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Der Klang des Herzens

Titel: Der Klang des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jojo Moyes
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hervor. Sie kam angesprungen und blieb hechelnd halb auf seinem Stiefel sitzen.
    »Byron?«
    »Ja?«
    Matt machte sich mittlerweile nicht mal mehr die Mühe, sich mit Namen zu melden, ganz so, als würde Byron ihm bereits gehören. Selbst um diese Zeit.
    »Biste mit den Pfosten fertig?«
    Byron dehnte seinen Nacken. »Ja.«
    »Gut. Ich brauche dich morgen im Spanischen Haus. Du musst helfen, die Esszimmerdielen rauszureißen.«
    Byron überlegte einen Moment. »Im Esszimmer? Aber ist das nicht der einzige Raum im Haus, der noch einigermaßen in Ordnung ist?«
    Der Witz hatte in der Kneipe die Runde gemacht: Pottisworths einziges noch brauchbares Zimmer war eins, für das er seit Jahrzehnten keine Verwendung mehr hatte, weil er ja nie Gäste einlud.
    Stille.
    »Wer sagt das?«
    »Na, immer wenn ich im …«
    »Wer ist hier der Fachmann, Byron? Du oder ich? Kennst dich mit Holzfäule aus, ja? Hast es wohl im Knast gelernt, was?«
    »Nein.«
    »Komm morgen um halb neun hin. Und wenn ich das nächste Mal deine Meinung über Baufragen hören will, dann frage ich danach, kapiert?«
    Außerhalb des Strahls seiner Taschenlampe war es stockfinster;
er konnte kaum sehen, wo er hintrat. »Du bist der Boss.«
    Er klappte sein Handy zu und stapfte, die Hände in den Hosentaschen, mit hängenden Schultern weiter.

NEUN
    K itty saß, die Knie an die Brust gezogen, in der Zinkwanne. Sie hatte sich ein zusammengelegtes Handtuch in den Nacken gelegt. Es wurde zwar klitschnass, aber das war die einzige Art, in dieser Wanne zu liegen, ohne sich den Kopf abzutrennen. Das und die Knie anzuziehen, damit die Waden nicht über den Rand hingen und man sich den Blutkreislauf abschnitt. Sie hatte den Heizstrahler dicht neben die Wanne gestellt und voll aufgedreht, damit sie, selbst wenn das Wasser kalt wurde – was ziemlich schnell geschah – und es Zeit wurde rauszugehen, noch volle zwanzig Minuten lang drinbleiben konnte, ohne allzu sehr zu frieren. Mum meinte, sie würde irgendwann einen elektrischen Schlag kriegen, aber Kitty war der Meinung, dass es angesichts des Zustands dieser Ruine egal war, wo sie sich den Tod holte.
    Sie hörte, wie draußen ein Auto vorfuhr, und fand nun, dass es Zeit wurde, sich ans mühsame Leeren der Wanne zu machen, die sie, wie immer, viel zu voll gemacht hatte. Nie wieder würde sie einen Abfluss für selbstverständlich halten, nahm sie sich vor. Es war unglaublich mühsam, Eimer um Eimer ins Wasser zu tauchen, bis die Wanne leer und damit leicht genug war, um sie anzuheben. Da überlegte man sich zweimal, ob man sie überhaupt füllen wollte. Als sie sich ins Handtuch wickelte, hörte sie, wie Matt seine Mutter lachend aufforderte, schon mal den Frühstückskaffee aufzusetzen.
    Die meisten Leute schimpften, wenn sie die Handwerker im Haus hatten. Kitty musste an die Mütter ihrer früheren Schulfreundinnen denken, wie sie sich über den Staub, den
Dreck, die Kosten und das Chaos beschwert hatten. Sie redeten darüber, als ob es ein Martyrium war, das man durchstehen musste. Wie eine Operation.
    Kitty fand das gar nicht. Es ging nun schon zehn Tage so, und obwohl sie auf Schritt und Tritt aufpassen musste, um nicht in irgendwelche Löcher im Boden zu treten, und keine Unterhaltung führen konnte, ohne durch das Kreischen eines Bohrers oder das Knallen irgendwelcher Dielen gestört zu werden, die aus ihren Verankerungen gerissen wurden, gefiel es ihr. Es war schön, Gesellschaft zu haben und nicht immer nur allein zu sein mit Mum, die meistens mit dem Kopf woanders war, und Thierry, der nie etwas sagte.
    Matt McCarthy redete mit ihr wie mit einer Erwachsenen, und seinen Sohn kannte sie von der Schule. Es fiel ihr schwer, einen Raum zu betreten, in dem sich Anthony aufhielt. Irgendwie machte er sie verlegen, und sie geriet ins Stottern. Sie wünschte, sie hätte mit ihren alten Freundinnen quatschen können. Die hätten ihr sagen können, ob er süß war, oder ob sie sich das bloß einbildete.
    Als Matt zum ersten Mal mit seinem Sohn aufgetaucht war, hatte sie sich geschämt, dass Anthony ihr Haus so zu sehen bekam. Er musste ja denken, dass sie immer so gelebt hatten! Sie hätte am liebsten gesagt: »Früher haben wir in einem normalen Haus gewohnt, weißt du. Mit Kühlschrank und allem.« Mum hatte angefangen, die Sachen, die gekühlt werden mussten, in Körben draußen vor dem Fenster aufzuhängen, wo die Füchse nicht an sie herankonnten, und das Obst in Orangennetzen, um es von den Mäusen fernzuhalten.

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