Der Klang des Todes - Bartosch Edström, C: Klang des Todes - Furioso
Anna kicherte nervös und stupste Raoul an. Aber sie stieß nicht auf Widerstand. Raoul glitt einfach vom Stuhl.
Caroline stieß einen kurzen hysterischen Schrei aus und presste die Hand auf den Mund. Dann verstummten alle gleichzeitig. Klappernd fiel das Besteck auf den Tisch. Sie sahen sich kurz an, dann beugte sie sich vor. Raoul lag reglos auf dem Boden und starrte an die Decke.
»Mein Gott! Er hat einen Herzinfarkt!«, schrie Anna und schob ihren Stuhl beiseite, um ihn unter dem Tisch hervorzuziehen. Zusammen mit Caroline schleifte sie ihn auf den Teppich.
»Helena! Komm schon! Tu was!«, keuchte Caroline und fuchtelte mit den Händen vor dem Gesicht ihrer Schwester. Helena sprang auf und eilte zu Raoul. Sie stieß Anna beiseite, die sie vorwurfsvoll ansah. »W as tust du?«
»Mach Platz!«, befahl Helena und ließ sich neben Raoul auf die Knie fallen. Sie fühlte am Hals nach seinem Puls und schlug ihn leicht auf die Wangen. »Raoul!« Ihre Stimme war hart und laut. »Raoul, komm schon!« Er antwortete nicht. Das Blut wich aus seinem Gesicht, und die Haut wurde aschfahl. Seine Augen begannen zuzuschwellen.
»Das ist eine allergische Reaktion!«
»W ie bitte?« Anna saß neben Raoul und hielt seine Hand. Sie starrte Helena vorwurfsvoll an. »W oher weißt du das?«
»Ich bin verdammt noch mal Ärztin. Wogegen ist er allergisch?«
»Ich rufe den Rettungshubschrauber«, rief Louise und machte sich panisch an ihrem Handy zu schaffen. »V erdammt! Ich habe keinen Empfang!«
»W ogegen ist Raoul allergisch? Scheiße! Beeilt euch! Eier? Nüsse?«, brüllte Helena.
»Erdnüsse!« Annas Stimme überschlug sich. »Ich erinnere mich nicht! Weißt du das denn nicht, Louise? Verträgt er keine Erdnüsse? Könnte es das sein? Mein Gott!«
»Aber es sind doch wohl keine Erdnüsse im Essen?«, murmelte Caroline. Sie stand wie angewurzelt da und klammerte sich mit den Händen am Tisch in ihrem Rücken fest. Nervös schrappte sie mit den Fingernägeln an der Tischplatte.
»Du!«, schrie Helena und sah Caroline an. »Du rennst in sein Zimmer und schaust in seinem Necessaire nach, ob er Medizin dabeihat.«
Caroline rannte los. »Das müssten Spritzen sein!«, rief ihr Helena hinterher. Wenig später waren Carolines klappernde Schritte wieder auf dem Weg zur Küche zu hören.
»Ich finde nichts! Es gibt keine Spritzen!«, schrie sie, und die Tränen liefen ihr über die Wangen. In einer Hand hielt sie das Necessaire, mit der anderen wühlte sie. Zahnbürste, Deo, Kondome und Pflaster flogen in der Küche herum. Schließlich hob sie die Hände an ihr entsetztes Gesicht und stand einfach da und schüttelte den Kopf. Sie konnte die Situation nicht fassen.
Raouls Gesicht war noch bleicher geworden, und seine Lippen schimmerten blaulila.
»Louise!«, rief Helena. »Hast du Adrenalin? Spritzen gegen Schlangengift! Hier gibt es doch im Sommer eine Unmenge Kreuzottern. Die Hausapotheke. Beeil dich!«
»Ich schaue sofort nach!« Louise rannte los und stieß mit Caroline zusammen, die gegen die Anrichte taumelte und sich den Ellbogen anstieß. Der elektrisierende Schmerz, der ihren Arm betäubte, entlockte ihr einen Schrei. Anna hatte sich neben Raoul auf den Boden sinken lassen und klammerte sich weiterhin an seiner Hand fest. Schluchzend beugte sie sich über sein Gesicht und liebkoste seine Wange. Helena stieß sie unsanft beiseite und kniete sich breitbeinig über Raoul.
»W as machst du da, bist du blöde?«, fauchte Anna, und Helena sah sie ungnädig an. Mit aller Kraft ohrfeigte Helena Raoul. Sie schlug so fest, dass sein lebloser Kopf hin- und hergeworfen wurde, als handele es sich um die Satire auf eine theatralische Strafpredigt.
»Bist du nicht ganz bei Trost?«, brüllte Anna und versuchte Helena von Raoul wegzuzerren. »Er leidet auch so schon genug!« Sie packte Helenas Oberarme von hinten, sodass diese nicht mehr an Raouls Gesicht kam.
»Lass mich los, verdammt!« Es gelang Helena, ihre Arme wieder an sich zu ziehen. Sie rammte Anna einen Ellbogen in die Rippen. »Ich versuche, sein eigenes Adrenalin in Gang zu bringen.« Anna schien sie nicht zu hören. Sie hämmerte weiter mit ihren Fäusten auf Helena ein.
»Anna! Anna, hör auf! Sie hilft Raoul doch!« Caroline fing Annas einen Arm auf, bekam aber einen Schlag ins Gesicht. Mit festem Griff packte Caroline Annas Haar und riss ihr den Kopf zurück. Sie schrie auf.
»Hör auf! Du bist doch vollkommen übergeschnappt, du verdammtes Dreckstück!«
»Du
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