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Der Klang des Verderbens

Der Klang des Verderbens

Titel: Der Klang des Verderbens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leslie Parrish
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worden waren. Und kriminelle Elemente pflegten sie schnellstmöglich loszuwerden.
    Jeremy las weiter auf seinem Handy und fuhr fort. »Die Leichen sind am Mittwoch, dem 30. November, gegen vier Uhr nachmittags gefunden worden. Ein Gartenpfleger hat Blut unterm Garagentor hervorsickern sehen und Verwesungsgeruch wahrgenommen, also hat er die Polizei angerufen.«
    »Weiß man ungefähr, wie lange sie da drin lagen?«, fragte Ronnie.
    »Nach der herkömmlichen Methode, anhand der Leichenflecke, Körpertemperatur und des Entwicklungsstadiums von Maden, gibt der Gerichtsmediziner an, dass Ortiz bei seinem Fund ungefähr seit sechsunddreißig Stunden tot war; seine Wachen hingegen einige Stunden länger, vierzig oder mehr.«
    Sie alle schwiegen für einen Moment und ließen dieses Ergebnis auf sich wirken. Seine Männer waren mehrere Stunden vor ihrem Chef gestorben. Wenn man auf etwas Schönes wie den Weihnachtsmorgen oder ein neues Smartphone wartete, vergingen vier Stunden wie im Flug. Aber vier Stunden unbarmherziger, brutaler Folter? Du lieber Himmel.
    »Also«, überlegte Dr. Cavanaugh, »die Wachen sind am Montag gegen Mitternacht gestorben, ihr Boss gegen vier Uhr morgens am Dienstag. Der Mörder hat den Ablauf von Anfang an gut durchgeplant.«
    »Warum?«, fragte Ronnie.
    »Die Uploads aus den Nachtstunden unserer Testpersonen schauen wir uns kaum an.«
    »Weil wir alle schlafen«, sagte Jeremy. »Viel gibt’s da nicht zu sehen.«
    »Ganz genau.«
    »Tja, unser Mann hat in der Nacht jedenfalls nicht geschlafen. Können Sie die Back-ups von diesem Datum abrufen?«, fragte Ronnie.
    »Natürlich«, antwortete Cavanaugh. »Wir werden alles überprüfen, was wir haben.«
    Ronnie rechnete noch einmal mit dem Datum herum. »Der Neunundzwanzigste?«, murmelte sie. »Mist.«
    Ihr neuer Brieffreund war einer von den ganz Geduldigen, der alle Eventualitäten berücksichtigte. Hätten sie die E-Mails auch nur einen Tag früher erhalten, hätten sie Dr. Tate und Dr. Cavanaugh bitten können, jeden Teilnehmer aufzufordern, ihre Back-ups vom Neunundzwanzigsten hochzuladen. Jeder, der sich der Aufforderung widersetzte, wäre sofort genauer unter die Lupe genommen worden, was ihren Kreis der Verdächtigen beträchtlich hätte schrumpfen lassen. Inzwischen konnte
niemand
dieser Aufforderung mehr nachkommen.
    Jeremy hatte ihren leisen Fluch offenbar gehört. »Ja, das hatten wir ja befürchtet. Er hat sichergestellt, seine Back-ups von der Mordnacht gar nicht mehr abliefern zu können.«
    »Vielleicht haben wir Glück, und die fragliche Nacht war sein zufällig ausgewählter Tag zum Hochladen«, sagte Dr. Cavanaugh.
    Ronnie schüttelte bereits den Kopf. »Irgendwie bezweifle ich, dass er den Beweis dafür, dass er jemanden abgeschlachtet hat, hochgeladen hätte. Er hätte irgendeinen Ausweg gefunden. Eine Ausrede.« Mit einem kurzen Blick vergewisserte sie sich, dass Jeremy derselben Ansicht war. »Nein, er hat abgewartet, bis er absolut sicher sein konnte, dass alle Spuren verwischt waren, bevor er uns diese Mails geschickt hat. Wenn er uns nicht dazu gebracht hätte, danach zu suchen, hätte niemand weiter über seine fehlenden Daten nachgedacht.«
    Stirnrunzelnd räumte Dr. Cavanaugh ein, dass Ronnie wohl recht hatte. »Wir können diese Daten wiederfinden, egal wie er sie gelöscht hat.«
    Hoffnung stieg in ihr auf. »Aus der Ferne?«
    Die beiden Wissenschaftler sahen sich an, dann schüttelte Cavanaugh langsam den Kopf. »Nein, das wohl nicht. Wir müssten die Festplatte im Labor haben.«
    Die eine richtige Festplatte von tausendneunhundert verschiedenen. Das war die sprichwörtliche Nadel im Heuhaufen.
    Dr. Tates Schultern sackten herab, sein Kopf senkte sich, die weißen Haare fielen ihm lose über die schwarzen Anzugschultern. »Du meine Güte, auch dabei haben wir einen Fehler gemacht. Wir können auf jeden Chip drahtlos zugreifen … die Back-up-Speichereinheiten hätten wir mit derselben Technik ausstatten sollen.«
    Dr. Cavanaugh tröstete ihn wieder. »Bitte, Phineas, regen Sie sich nicht auf. Ich kann es nur wiederholen – woher hätten wir wissen können, dass wir das Gerät jemandem implantieren, der solche abscheulichen Verbrechen begehen würde? Sie dürfen sich keine Vorwürfe machen.«
    »Ich war der, der beschlossen hat, zu einem Zwei-Wochen-Rhythmus überzugehen«, gab er zurück, und seine souveräne Stimme war von Bedauern erfüllt.
    »Sie hatten keine Wahl«, warf Ronnie ein, die pragmatischer dachte.

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