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Der Klang des Verderbens

Der Klang des Verderbens

Titel: Der Klang des Verderbens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leslie Parrish
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befestigt war. Das Waschbecken in der Ecke und der verschmierte Spiegel darüber.
    »Kein Zweifel«, murmelte sie. »Es war genau hier.«
    »Definitiv.«
    »In Schwarz-Weiß gefiel es mir irgendwie besser.«
    »Mir auch.«
    Einfach nur um sicherzugehen, holte sie ihr Tablet heraus, schaltete es ein und strich über das Display, bis sie den Ordner mit den OEP -Bildern gefunden hatte. Die beiden ließen den Blick zwischen Bildschirm und Raum hin- und herwandern, Foto für Foto, und rekonstruierten mehrere Minuten dessen, was an diesem Ort vor sechzehn Tagen geschehen war. Wenn Gewalt eine Spur auf der Welt hinterließ, irgendeine Art fühlbarer Prägung, dann musste dieser Raum vor negativer Energie nur so strotzen. Die leuchtend roten Spritzer vermittelten noch mehr von dem Grauen als die schwarz-weißen Bilder in den E-Mail-Anhängen.
    Wie in stiller Übereinkunft blieben sie beide an der Tür stehen. Egal was Angelo Ortiz für ein Mensch gewesen war, seine letzten Stunden auf dieser Erde gehörten zum Schlimmsten, was Ronnie je gesehen hatte. Dieser Ort war so still wie ein Grab und für immer als solches gebrandmarkt. Selbst wenn man ihn reinigen und überstreichen ließ und wenn irgendein unwissender Hauskäufer in ferner Zukunft in dieser Villa einzog, würde dem Raum die Aura der Gewalt und des Bösen anhaften. So etwas konnte nicht weggeschrubbt werden.
    »Ich glaube, ich habe jetzt genug gesehen«, sagte Jeremy schließlich. »Wir wissen, was sich hier abgespielt hat.«
    »Jetzt müssen wir herausfinden, warum. Und wer es war.«
    »Wollen wir los? Ich würde mir jetzt gern den Bericht anschauen.«
    »Alles klar«, stimmte sie zu.
    Er hob das Band hoch, sie duckte sich zuerst und wartete dann im Flur, während er das Licht ausschaltete und sich anschickte zu gehen. Doch als sie gerade aufbrechen wollten, hörte Ronnie ein schwaches Geräusch, ein leises, verstohlenes Schaben. Es kam aus einem der benachbarten Zimmer.
    Die Detectives hatten gesagt, dass sie draußen warten würden. Das Haus war als Tatort abgeriegelt, und eigentlich sollte niemand hineingelangen.
    Sykes stellte sich neben Ronnie. Sie legte sich den Finger an die Lippen. Er stellte keine Fragen, sondern ging sofort in Alarmbereitschaft.
    Ronnie entriegelte ihr Hüftholster und legte die Hand auf den Griff ihrer Waffe. Mit einem Nicken deutete sie auf die Tür nebenan – war es das Büro? Das Gästezimmer? Schwer zu sagen.
    Wieder ein Geräusch. Leise, gedämpft. Jemand versuchte krampfhaft, unentdeckt zu bleiben.
    Sykes gab ihr mit einer Handbewegung zu verstehen, dass auch er es gehört hatte. Wortlos einigten sie sich auf einen Plan – Tür eintreten, in voller Einsatzbereitschaft hineinstürmen.
    Sie zogen ihre Waffen. Jeremy stellte sich vor sie und ließ die Tür mit einem kraftvollen Tritt nach innen auffliegen. Ronnie folgte ihm sofort ins Zimmer; er wandte sich nach oben rechts, sie sich nach unten links.
    Der Eindringling befand sich unten links.
    Ronnie nahm flüchtig eine Bewegung wahr – schwarzer Mantel, ein dunkler Gegenstand in einer Hand, die auf sie zuschnellte.
    »Polizei, keine Bewegung!«, bellte sie und machte sich darauf gefasst zu feuern.
    Zum Glück hielten ihre Ausbildung und ihr Instinkt sie davon ab. Denn der Gegenstand, der wie eine Pistole ausgesehen hatte, entpuppte sich als Tacker. Und die Person, die ihn hochhielt, sah aus, als würde sie sich jeden Moment vor Angst in die Hose machen.
    »Fallen lassen!«, befahl Ronnie, um auf Nummer sicher zu gehen.
    Das Mädchen, beziehungsweise die blutjunge Frau – hübsch, mit dickem, rotbraunem Haar und dunkelbraunen Augen –, ließ den Tacker los.
    »Aufstehen«, kommandierte Jeremy, ohne die Waffe zu senken.
    Langsam erhob sich das Mädchen von den Knien. Sie hatte in der Ecke neben einem riesigen, unordentlichen Schreibtisch gehockt, und als sie aufstand, sah Ronnie ein kleines Bündel Geldscheine aus ihrer Hand auf den Boden purzeln.
    Drogengeld, keine Frage.
    »Bitte nicht schießen, ich wollte doch bloß ein bisschen Zeug holen!«
    Genau, Zeug … Nicht auszuschließen, dass das Mädchen ein Junkie war und nachsehen wollte, ob Angelo eventuell Drogen im Haus lagerte.
    »Sie befinden sich an einem Tatort«, sagte Ronnie streng. »Sind Sie bewaffnet?«
    Das Mädchen schüttelte nachdrücklich den Kopf.
    »Was dagegen, dass ich das überprüfe?«
    Es zögerte.
    »Falls ja, können wir Ihnen auch Handschellen anlegen und Sie mit zur Wache nehmen, um uns darüber zu

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