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Der Klang des Todes - Bartosch Edström, C: Klang des Todes - Furioso

Der Klang des Todes - Bartosch Edström, C: Klang des Todes - Furioso

Titel: Der Klang des Todes - Bartosch Edström, C: Klang des Todes - Furioso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carin Bartosch Edström
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verdampfte, und ihre Hände wurden feucht. Die einzige Rettung in dieser Situation war, auf die Erinnerung ihrer Muskeln zu setzen. Ihre Finger sollten sich um das Spiel kümmern, während sich ihre Gedanken überschlugen. Sie hatte keine Ahnung, was sie spielte. Sie ließ ihren Händen freien Lauf. Irgendwo im Summen aller Instrumente nahm sie einen gedämpften Klang wahr, vermutlich ihre Stimme, die jedoch aus einer anderen Richtung zu kommen schien.
    »Nein, wartet!«, unterbrach Caroline zu Beginn des vierten Satzes. »Ich finde nicht, dass wir den ganzen Bogen spielen sollten. Es ist besser, den Strich nach der verbundenen Halbnote aufzuteilen und Ab-Auf zu spielen.«
    Raoul verzog spöttisch den Mund und schaute sie über seine Brille hinweg an.
    »Das ist ein Höhepunkt. Dieser gedehnte, unisone Ton ist gewollt. Hat Stenhammar dort einen ganzen Bogen angegeben, dann soll das auch so gespielt werden.«
    Caroline schob das Kinn vor und wandte sich an Louise. »W as meinst du, Luss?«
    Louise räusperte sich, um Zeit zu gewinnen. »W eißt du, ich meine, es ist das Beste, wenn Raoul die Übungen leitet.«
    »Aber wie hättest du entschieden?«
    Louise lachte und tauschte einen Blick mit Raoul. »Caro … Raoul hat mein volles Vertrauen.«
    Raoul musste sich anstrengen, ein Lachen zurückzuhalten.
    Verärgert darüber, nicht ernst genommen zu werden, zuckte Caroline mit den Achseln und schaute gleichgültig und uninteressiert in ihre Noten. »Okay, dann spielen wir es eben ein weiteres Mal.«
    Sie hoben ihre Bögen und spielten denselben Abschnitt ein weiteres Mal. Caroline brach erneut ab.
    »So gibt es nicht genug Kraft bis zum Schluss«, stellte sie ruhig fest und sah Raoul herausfordernd an. »Können wir nicht meinen Strich ausprobieren?«
    Raoul kicherte und erwiderte nachsichtig: »Natürlich. Wir können deine kleine Idee ausprobieren.«
    Sie spielten denselben Abschnitt erneut, und Raoul übertrieb die Phrasierung theatralisch.
    »W as soll denn das?!«, rief Caroline und drohte ihm mit dem Bogen.
    Raoul wandte sich mit gespieltem Unverständnis an sie.
    »Ich habe es so gespielt, wie du wolltest.« Er legte den Kopf auf die Seite. »Jetzt haben wir es ausprobiert. Können wir jetzt wieder richtig weiterspielen?«
    Was als banale Kontroverse begonnen hatte, drohte in einen Streit auszuarten. Louise schaute zwischen Raoul und Caroline hin und her und griff dann gelassen ein: »Lass uns einfach den letzten Satz ohne Unterbrechung spielen, um zusammen ein Gefühl für das Material zu entwickeln.«
    Caroline warf den Kopf in den Nacken und stampfte mit den Füßen auf. Im nächsten Moment hatte sie sich jedoch wieder gefasst. Ausdruckslos starrte sie an Raoul vorbei. Anna und Helena warteten ab.
    »Caroline«, sagte Raoul beiläufig. »Bist du Komponistin?«
    Sie schnaubte fassungslos.
    »Nein, bin ich nicht … «
    »V ielleicht solltest du erst einmal lernen, vom Blatt zu spielen, bevor du hier den Mozart gibst.«
    »Jetzt hör schon auf! Ich habe einfach nur eine andere Phrasierung vorgeschlagen, und du führst dich wie ein Diktator auf.«
    Raoul ließ ihre Worte im Saal verhallen, als schöpfe er aus der Provokation Kraft. Dann richtete er ganz ruhig seinen Bogen auf sie.
    »Jetzt«, begann er mit Schulmeisterstimme, »richtest du deinen Schwerpunkt etwas weiter vor. In einem einzigen Abwärtsstrich. Spiel es mir vor.« Er richtete seinen Bogen auf die anderen. »Nur Caroline.«
    Sie biss die Zähne zusammen und spielte der Phrase erneut.
    »Nein«, unterbrach sie Raoul verärgert. »Du bist nicht zielstrebig genug.«
    Verärgert breitete Caroline die Arme aus.
    »Bist du nicht ganz bei Trost? Ich weiß, wie man einen normalen Abstrich spielt.«
    »Offenbar nicht.«
    Caroline erhob sich aus Protest, und Louise beugte sich vor und hob beschwichtigend die Hand. »Lieber Raoul, könnten wir einfach … «
    Raoul ignorierte beide.
    »Noch einmal«, forderte er Caroline auf. Mit einem deutlichen Seufzer ließ sich Caroline wieder auf ihren Stuhl fallen und begann die Phrase von Neuem. »Und jetzt folgst du mit dem Arm«, sprach er weiter, während sie spielte, und legte ihr die Spitze seines Bogens in die Armbeuge, um ihr so zu zeigen, wie sie den Strich in der von ihm gewünschten Länge und Geschwindigkeit fortsetzen konnte. »So. Da haben wir es. Hast du den Unterschied gespürt?«
    Caroline war hochrot im Gesicht und weigerte sich weiterhin, ihn anzusehen. Als er sie mit seinem Bogen berührt hatte, hatte

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