Der Klang des Todes - Bartosch Edström, C: Klang des Todes - Furioso
ob ein eine Anna Ljungberg betreffender Notruf eingegangen sei. Diese ging sämtliche Listen durch. Fünf Minuten verstrichen. Kein Treffer.
Eine schwache Ahnung, dass Anna sich absichtlich fernhielt, wuchs in ihr. Ebba rief Svante auf seinem Handy an.
»Svante, ich brauche sofort Hilfe. Sitzt du am Computer?«
»Ja, warte, gleich. Jetzt!«
»Besorg mir die Nummern sämtlicher Notaufnahmen der Stockholmer Krankenhäuser. Schick sie mir als SMS . Die erste Nummer kannst du mir gleich jetzt mitteilen.«
Sie bekam die Nummer des Karolinska Sjukhuset und ließ sich dort mit der Notaufnahme verbinden. Keine Anna Ljungberg war dort eingeliefert worden. Ihr Handy piepste: Die SMS von Svante. Nacheinander rief sie sämtliche Nummern an. Beim Södersjukhuset hatte sie endlich Glück. Sie stellte sich als Kommissarin der Polizei Danderyd vor und ließ sich dann über die Vermittlung der Polizei zurückrufen.
»Ja, wir haben eine Anna Ljungberg hier. Vierundvierzig Jahre alt.«
»W ann kam sie rein?«
»V or zehn Minuten.«
»W as ist passiert?«
»Suizidversuch.«
»Okay. Sie muss bei Bewusstsein bleiben. Und halten Sie sie um Gottes willen nicht davon ab, Ihnen das Herz auszuschütten. Und vergessen Sie nicht, ihre Äußerungen aufzuschreiben. Haben Sie das verstanden? Ich komme sofort.«
Ebba rannte zu ihrem Auto und versuchte gleichzeitig, Vendela eine kurze SMS mit einem Lagebericht zu schicken. Aber jeder Schritt hatte eine Erschütterung und dementsprechend viele Tippfehler zur Folge. Die neuen Lackschuhe eigneten sich eher dazu, mit übergeschlagenen Beinen in Luxusrestaurants zu sitzen, als sich rasch auf unebenen Pfaden fortzubewegen. Verärgert blieb sie stehen, um die Nachricht fertig zu schreiben.
In der Notaufnahme war es für einen Donnerstagnachmittag ungewöhnlich ruhig. Ebba zeigte ihren Ausweis, und wenig später erschien der diensthabende Arzt, ein junger Mann, der nicht älter war als Jakob, aber tiefe Ringe um die Augen hatte. Ebba fragte sich, ob das an den Arbeitszeiten oder an zu vielen Partys lag, vielleicht eine Kombination. Er hielt ein Formular in der Hand und las vor: »Anna Ljungberg wurde um 12.40 Uhr eingeliefert … Vermuteter Suizidversuch. Sie warf sich am Söder Mälarstrand ins Wasser. Zwei Jogger retteten sie und riefen den Krankenwagen. Sie war die ganze Zeit über bei Bewusstsein … Sie gab an, eine halbe Flasche Champagner getrunken und Dexofen geschluckt zu haben … die Proben werden noch analysiert … die Kombination Alkohol und Dexofen ist lebensbedrohend. Wir konnten ihr jedoch vor einem eventuellen Atemstillstand den Magen auspumpen. Die Wirkung klingt jetzt allmählich ab. Sie steht unter Beobachtung und hat zur Sicherheit eine Sitzwache. Sie wird bald auf die Intensivstation verlegt. Wenn Sie einen Augenblick warten, dürfen Sie mit ihr sprechen, sobald sie dazu in der Lage ist, Besuch zu empfangen.«
»Natürlich. Ich setze mich hier hin. Teilen Sie mir mit, wenn ich zu ihr rein darf?«
»Fragen Sie lieber noch mal nach«, sagte der Arzt und verschwand in Richtung Korridor.
Sie nahm auf einem Sessel Platz und zog ihr Handy hervor, um Vendela anzurufen. Da berührte eine Hand ihren Oberarm. Eine Krankenschwester deutete diskret auf ein Schild mit einem durchgestrichenen Handy. Ebba verließ das Gebäude und stellte sich vors Entree. Ihr fiel auf, dass ihr ein Anruf entgangen war. Außerdem hatte sie fünf SMS . Die erste von Svante, der hoffte, dass sich alles geklärt hätte. Vendela wollte wissen, ob sie ebenfalls ins Södersjukhuset kommen sollte.
Die dritte SMS war von Louise. Sie fragte nach, ob Ebba Anna gefunden habe. Sie bat um einen Anruf, falls etwas passiert sein sollte. Ebba überlegte, wie sie das Gelesene deuten sollte. Dieses Sich-ständig-verantwortlich-Fühlen und die ständige Überwachung wirkten fast schon bedenklich. Aber warum hätte sie Ebba darauf aufmerksam machen sollen, falls sie etwas zu verbergen hatte? Die nächste SMS war von ihrer Tochter, die wissen wollte, ob sie zum Abendessen vorbeikommen könne. Das Geld ihres Studiendarlehens war fast zu Ende, und sie war es leid, ständig nur Nudeln zu essen. Die letzte SMS kam von ihrem neuen Chef Pontus Strindberg. Kurz und prägnant: »Sind Absätze und Selbstmordkandidatin noch am Leben? Bericht erstatten. P.« Sie fühlte Ärger in sich aufsteigen. So etwas hätte sie als Chefin nie geschrieben. Überheblich und chauvinistisch. Sie verweilte bei diesem Gedanken. War sie vielleicht
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