Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Klang des Verderbens

Der Klang des Verderbens

Titel: Der Klang des Verderbens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leslie Parrish
Vom Netzwerk:
musste!«
    Als Ronnie die vertraute Stimme hörte, nickte sie dem Sicherheitsmenschen freundlich zu, der sie gerade ins Hauptgebäude hineingelassen hatte, und wandte sich Dr. Tate zu. Wie immer musste sie beim Anblick des alten Mannes lächeln. Nicht zum ersten Mal ging ihr der Gedanke durch den Kopf, dass er wie eine Mischung aus Ichabod Crane, den der Kopflose Reiter berühmt gemacht hatte, und Albert Einstein aussah, mit dem sein Intellekt so oft verglichen wurde. Er war groß und dünn mit langen, schlaksigen Gliedmaßen, hatte eine hervorstehende Nase und schneeweißes Haar, das ihm bis auf die Schultern fiel. Tate sah aus wie immer, mit seinem schlecht sitzenden schwarzen Anzug, leicht speckiger Fliege und dieser Aura aufrichtigen Wohlwollens.
    »Schön, Sie zu sehen, Sir«, sagte sie und streckte ihm die Hand entgegen.
    Er ignorierte die Hand und zog sie an seine Brust. »Ich freue mich wahnsinnig, dass Sie hier sind. Es gibt so viel zu besprechen.«
    Sie keuchte, als er ihr die Luft aus der Lunge drückte – in diesen alten Armen steckte ganz schön viel Kraft! –, und trat schließlich schmunzelnd einen Schritt zurück. »Ja, da haben Sie recht.«
    »Ist Jeremy schon da?«
    Sie erstarrte.
    »Special Agent Sykes? Sind Sie nicht zusammen gekommen?«
    »Ich weiß nicht, was Sie …«
    »Natürlich weißt du das, Veronica«, ertönte eine gelassene, tiefe Stimme hinter ihr.
    Sie schloss die Augen, holte tief Luft und bereitete sich innerlich auf diese Begegnung vor. Verdammt. Sie hatte nicht damit gerechnet, Sykes so bald wieder über den Weg zu laufen, nachdem sie sich bei seiner Abreise nach New York vor einem Monat im Streit getrennt hatten. Er hatte gewollt, dass sie das, was zwischen ihnen vorging, irgendwie beim Namen nannten. Sie hatte sich geweigert. Ihre anschließenden Telefonate und E-Mails waren kurz angebunden gewesen, und Ronnie hatte sich eingeredet, dass ihr das total egal sei, weil es bei ihnen nur um Sex gegangen sei.
    Aber sie war nie gut im Lügen gewesen … vor allem nicht gegenüber sich selbst. Es war ihr keineswegs egal.
    Sie öffnete die Augen, schluckte trocken und drehte sich um. Sykes kam gerade von der Eingangsschleuse herüber. Bei seinem Anblick entfuhr ihr ein kleiner Seufzer. Mit diesem Kopf war der Mann der personifizierte Lexikoneintrag zu klassischer Schönheit – markantes Kinn, tief liegende blaue Augen, dazu das dichte, nachlässig verwuschelte dunkelblonde Haar und der muskulöse Körperbau … groß und schlank und so selbstsicher, dass an Sykes sogar die Standard- FBI -Agentenuniform wie die maßgeschneiderten dunklen Anzüge aussah, die in der guten alten Zeit getragen wurden, bevor alle Gesetzeshüter, außer den verdeckt ermittelnden, in Uniform arbeiten mussten.
    An ihr war nun wahrlich kein romantisches Mädchen verloren gegangen, aber als er näher kam, tat ihr Herz einen kleinen Hüpfer.
    »Hallo, Detective Sloan.«
    »Special Agent Sykes«, grüßte sie ihn zurückhaltend und betete, die Anspannung zwischen ihnen, die sie selbst so deutlich spürte, möge Dr. Tate und allen anderen in der Eingangshalle verborgen bleiben.
    »Jeremy, mein Lieber«, rief der Doktor und packte sich Jeremy für eine seiner knochenbrecherischen Umarmungen. Sykes lächelte, als er ihn freigab. Er trat einen Schritt zurück, warf einen kurzen Blick zu Ronnie und hob die Augenbraue, als wollte er fragen:
Und wo bleibt deine Begrüßungsumarmung?
    »Träum weiter«, murmelte sie.
    »Das habe ich«, antwortete er mit leiser Stimme, nur für ihre Ohren. »Jede Nacht, seit ich weggefahren bin.«
    Wieder so ein Hüpfer.
Der Mann raubte ihr noch den letzten Nerv.
    »Könnte mir bitte jemand erklären, worum es überhaupt geht?«, bat Tate. »Mir wurde bloß gesagt, dass Jeremy heute Vormittag herkommt, kurz bevor ich erfahren habe, dass Veronica das Gebäude betreten hat.«
    Sie ahnte, warum Sykes hier war. »Hast du eine E-Mail bekommen?«, fragte sie.
    Er nickte kurz. »Ja, und zwar mit einem ziemlich unschönen Anhang.«
    »Ein Raum mit Betonwänden und einem Folteropfer?«
    »Das trifft es ziemlich genau.«
    »Dann haben wir wohl das Gleiche bekommen.«
    »Interessant, findest du nicht?«, grübelte er nachdenklich. »Dass er ausgerechnet uns beide anschreibt?«
    Das war nicht nur interessant, es war sehr vielsagend. Und verstörend. Kontakt zu einem einzelnen Ermittler aufzunehmen war ein Spiel. Zu zweien – das klang nach einer dreisten Provokation. Natürlich forderte er Ronnie

Weitere Kostenlose Bücher