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Der Klang des Verderbens

Der Klang des Verderbens

Titel: Der Klang des Verderbens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leslie Parrish
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konzentriert die Augen. »Ich glaube nicht. Nur so einen, wie heißen die noch … einen Overall. So einen blauen Arbeitsanzug, aber da war kein Firmenzeichen oder so was drauf.«
    Sykes klappte einen Notizblock auf und fing an zu schreiben. »Fällt Ihnen noch irgendwas ein?«
    »Er war sehr höflich und drückte sich gewählt aus«, sagte sie. »Mit einer freundlichen Art. Ein Weißer, grau meliertes Haar, vielleicht Ende vierzig. Der wusste sich zu benehmen, das war nicht so ein Lümmel. Mehr weiß ich nicht mehr.«
    Das war weit mehr, als den meisten Menschen aufgefallen wäre, wenn sie sich denn Wochen später überhaupt noch daran hätten erinnern können. Diese Dame war pfiffig. Und ihre Auskünfte konnten die entscheidenden sein.
    »Haben Sie vielen Dank, Sie waren uns eine große Hilfe.«
    »Glauben Sie wirklich, dass dieser Telefonmann irgendwas damit zu tun haben könnte? Ich habe ihn nur das eine Mal gesehen, und das war über einen Monat vor dem schrecklichen Verbrechen.«
    »Wir können es nicht ausschließen«, gab Ronnie zurück. »Nochmals vielen Dank.«
    »Gute Nacht, Ma’am«, fügte Sykes hinzu und nickte ihr höflich zu.
    Sie sahen zu, wie Mrs Weinberg durchs Gras zurück zu ihrem Haus eilte. Wahrscheinlich wollte sie möglichst schnell zurück ins Warme. Ihre mageren, bleichen Beine waren nackt, und sie fror sicherlich. Aber sie hatte der Kälte und der Anwesenheit von Fremden getrotzt, um das Richtige zu tun.
    Das war schön zu sehen.
    »Manchmal vergesse ich, dass es solche Orte gibt«, sagte Sykes und zeigte auf die hübschen Wohnhäuser, die friedlich und still dastanden. »Ich bin diese Ruhe nicht gewohnt.«
    »Tja, in New York kennt man so was wohl nicht. Ich bin wahrscheinlich verwöhnt, weil ich jeden Abend durch den Park laufen kann.«
    Der Rock Creek Park war nicht gerade weites Land, aber kam dem so nahe wie eben möglich in Washington. Und während die meisten Menschen nicht im Traum darauf verfallen würden, abends allein darin spazieren oder joggen zu gehen, war das für Ronnie das Größte. Nicht nur, weil sie gern Sport trieb, sondern weil sie bloß darauf wartete, dass ihr jemand blöd kam.
    »Wahrscheinlich schläft hier niemand mehr besonders gut.«
    »Und wird es vermutlich auch nie wieder tun.«
    Sie blieben noch einige Minuten stehen, bevor sie wieder in den Mietwagen stiegen. Im Wegfahren erhaschte Ronnie einen Blick auf die Schaukeln im Garten der Needhams. Die Babys waren natürlich noch zu jung dafür gewesen … offenbar hatten sich die Eltern schon die Zukunft ausgemalt, hatten sich das Leben erträumt, das ihre Kinder führen würden. Vermutlich hatten sie sich vorgestellt, dass sie in einem Land aufwachsen würden, in dem Frieden herrschte, bevölkert von Menschen, die einander aufrichtig gernhatten. Ihre betagte Nachbarin sah bestimmt jeden Tag diese Schaukeln und trauerte um das, was hätte sein können.
    Ronnie verstand das – die Trauer um etwas, was hätte sein können. Doch in letzter Zeit fragte sie sich, ob sie vielleicht genug getrauert hatte. Denn ihr war etwas aufgegangen.
    Wenn man um das trauerte, was hätte sein können, und sich auf das konzentrierte, was man verloren hatte, verstellte das manchmal den Blick auf das, was man tatsächlich hatte.
    Heute musste der zweite Satz Nachrichten zugestellt worden sein. Bestimmt reagierten sie bereits darauf. Wahrscheinlich waren Sloan und Sykes in diesem Augenblick sogar in Chicago.
    Genau wie er.
    Nick fragte sich, ob er die Zeitverzögerung auch auf ausgerechnet diesen Tag eingestellt hätte, wenn er gewusst hätte, dass er heute nach Chicago fliegen würde, um in einem Notfall einzuspringen. Nun hielt er sich am selben Tag in der Windy City auf wie seine Freunde, die Gesetzeshüter.
    Vermutlich schon. Er wusste, dass sie ihn früher oder später schnappen würden.
    »Aber nicht zu früh«, flüsterte er, denn einmal musste er noch töten. Noch eine große Geste, die den Massen seine Botschaft vermitteln würde.
    Diesmal würde er es nicht verbergen können, es hätte auch gar keinen Zweck, die gespeicherten Dateien zu löschen. Aus Bethesda hieß es, dass er zusammen mit allen anderen Programmteilnehmern bis auf Weiteres seine Back-ups täglich hochladen solle. Jetzt ließ sich nicht eine Sekunde mehr vertuschen.
    Das war in Ordnung. Die ganze Welt würde aufhorchen, und sie würde wissen wollen, warum dieser Verrückte das getan hatte.
    Er würde dafür sorgen, dass sie es erfuhren.
    Während er sich

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