Der Klang des Todes - Bartosch Edström, C: Klang des Todes - Furioso
also durch sie kennengelernt. Bevor er Emily heiratete und bevor ich Martin traf, hat er sich für mich interessiert. Die Gefühle waren jedoch nicht gegenseitig, und ich ließ ihn böse abblitzen. Schließlich war ich zu diesem Zeitpunkt wahnsinnig in Raoul verliebt. Das merkte Peder. Er erzählte mir, er wisse Bescheid, aber mir war das egal, da er mir nichts anhaben konnte. Seither hatte ich das Gefühl, dass er etwas gegen mich in der Hand hat. Er konnte jedoch nicht wissen, welches Ausmaß Raouls und meine Beziehung hatte. Raoul und ich waren immer äußerst diskret, aber wenn man weiß, nach welchen Zeichen man suchen muss, dann sieht man sie. Gestern wurde mir außerdem klar, dass er in Carolines und Louises Schwangerschaftspläne involviert war.«
»Peder behauptet, er sei Ihnen zwischen sieben und halb acht begegnet. Also höchstens eine Stunde vor Raouls Tod.«
Über ihre Handtasche gebeugt suchte Helena nach einem Labello, und zwar länger, als eigentlich glaubhaft war, dann fuhr sie sich sorgfältig damit über die Lippen.
»Ja«, war alles, was sie, immer noch mit gesenktem Blick, erwiderte. Jakob, Vendela und Ebba sahen sich rasch an.
»Das stimmt also?«, fuhr Ebba fort, und Helena nickte. »Und da waren Sie also zusammen mit Raoul im Atelier?«
»Ja«, antwortete Helena kühl.
»W arum haben Sie gelogen?« Ebba schlug die Beine übereinander und hob das Kinn.
»Ich wollte die Aufmerksamkeit natürlich nicht auf mich richten. Aber das bedeutet nicht, dass ich Raoul getötet habe.« Helena hielt kurz inne. »Und lassen Sie mich betonen, damit ich mir nicht noch wiederholte Male vorwerfen lassen muss zu lügen, dass ich ihn bei dieser Gelegenheit zum letzten Mal vor seinem Tode gesehen habe. Es war das letzte Mal, dass ich Raoul traf und mit ihm sprach.«
Ebba betrachtete sie. Eine Frau, die bedrückt war, sich jedoch weigerte, zusammenzubrechen.
»Als Sie Raoul im Atelier trafen, hatte er da einen Kratzer im Gesicht?«
Helena runzelte die Stirn, als würde sie aus dieser merkwürdigen Frage nicht recht schlau. Ihre Gedanken schienen auf sie einzustürmen, und sie starrte geistesabwesend auf ihre Hände. Dann schaute sie plötzlich hoch und sah Ebba direkt an. Einen Augenblick lang meinte diese, den Blick abwenden zu müssen, hielt dann aber doch stand, bis Helena mit einem Kopfschütteln die Augen schloss.
»Nein. Zumindest ist es mir nicht aufgefallen. Daran würde ich mich vermutlich erinnern.«
»W orüber sprachen Sie?«
»W ir sprachen natürlich über unsere Beziehung. Vielleicht sollte ich auch unsere ehemalige Beziehung sagen, denn wir sahen beide ein, dass es keine Möglichkeit gab, sich noch weiter zu treffen. Er sagte, er liebe Caroline und er wolle mit ihr ein neues Leben in New York beginnen.«
»W as haben Sie darauf geantwortet?«
Helena zuckte mit den Achseln. »W as sollte ich darauf schon antworten? Ich konnte das nur akzeptieren.«
»Ist Ihnen klar, dass Ihre Bilder von Raouls und Carolines Beziehung bislang recht widersprüchlich sind? Zu Anfang war es noch ein Flirt, und jetzt geben Sie zu, dass Raoul mit Caroline zusammenziehen wollte. Eine recht große Diskrepanz, finden Sie nicht auch?«
»Nicht unbedingt. Aber ich kann verstehen, dass Sie das so auffassen.«
»Ich frage mich, ob Sie versuchen, Caroline zu beschützen.«
»Das ist ein logischer Gedanke, und falls es mir möglich wäre, würde ich das auch tun. Aber ich kann ihr nur meine Unterstützung anbieten, falls sie diese überhaupt annimmt. Das sollte Sie aber nicht automatisch zu dem Schluss veranlassen, dass ich sie decke, weil ich sie für schuldig halte. Das habe ich Ihnen bereits erklärt.«
»Sie verstehen sicherlich, dass Sie das, was wir in Erfahrung gebracht haben, in einem schlechten Licht erscheinen lässt.«
»Ja.« Ihr versagte die Stimme, und ihre Lippen zitterten. »Aber wenn ich wirklich geplant hätte, Raoul zu töten, dann hätte ich ihm doch wohl nicht zwei Tage zuvor das Leben gerettet?«
Jetzt kamen die Tränen. Ganz still saß Helena da und weinte mit zu Boden gerichtetem Blick. Die Schultern zitterten. Vendela war gegen ihren Willen gerührt und biss sich auf die Unterlippe, um das nicht zu zeigen. Sogar Ebba zog sich eine Gänsehaut die Arme entlang. Sie musste sich sehr zusammennehmen, um klar zu denken. Denn Helenas Bekenntnis enthielt mehr, als auf den ersten Blick ersichtlich war. Ebba musste darum kämpfen, einen klaren Kopf zu bewahren, denn vielleicht handelte es sich
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