Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Klang des Verderbens

Der Klang des Verderbens

Titel: Der Klang des Verderbens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leslie Parrish
Vom Netzwerk:
nicht zu Hilfe kommen.«
    Das war eine lange Liste. Sie wusste, dass man noch mehr Gruppierungen hinzufügen konnte. Needham hatte gegen das Recht, eine Waffe zu tragen, gewettert, gegen jegliche nicht-humanitäre Hilfe für Opfer von Völkermord, gegen Zusammenarbeit mit Friedenskämpfern, gegen die Rettung von Amerikanern, die in fremden Ländern gefangen saßen, gegen diplomatische Sanktionen, gegen den Vereinigten Generalstab und alle Truppengattungen des Militärs, gegen die Todesstrafe, gegen Abtreibung, gegen die Mafia und Polizei und Bürgerwehr und Sekten und Gefängnis und gegen ungefähr jeden, der jemals die Hand gegen einen Mitmenschen erhob.
    Offen gestanden wusste Ronnie nach der Lektüre seines Buches nicht genau, was sie über den verstorbenen Needham denken sollte. Er hatte das Herz am rechten Fleck gehabt. Er war Idealist gewesen, jemand, der die Welt so sah, wie sie sein könnte, wie er sie haben wollte. Ein Utopia, wo die Menschen ihre Brüder und Schwestern liebten, wo es keinen Mord gab, Genozid nicht mehr als ein böser Traum war, wo alle Regierungen zusammenarbeiteten, um den Hungernden etwas zu essen zu geben, den Armen ein Dach überm Kopf und um das Wohlergehen der gesamten Menschheit zu befördern.
    Es war eine nette Geschichte. Eine schöne Idee.
    Aber ein Märchen.
    So klug Dr. Needham auch gewesen sein mochte, offensichtlich hatte er nicht viel von der Menschheit begriffen. Der Mensch war eine grausame Bestie, ein Raubtier. Alle Kundgebungen der Welt konnten ihm keine zweihundertfünfzigtausend Jahre Blutrünstigkeit austreiben. Bestenfalls konnte man darauf hoffen, dass die Menschen durch Bildung und Erziehung dahin gelangten, diesen Instinkt zu unterdrücken, ohne aber vorzutäuschen, dass es ihn gar nicht gab.
    Ronnie hatte vor Jahren einmal eine Geschichte von einem jungen Genie gelesen, das so angewidert von der Gewalt dieser Welt war, dass es in die Wasserleitungen eine beruhigende Chemikalie eingeführt hatte, die den Leuten die Kriegslust austreiben und ihre Liebeslust erhöhen sollte. Und dann hatten alle den Verstand verloren und waren zu hirnlosen Robotern geworden.
    Sie hatte in ihrem Leben einfach zu viel erlebt, um jemals daran zu glauben, dass die Gattung Mensch zu Frieden fähig war. Menschen waren Wölfe, keine Schafe; Haifische, aber keine Kühe. Das ändern zu wollen war schön und gut, doch wenn jemand wie Needham es schaffte, die Politik eines Landes wie die Vereinigten Staaten zu beeinflussen … tja, vielleicht war es gar nicht so verwunderlich, dass ihm kein langes glückliches Leben vergönnt war. Hier hatte eindeutig jemand die Botschaft gehasst und den Boten dafür getötet.
    »Wer zum Teufel sind Sie denn?«, ertönte eine barsche Stimme.
    Ronnie wirbelte herum und sah nur knapp einen Meter vor sich eine ältere Dame stehen, die mit dem Finger auf sie zeigte. Nur ein dünner Hausmantel schützte sie gegen die Kälte der Chicagoer Nacht, und völlig unerschrocken kam sie näher, wobei ihre Pantoffeln auf dem reifbedeckten Gras knirschten.
    »Ich bin Mitglied der Nachbarschaftswache. Die Polizei habe ich schon gerufen, verschwinden Sie also lieber von hier. Anständige Leute kommen tagsüber her, nicht mitten in der Nacht.«
    »Wir
sind
die Polizei, Ma’am«, erwiderte Ronnie und öffnete den Reißverschluss ihres Mantels, um ihre Uniform zu präsentieren. Außerdem holte sie ihre Brieftasche hervor und zeigte ihre Dienstmarke. Sykes tat dasselbe.
    Die Dame musterte sie misstrauisch, kam näher, um ihre Ausweise zu lesen, dann verließ das wütende Funkeln ihren Blick und wich einem bloßen Stirnrunzeln. »Was stehen Sie dann noch hier rum? Warum schnappen Sie nicht die Ungeheuer, die das hier angerichtet haben?«
    »Wir arbeiten daran, Ma’am«, erwiderte Sykes freundlich. »Wie heißen Sie?«
    »Ich bin Alma Weinberg.« Sie wiederholte ihre Referenzen: »Mitglied der Nachbarschaftswache.«
    »Können Sie uns von den Needhams erzählen?«, fragte er. »Sie schienen sehr nette Menschen zu sein.«
    »Das waren sie auch. Das Salz der Erde. Die anständigsten Nachbarn, die man sich wünschen konnte.« Sie schlug den Hausmantel enger um sich. »Er war natürlich ein
bisschen
nervtötend. Ist ihm zu Kopf gestiegen, als andere kluge Leute anfingen, ihn zu zitieren, und er hat sich gern reden hören.«
    Das kam Ronnie bekannt vor. Ach, ja. Genau das hatte der Mann, der ihn getötet hatte, auch gesagt.
    »Aber er war ein guter Mann, und sie, seine Frau, war ein

Weitere Kostenlose Bücher