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Der Klang der Sehnsucht - Roman

Der Klang der Sehnsucht - Roman

Titel: Der Klang der Sehnsucht - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Insel Verlag
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unterrichten, bleibe ich und lerne. Sonst gehe ich.«
    »Mehr verlange ich nicht.« Der Guruji lächelte in das kleine Gesicht, das so feierlich zu ihm aufschaute. »Genug davon. Setz dich, mein Junge, setz dich und hör auf, so herumzuzappeln.«
    Kalu hatte kaum Platz genommen, als ein Mann mit einem Tablett den Raum betrat. Seine Arme unter dem abgetragenen, roten Hemd schienen ausgesprochen muskulös und seine Hände kräftig, hart und glatt. Ganz im Gegensatz zu seinen Beinen, die eher den schwärzlichen, knorrigen Wurzeln eines Banyan glichen und unberechenbar wirkten wie die eines Kindes, das
noch nicht richtig laufen kann. Sein stoppliges Kinn und der Anflug von Silber in seinem Haar verrieten jedoch sein Alter.
    »Ah, Ashwin, du kommst gerade recht. Darf ich dich mit Kalu, unserem neuen Mitbewohner, bekannt machen? Er geruht, uns für eine Weile mit seiner Gesellschaft zu beehren.«
    Auf dem Tablett, das Ashwin hereinbrachte, standen Kekse, vier Tassen und dazu passende Teller, weiß mit winzigen rosa Blumen am Rand. Kalu beobachtete erstaunt, wie Ashwin das Tablett hastig auf dem nächsten Tisch abstellte und Vaid Dada umarmte, nachdem er dessen Füße berührt hatte. Der Vaid schien keineswegs verblüfft über dieses Verhalten und beugte sich entgegenkommend vor, um seinerseits den Mann in die Arme zu schließen.
    »Aré, da sind Sie ja endlich wieder. Sie haben ihm gefehlt, wissen Sie.« Ashwins Stimme klang gedämpft durch die Falten von Vaid Dadas Kleidung, doch was er sagte, war unmissverständlich. Der Guruji hatte seinen Bruder vermisst.
    Seine Lippen zuckten, während Vaid Dada sich lachend aus Ashwins Umarmung löste. »Ich verlasse mich darauf, dass Ashwin die Wahrheit sagt.« Er nahm Ashwin bei den Schultern und drehte ihn zu Kalu herum.
    Kalu hatte noch nie gesehen, dass ein Dienstbote sich benahm wie Ashwin, und war unsicher, wie er ihn begrüßen sollte. Also legte er die Handflächen aneinander und verneigte sich.
    »Du bist ja ein richtiger kleiner Herr«, sagte Ashwin und verbeugte sich ebenfalls. »In nächster Zeit wollen wir dich mal ein bisschen herausfüttern. Jetzt, wo du bei uns wohnst, wirst du bald etwas rundlicher sein. Dafür werde ich schon sorgen.«
    Ashwin verteilte die Teetassen. Während er dem Guruji eine Tasse reichte, wandte er sich an Kalu. »Bei ihm musst du deine Zunge hüten, aber vor mir brauchst du keine Angst zu haben.«
    »Unsinn!«, schimpfte der Guruji. »Solange er gehorcht und fleißig übt, kann ihm nichts passieren.«
    »Ha, da siehst du's, Kalu!«
    Ashwins breites, offenes Lächeln, das die ganze Welt einzuschließen schien, erinnerte Kalu an Malti. Kalu beobachtete, wie die drei Männer sich über Bekannte unterhielten, während sie ihren Tee tranken und dabei leichthändig mit Tasse und Unterteller umgingen. Kalu seufzte. Wie sollte er auf einem Stuhl sitzen, eine Tasse halten und sich dann auch noch mit einer Serviette den Mund abwischen? Er nahm einen kleinen Schluck, bevor er die Tasse sicherheitshalber auf dem Boden abstellte. Selbst der Tee schmeckte hier anders, intensiver, als würde Ashwin frischere Masala verwenden.
    In Hastinapore hatte Kalu seinen Chai für gewöhnlich an einem Stand an der Straße getrunken, ähnlich dem, an dem sie am Morgen gehalten hatten. Statt in zierlichen Teetassen wurde er dort in dicken Gläsern ausgeschenkt, die häufig am Rand gesprungen waren. Wie oft hatte Kalu für den Chaiwalla Tee ausgetragen.
    Früh am Morgen war an dem Stand immer eine Menge los. Fast alle Lastwagenfahrer holten sich Tee, bevor sie ihre Fahrt fortsetzten, das bedeutete, dass der Chaiwalla seinen Stand nicht verlassen konnte. Andererseits wollte er sich aber auch das Geschäft im Ort nicht entgehen lassen. Also drehte Kalu mit einem Drahtgestell, das zehn Gläser Tee fasste, die Runde bei den Ladenbesitzern und sammelte dann das Geld und auch die leeren Gläser ein. Für diese Dienste bekam der Junge ein paar Paise und einen Tee, den er, auf einem Stein neben dem Ausschanktisch und den Holzbänken sitzend, schlürfte. Dabei hörte er den Lastwagenfahrern zu und erfuhr von den verstopften Straßen in Orissa und der neuen Autobahn nach Bombay. Er hörte von den Unruhen in Ahmedabad und dass Provokateure sie ausgelöst hatten. Und von den Frauen, denen die Fahrer auf ihren Touren begegnet waren. Obwohl er nicht alles verstand, was die Männer erzählten, hörte Kalu ihnen gern zu. Die Männer hingegen nahmen den kleinen Jungen auf dem Stein
gar

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