musik und das hypnotische Licht des Beckens schläfrig werden. Er bettete seinen Kopf an die Brust der Dame.
    Die Dame legte die Arme um ihn und spielte behutsam mit seinem Haar. Sie roch nach Teichwasser und Geißblatt, Gerüche, die ihn mit ebenso tiefer Zufriedenheit erfüllten wie einst, vor langer Zeit, die süße Milch seiner Mutter. Hier gehörte er her, an die Seite der Dame, auf immer und ewig.
    Hiisi rutschte ein paar Stühle weiter, um mit einer jungen Elfenfrau zu schäkern. Tanngnost kam heran und setzte sichneben die Dame. Er beugte sich vor und sprach mit leiser Stimme. »Meine Dame, ich möchte mit Euch reden.«
    Die Dame seufzte. »Du kannst es nicht eine Minute lang ertragen, mich glücklich zu sehen, nicht wahr, du verdrießlicher alter Ziegenbock?«
    Tanngnost schüttelte bedauernd den Kopf. »Ich habe keinen größeren Wunsch, als Euch glücklich zu sehen. Aber … die Dinge liegen sogar noch schlimmer als befürchtet.«
    »Ja, ich

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