Der Klang des Verderbens
mit dem Kinn zu dem zweiten Officer. »Das ist mein Partner, Detective West.«
Der jüngere Bulle, korpulent und breitschultrig, grummelte mürrisch einen Gruß. Ronnie fragte sich, wie viel Mist Gutierrez sich bei der Arbeit wohl anhören musste. Sah es in Kalifornien anders aus als in D.C., was Sexismus im Polizeiapparat anging? Sie selbst musste von Männern in ihrer Truppe, denen der rasche Aufstieg einer Frau nicht in den Kram passte, weiß Gott genug aushalten. Sicherlich schlug einem dieser Widerwille nicht von jedem entgegen, aber ein paar Schwachköpfe gab es immer. West schien genau so einer zu sein.
Nachdem sie sich einander vorgestellt hatten, kam die sachlich wirkende Frau gleich zum Punkt. »Und warum interessieren sich das FBI und die Washingtoner Polizei für den recht unappetitlichen Tod unseres hiesigen Drogendealers?«
»Wir vermuten, dass es eine Verbindung zu einem Fall gibt, an dem wir gerade arbeiten«, antwortete Ronnie, die wegen der Sicherheitsvorschriften nichts über die OEP -Bilder verlauten lassen durfte. Es gab ein paar OEP -Ermittler in der Gegend von Los Angeles, die sie und Sykes auf jeden Fall hinzuziehen würden, wenn es nötig wurde, aber erst einmal wollten sie lediglich allein den Tatort begehen, um einen eigenen Eindruck zu bekommen.
»Ist in eurer Ecke auch ein Drogenboss mit Verbindung nach Südamerika zu Hackfleisch verarbeitet worden?«
»Nicht ganz«, erwiderte Ronnie ausweichend.
Die andere Polizistin wartete kurz, und als Ronnie nichts weiter hinzufügte, zuckte sie gutmütig mit den Schultern. »Sie sagen Bescheid, wenn Sie was Brauchbares finden?«
»Auf jeden Fall«, versicherte Ronnie ihr. »Sind Sie einverstanden, wenn wir uns das Haus jetzt auf eigene Faust ansehen?« Sie wollte zum Vergleich die Standbilder von den Videos, die ihr Mörder ihnen geschickt hatte, hervorholen, aber den örtlichen Polizisten lieber keine Erklärung dafür liefern.
Gutierrez’ jüngerer Partner sträubte sich sichtlich. Doch sie, die mehr Erfahrung besaß und wusste, wie wichtig die Zusammenarbeit zwischen den Behörden war, nickte. »Ist gut. Wir machen auf. Allerdings mieft es da drin wahrscheinlich ziemlich übel. Seit der Tat vor ein paar Wochen ist das Haus abgesperrt.«
»Sechzehn Tage lang«, murmelte sie und dachte wieder daran, wie gewieft ihr Schurke war. Dr. Cavanaugh hatte gestern per E-Mail dazu aufgerufen, dass alle, die noch ihre Dateien vom 28. und 29. November besaßen, diese zum Zentralrechner hochladen sollten. Bisher hatte sie von weniger als zehn Prozent der Teilnehmer eine Rückmeldung erhalten.
»Die Wachen wurden in der Garage gefunden«, erzählte Gutierrez. »Ortiz befand sich in einem kleinen, schalldichten Raum, den er offenbar selbst ins Haus eingebaut hatte. Dreimal dürfen Sie raten, wozu.«
Einen Raum mit dicken, weißen Betonmauern, vermutete Ronnie. »Das Raten kann ich mir wohl sparen«, murmelte sie.
Sie folgten den kalifornischen Officers zur Haustür und sahen zu, wie sie das Absperrband beiseitezogen und aufschlossen.
»Ortiz’ Anwalt liegt uns in den Ohren, das Haus den Angehörigen zu überlassen.«
»Gibt es nahe Verwandte?«
Gutierrez nickte. »Eine betagte Mutter und eine Schwester – Studentin an der University of California hier in Los Angeles. Vermutlich wurde das schmutzige Geld ihres Bruders in ihre seriöse Zukunft gesteckt.«
»Werden Sie ihnen das Haus überlassen?«
»Das wird von der Drogenfahndung gerade geprüft. Ortiz war einer der Hauptakteure in diesem ganzen Netzwerk, und vermutlich liegt auf jedem Penny, den er besitzt, eine feine Schicht weißes Pulver. Ich bezweifle, dass seine Erben irgendwas davon sehen werden.«
»Wie lange spielte Ortiz schon so eine zentrale Rolle?«, fragte Jeremy.
»Seit einigen Jahren«, erwiderte Gutierrez. »Er ist in einer Sozialbausiedlung aufgewachsen und wurde schon in richtig zartem Alter rekrutiert. Seine Familienverbindungen nach Venezuela haben ihm gegenüber ein paar der lokalen Jungs einen Vorteil verschafft, und er wurde als der weiße Highway der Westküste bekannt.«
»Und wie hat er es geschafft, nicht im Gefängnis zu landen?«
Gutierrez schnaubte. »Weil er andere Leute hat, die die Drecksarbeit für ihn machen. Und irgendwie verschwinden die Zeugen immer in irgendwelchen Löchern, wenn es so aussieht, als würde ein Teil des Drecks auf ihn rüberspritzen.«
»Jetzt nicht mehr«, brummte Sykes.
»Nein, das stimmt. Jetzt nicht mehr«, stimmte sie ihm zu
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