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Der Klabautermann

Der Klabautermann

Titel: Der Klabautermann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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andere Seite. »Wissen Sie, was das ist, Doktor?«
    »Zerrissene Papiere.« Schmitz beugte sich tiefer. »Außenminister Genscher betonte bei seinem Besuch in … Ort ist abgerissen … die bilaterale Zusammenarbeit sei die Grundlage einer … wieder abgerissen …« Er richtete sich auf und nickte. »Diagnose einwandfrei: Es ist ein Nachrichtentext von Hallau. Mir ist nur schleierhaft, was ich damit im Hospital soll.«
    »Fällt Ihnen nichts auf, Doktor?« fragte Hartmann.
    »Die Papiere sind an den Rändern zerfetzt. Na und …?«
    »Sie nehmen das als selbstverständlich hin?« rief Losse.
    »Was geht das mich an? Das ist Hallaus Bier. Ihm wird der Text nicht gefallen haben, und er hat ihn neu geschrieben. Ja, mein Gott, was ist denn los mit diesen Fetzen? Sie stehen ja herum wie ein Gesangsverein ohne Noten.«
    »Das Manuskript wurde zerbissen«, sagte Hellersen langsam. »Mit den Zähnen zerfetzt! Ist das normal, Doktor?«
    »Kaum. Aber vielleicht ist Hallau ein stiller Hysteriker. Beim Fernsehen ist alles möglich. Ich habe Hallau schon immer für etwas seltsam gehalten. Und nun zeigt es sich: Er zerbeißt seine Manuskripte. Das sollte man manchem Autor auch empfehlen, da bliebe uns vieles erspart.«
    »Hallau ist fast am Boden zerstört«, sagte Losse, in dieser Situation nicht für Dr. Schmitz' galligen Humor empfänglich. »Er hat das zerbissene Manuskript in seiner Kabine vorgefunden, als er vom Schwimmen zurückkam.«
    »Und nun möchte ich Sie bitten, Doktor«, setzte Hellersen die Erklärung fort – »die Zahnabdrücke unter dem Mikroskop zu untersuchen.«
    »Gern, Herr Kapitän.« Dr. Schmitz beugte sich wieder über die Papiere. »Eins kann ich schon sagen: Das Gebiß im Fundbüro war's nicht.«
    Aber auch dieser Witz zündete nicht. Die für Hellersen nun feststehende Tatsache, daß ein Irrer das Schiff terrorisierte, bedrückte alle mehr, als sie es sich eingestehen wollten.
    »Können Sie mal eine halbe Stunde vergessen, daß Sie Mitglied eines Kölner Karnevalsvereins sind?« fragte Hellersen und setzte sich auf einen der herumstehenden Hocker. »Bisher hätten wir unseren Unbekannten noch wohlwollend amüsant nennen können, aber jetzt entwickelt er sich zur Bosheit. Anders ausgedrückt: Er beginnt, gefährlich zu werden. Und zum erstenmal haben wir eine Spur: Diese Zahnabdrücke auf dem Papier. Für einen Kriminalbeamten ist das so gut wie ein Fingerabdruck.«
    »Ich möchte darauf aufmerksam machen«, sagte Dr. Schmitz mit dienstlicher Stimme, »daß ich kein Kriminaler, sondern ein Chirurg bin, zur Zeit Schiffsarzt auf einem Kahn, den Gott verflucht haben muß.«
    »So schlimm ist's nun auch wieder nicht.« Hartmann gab Dr. Schmitz einen Stups in den Rücken. »Mensch, Lutz, klemm dich hinter dein Mikroskop und sieh dir die Abdrücke an.«
    »Und was soll dabei herauskommen?«
    »Zuerst: Ist es ein Mann oder eine Frau«, sagte Hellersen. »Dann wird der Kreis schon kleiner. Zum zweiten: Hat der Beißer unregelmäßige Zähne? Wir haben da auf Blatt drei einen herrlichen vollkommenen Abdruck, wo das Papier nicht zerfetzt ist. Dann wird der Kreis noch kleiner.«
    »Und wie soll das dann weitergehen? Wollen Sie alle Passagiere an sich vorbeimarschieren lassen mit dem Kommando ›Bleckt die Zähne‹!?«
    »Können Sie von dem Abdruck einen Gipsabzug machen, Doktor?«
    »Von dem Papier … nein.«
    »Die Kriminalpolizei könnte das sicher.«
    »Ich wiederhole, Herr Kapitän: Ich bin kein Kriminaler, sondern …«
    »Ich weiß, ich weiß!« Hellersen winkte ab. »Ich dachte bloß, wer Gipsverbände anlegt, kann auch Gipsabdrücke machen.«
    »Das sind zwei ganz verschiedene Stiefel … Möglich, daß ein Zahnarzt das schafft. Zahngips habe ich auf Lager, und an Bord sind mindestens zwanzig Zahnärzte. Man müßte einen von ihnen ins Vertrauen ziehen.«
    »Kein übler Gedanke«, sagte Losse anerkennend.
    »Ich habe nie üble Gedanken, Chief …«
    »Aber zuerst das Mikroskop, Doktor!« Hellersen zeigte hinüber zu dem unter einer Plastikhaube luftdicht abgeschlossenen Apparat. »Wie stark ist die Vergrößerung?«
    »Bis zu fünfhundertfach.«
    »Reicht das?«
    »Damit kann ich Ihre Darmbakterien sehen, Herr Kapitän.«
    Dr. Schmitz ging zu dem Labortisch, entfernte die Plastikhaube und setzte sich auf den Hocker vor das Mikroskop. Dornburg reichte ihm die zerfetzten Blätter herüber, so vorsichtig, als seien sie aus dünnstem Glas. Dr. Schmitz nahm die Seite 3, hielt sie gegen die Lampe und

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