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Der Klang des Pianos: Roman (German Edition)

Der Klang des Pianos: Roman (German Edition)

Titel: Der Klang des Pianos: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Büchle
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Arm den Schweiß von der Stirn und stützte sich schwer auf seine Schaufel.
    „Du bist Rick? Der Deutsche, der Dylan die Braut weggeschnappt hat?“
    „Was?“
    Dylan, Adam und William lachten. Auch auf dem Gesicht eines Trimmers 9 , der mit einer Schubkarre neue Kohle vor Williams Füße kippte, lag ein breites Grinsen.
    „Wir wissen hier alles von jedem. Du wirst selten Männer finden, deren Arbeit sie im wahrsten Sinne des Wortes mehr zusammengeschweißt hat, als es bei Heizern und Trimmern der Fall ist.“ Williams Zähne leuchteten weiß aus seinem rußgeschwärzten Gesicht hervor. „In jedem Hafen sage ich mir, dass das die letzte Überfahrt war. Und jetzt steh ich schon wieder hier und schufte für den Chef auf der Brücke oben.“
    Er warf einen prüfenden Blick auf einen hin und her vibrierenden Zeiger und lud eine Ladung Kohlebrocken auf seine Schaufel.
    „Wir von der Schwarzen Gang hassen übrigens eure deutsche Kohle. Die aus dem Ruhrpott schmiert. Die Reste bleiben zäh wie Rindsleder zwischen den Rosten hängen und wir dürfen sie dann bei offenem Feuer mit Stangen raushauen.“
    „Gewaschene Yorker Kohle, das ist die einzig wahre“, schwärmte Dylan und zwinkerte Richard zu, belustigt über diesen Seitenhieb seines Kollegen.
    Als sie den Bereich der Kesselräume 1 bis 5 verließen, war Richard mit einer feinen schwarzen Staubschicht überzogen, sein Gesicht und die Arme mit den inzwischen hochgekrempelten Hemdsärmeln glänzten vor Schweiß. In den Maschinen-, Turbinen- und Kesselräumen des G-Decks herrschte eine so gewaltige Hitze, dass jegliche körperliche Betätigung eine reine Qual sein musste. Sein Respekt vor Dylan und seiner Arbeit war beträchtlich gewachsen.
    Adam stieg mit den beiden Freunden hinauf zur Brücke, wo sie nicht nur die Weite des Atlantiks, sondern auch die inzwischen hereingebrochene Dunkelheit empfing, und zeigte ihnen das Steuerhaus. Dylan wagte einen flüchtigen Blick in dessen Inneres. Er war, obwohl er seit Jahren zur See fuhr, noch nie auf einem Deck mit den Offiziersquartieren und den Rettungsbooten gewesen.
    Wenig später hockten sie auf dem Vorderdeck im Windschatten einer der Aufbauten und begannen im Schein der Sterne mit zwei weiteren Matrosen ein Kartenspiel.
    Plötzlich tauchte Paul vor ihnen auf.
    „Was machst du denn hier, Junge? Du darfst nicht einfach auf dem ganzen Schiff herumspazieren!“, sprach Adam ihn an, und der Junge betrachtete den Seemann mit vor Schreck weit aufgerissenen Augen. Dann setzte er sich schnell und ganz selbstverständlich neben Richard.
    „Hey, gehört der zu dir?“, fragte Dylan und lachte schon wieder. „Vielleicht hättest du Norah von ihm erzählen sollen!“
    „Wenn ich sie wenigstens mal sehen könnte! Dieses Schiff ist so groß“, brummte Richard. „Wir werden uns vermutlich während der gesamten Überfahrt nicht einmal über den Weg laufen.“
    „Natürlich. Immerhin bist du nur Zweite-Klasse-Passagier“, lästerte Dylan und spielte seine Karten aus. Die beiden anderen Matrosen warfen frustriert ihre Karten auf den Haufen und verabschiedeten sich schlecht gelaunt. Dylan sammelte zufrieden die klimpernden Münzen ein und ließ sie in seiner großen Hosentasche verschwinden.
    „Sie weiß noch nicht einmal von meiner Anwesenheit an Bord.“
    „Hast du ihr keine Nachricht zukommen lassen?“, fragte Adam erstaunt.
    „Ich wollte ihr einen Zettel unter der Tür ihrer Kabine hindurchschieben.“
    „Aber?“, bohrte Adam nach.
    „Zu viele Liebesbezeugungen.“ Dylan lachte über seinen eigenen Witz. „Deshalb war der Brief zu dick und hat nicht unter der Tür durchgepasst.“
    Richard warf dem jungen Iren einen gespielt bösen Seitenblick zu. Sehr leise, sodass er bei dem lauten Pfeifen des Fahrtwindes über das Schanzkleid 10 kaum zu hören war, gestand er: „Ich habe die Kabine nicht mehr gefunden.“
    Während die beiden Iren sich gegenseitig prustend auf die Schultern klopften, lehnte sich Richard mit dem Rücken gegen die weiße Verschanzung und blickte am Fockmast hinauf zum Mastkorb. Im fahlen Licht der Sterne konnte er dort zwei Personen ausmachen. „Ein zugiger Job da oben“, sagte er. „Was machen die da?“
    „Nach entgegenkommenden Schiffen Ausschau halten.“
    „Ohne Ferngläser?“
    Adam warf mit zusammengekniffenen Augen einen Blick zum Krähennest hinauf. Dann zuckte er mit den Schultern und wandte sich wieder an ihn. „Du willst doch nur von Norah und deinem fehlenden Orientierungssinn

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