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Der kleine Bruder: Der kleine Bruder

Der kleine Bruder: Der kleine Bruder

Titel: Der kleine Bruder: Der kleine Bruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regener
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Kalamaresringen und einem Hackfleischklumpen, den Karl sofort zerteilte, um Frank und Chrissie die Käsefüllung zu zeigen, während der Wirt allen noch mehr Retsina eingoß.
    »Mir macht griechisches Essen immer Mut«, sagte Karl, als der Wirt außer Hörweite war. »Was für ein
    Mampf das ist, und was für ein weltweiter Erfolg trotzdem, ich meine, die sitzen überall auf der Welt und machen so einen Schweinkram zurecht, und die Leute essen das wirklich, das ist doch wunderbar!!« Er spießte ein paar Kala-maresringe auf seine Gabel und hielt sie nacheinander Frank und Chrissie hin, die beide mit dem Kopf schüttelten.
    »Ich nehme lieber was von dem Klops da!« sagte Chrissie und hob sich eine Hälfte des Hackfleischklumpens auf ihren Kartoffelteller.
    »Willst du vielleicht die andere Hälfte?« fragte Karl Frank. »Ich kann den Scheiß nicht leiden, weiß auch nicht, warum ich das immer bestelle!«
    Aber Frank konnte nicht antworten. Er fühlte sich plötzlich einsam, so einsam wie nie zuvor in den letzten Wochen, einsamer als nachdem Sibille ihm gesagt hatte, daß sie in einen anderen verliebt war, einsamer als nachdem Martin Klapp und Ralf Müller ihn aus der Wohnung im Üstertor geschmissen hatten, und sogar einsamer als im San-Bereich der Kaserne Vahr, wo man ihn als PseudoSelbstmörder von allen anderen isoliert und permanent beobachtet hatte. Die Ansage seines Bruders, er könne jederzeit zu ihm nach Berlin kommen und die ganze Scheiße hinter sich lassen, hatte ihn immer aufrecht und bei Laune gehalten, und jetzt dämmerte ihm langsam, daß sein Bruder wirklich nicht da war, und er fehlte ihm so sehr, daß er am liebsten geheult hätte.
    »Was ist los? Stimmt was nicht?« Karl beugte sich vor und versuchte, Frank in die Augen zu blicken. »Ist irgendwas?«
    »Nein, wieso?« Ich muß mich mehr zusammenreißen, dachte Frank, das merken die hier sofort, wenn man Schwäche zeigt, das kommt alles nur von dem scheiß
    Mandrax, dachte er, das spukt noch lange in einem herum, das kommt immer mal wieder durch. »Nee, ich hab nur gerade einen toten Punkt, ich bin heute morgen früh raus!«
    »Ach so! Mokka!« riefKarl in die Tiefe des Lokals hinein. »Wir brauchen mal schnell drei so griechische Mokkas, Elleniki oder wie die heißen, du weißt schon, Costa!« Costa war nirgends zu sehen, aber das störte Karl nicht. »Elleniki, so heißen die doch, oder was? Odet war das der Salat?« redete er weiter in das leere Lokal hinein. »Heißt der Mokka Elleniki?« fragte er den alten Mann an der gegenüberliegenden Wand, aber der schaute nur weiter auf den Fernseher, in dem jetzt ein Karatefilm mit griechischen Untertiteln lief. »Was ist denn mit dem, ist der vielleicht schon tot«, sagte Karl leise. »Vielleicht haben sie den ausgestopft?!«
    »Geht schon wieder«, sagte Frank. »Eilt nicht mit dem Mokka. Der Wein hier tut’s auch.« Er kippte einen Ouzo runter und spülte mit einem großen Schluck Retsina nach.
    »So ist’s recht, der Scheiß muß ja weg, und in der Zone gibt’s ja wieder nur Schultheiss in Dosen von Klaus, na das wird was, da sollte man gleich mal hingehen, bevor wir hier alle einpennen.«
    »Ja«, sagte Frank, und er merkte plötzlich, daß er Karl ganz gern mochte. Aber vielleicht ist das auch nur, weil Freddie nicht da ist, dachte er, vielleicht hat man deshalb keine andere Wahl.
    »Einer von den Ouzos war für mich«, sagte Chrissie.
    »Ich dachte, du wolltest keinen.«
    »Das war der Umsonst-Ouzo!«
    »Ich dachte, du wolltest keinen.«
    »Das war aber meiner!«
    »Ja, aber ich dachte, du wolltest keinen!«
    »Wollte ich auch nicht!«
    »Na also!«
    »Das war aber meiner. Hättest mich wenigstens fragen können.«
    »Darf ich deinen Ouzo haben, Chrissie?«
    »Hast du ja schon.«
    »Soll ich dir einen bestellen?«
    »Nein, will ich nicht.«
    Karl seufzte. Sie schwiegen alle drei eine Weile. Dann sagte Karl:
    »Wollen wir die Rechnung durch drei teilen? So machen die das immer in Griechenland. Das heißt sogar so: griechische Rechnung heißt das!«
    Chrissie schnaubte.
    »Schon gut«, sagte Karl und hob die Hände, »schon gut! Sollte nur ein Witz sein!«
6.  SCHOCK
    Der Weg zur Zone war nicht weit, nur die Straße, an der der Grieche lag, hinunter und unter der Hochbahn durch, dann waren sie auch schon bei der Zone. Karllief so schnell voran, daß Frank und Chrissie Probleme hatten, mitzukommen.
    »Renn doch nicht so, du Arsch«, riefChrissie mehrmals, aber Karl lachte immer nur und rief, ohne

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