Der Klang des Todes - Bartosch Edström, C: Klang des Todes - Furioso
klar gewesen sein, dass uns Svante von diesem Anruf erzählen würde?«
»Sicher. Aber sie wollte Zeit gewinnen. Sie sieht ein, dass wir früher oder später erfahren, worum es geht. Bis dahin braucht sie Zeit, und genau die sollen wir ihr geben. Zeit.«
Der Himmel war bewölkt und drückte graudiesig und stumm gegen den Horizont und das Meer. Die Wasseroberfläche kräuselte sich leicht, und die schmalen Birken mit ihrem bronzefarbenen Laub raschelten in dem schwachen kalten Wind, der auffrischte, als das Polizeiboot die Insel verließ. Ebba stand auf dem Achterdeck und hielt sich den Mantel zu. Jetzt verließ sie den Ort, an dem Raoul Liebeskind seine letzten Tage verbracht hatte. Es kam ihr seltsam vor, in einer Mordsache zu ermitteln, für deren Opfer sie so viel empfand. Wie immer bei Mordermittlungen erfuhr sie Details, die in allerhöchstem Grade privat waren. Alles, was der engste Kreis hatte verbergen wollen, musste ans Tageslicht gebracht und analysiert werden.
Vendela erschien auf Deck und stellte sich neben sie. Der Wind packte ihr Haar und peitschte die roten Locken nach hinten. Ohne sie anzusehen, den Blick immer noch auf die Insel gerichtet, die im Herbstnebel verschwand, nahm Ebba die Erörterung wieder auf.
»W as würdest du tun, wenn du von einem Mann ein Kind erwarten würdest, den du gerade erst kennengelernt hast und der ermordet worden ist? Würdest du dich dann für einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden? Oder würdest du das Kind austragen, um die Liebe, so lange es geht, festzuhalten?«
Vendela dachte kurz nach und antwortete dann: »Mich darfst du das nicht fragen. Ich sehne mich nicht nach Kindern. Aber wie soll Caroline damit fertigwerden, unter diesen Umständen alleine Mutter zu werden?«, fuhr sie dann fort.
»Manchmal tritt der Fall ein, dass scheinbar unüberwindliche Hindernisse Menschen stärker machen. Vielleicht fühlt sie sich durch ihren Beschluss und das neue Leben, das ihre zukünftige Familie sein wird, geradezu gestärkt. Vielleicht führt das dazu, dass sie alle schlechten Angewohnheiten ablegt.«
»So, wie du das sagst, klingt es, als hätte sie eine Wahl. Als hinge alles nur von ihrer eigenen Kraft ab und als blieben ihr künftig psychische Krisen erspart, wenn sie sich nur zusammenreißen würde.«
»Nein. So habe ich das nicht gemeint. Aber ich finde, wir sollten sie nicht für unmündig erklären, bloß weil sie ihre Schwächen zeigt. Vielleicht gewinnt sie dadurch neue Energie und kann ihren Schmerz loswerden, im Unterschied zu jenen, die ihre Aggressionen in sich hineinfressen.«
»W ie Louise?«
»Genau.«
»Und Helena und Anna.«
»Ja.«
Inzwischen hatte es zu nieseln begonnen. Ebba bedeutete Vendela hineinzugehen. Im Salon saß Jakob mit Kajs Bericht. Er rückte beiseite, um ihnen am Tisch Platz zu machen.
»Also, was gibt es für inkriminierende Hinweise, Jakob?«, fragte Ebba.
Jakob räusperte sich und schob seine Papiere zusammen. »Nicht viele, wie du sicher weißt. Das Handy fand ja eine rasche Erklärung. Raoul hatte es selbst ins Wasser geworfen, sofern man Caroline glauben darf.«
»W as es ihm unmöglich machte, selbst jemanden anzurufen, als er Hilfe benötigte, nicht wahr?«, meinte Ebba. »Das war also das Handy. Und weiter?«
»W as Fingerabdrücke angeht«, fuhr Jakob fort, »haben wir kaum was in der Hand, da der Tatort nicht ermittelt ist.«
»Und es vielleicht auch nie werden wird«, meinte Ebba. »Im Atelier haben bestimmt alle Spuren hinterlassen.«
»Helena hat erklärt, dort gewesen zu sein«, warf Vendela ein.
»Okay, also alle waren dort. Peder dieses Mal allerdings nicht, aber sicher früher einmal. Momentan hoffe ich, dass er uns andere spannende Hinweise liefert.«
»Das Motorboot.«
»Genau«, meinte Ebba und lehnte sich mit verschränkten Armen zurück. »Ich vertrete die These, dass das Boot benutzt wurde, um Raoul zu versenken. Peder fährt mit der Leiche weg und wirft sie im offenen Wasser über Bord. Damit sie nicht entdeckt wird, zumindest nicht allzu schnell. Hat er Raoul umgebracht? Versucht er, die Leiche zu verstecken? Oder hat ihm jemand diese Aufgabe übertragen?«
»Das könnte in diesem Falle nur Louise gewesen sein. Schließlich sind sie sehr gut befreundet«, meinte Jakob. »Da sie die Hand verletzt hat, kann sie wohl kaum Raoul auf die Schulter wuchten, an Bord schaffen und dann über die Reling kippen.«
»Ist Louise unsere Mörderin?«, fragte Vendela.
»Falls Sie es war, dann hat sie Raoul
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