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Der kleine Bruder: Der kleine Bruder

Der kleine Bruder: Der kleine Bruder

Titel: Der kleine Bruder: Der kleine Bruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regener
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und Freddie ist nicht da. Da hat er doch wohl ein Recht, mal Scheiße zu sagen.« Erwin schlug ihm die Hand weg. Karl lachte. »Aber wir haben Glück, Erwin. Oder, besser gesagt: du hast Glück. Jetzt können wir das Plenum mit ihm machen, er ist ja blutsverwandt, sogar ersten Grades oder erste Linie oder wie das heißt, da kann er ja Freddie vertreten auf deinem Plenum.«
    »Das ist nicht mein Plenum. Ein Plenum gehört niemandem. Außerdem habe ich von Plenum gar nichts gesagt, ich muß doch bloß mit euch was besprechen! Außerdem kann das kein Plenum sein, wenn zwei Leute fehlen.«
    »Darum ja, Erwin, darum ja die Sache mit Frank hier, das ist Freddies Bruder, dann fehlt nur noch H.R., und der redet doch eh immer nur Scheiße, jetzt entspann dich doch mal.«
    »Ich bin ja entspannt. Aber ich muß das mit euch besprechen! «
    »Eben, Erwin, eben. Darum ist Frank jetzt ja da.«
    »Ich weiß nicht«, sagte Erwin und sah Frank zweifelnd an. »Das geht schon irgendwie auch mal um was Persönliches, was ich jetzt mit euch besprechen wollte, ich meine, ich kenn den ja gar nicht, da kann man doch nicht einfach so… - außerdem: Weiß Freddie denn überhaupt, daß der da ist? Ich meine, wieso kommt der gerade zu Besuch, während Freddie nicht da ist? Und wieso weiß der das nicht mit Freddie?«
    »Weiß was nicht mit Freddie?« fragte Frank mißtrauisch, ihm kam das irgendwie komisch vor, was dieser Erwin da redete.
    »Daß der nicht da ist, Kerle, was denn sonst? Oder wo er ist!«
    »Wo ist er denn?«
    »Das mußt du doch wissen, du behauptest doch, du wärst sein Bruder!«
    »Das ist wirklich Freddies Bruder, ich kenn den aus Bremen, Erwin!«
    »Wieso soll ich das wissen? Ich komme doch gerade aus Bremen!« sagte Frank. Er war verwirrt, aber nicht böse. Irgendwie machte er sich jetzt und hier und mit den beiden Blödelfritzen, denn das waren sie in seinen Augen, keine großen Sorgen mehr, obwohl er doch eigentlich, darüber war er sich schon im klaren, allen Grund dazu gehabt hätte: Bisher war er immer davon ausgegangen, daß Freddie in der Stadt war, und nur so weit war auch sein Plan gegangen, Freddie (jetzt denke ich schon Freddie, dachte Frank, das ging ja schnell!) zu treffen und ihm alles zu erzählen und dann mal weiterzusehen. Statt dessen steht man, dachte er, hier mit den zwei Pfeifen herum, nennt seinen Bruder Freddie, und keiner weiß, wo der ist, außerdem, dachte Frank, hat man keine Wohnung, kaum Geld, draußen ist’s kalt, und, dachte er dann auch noch kurz und soldatisch wirr, man hat noch nicht einmal sein Kochgeschirr und seine halbe Zeltplane dabei. Aber trotzdem war ihm seltsam leicht zumute, irgendwie beruhigte ihn der Quatsch, der hier geredet wurde, solange die beiden Unsinn reden, dachte er, ist alles halb so schlimm.
    “Vielleicht sollte man mal Bier holen«, sagte Karl, “dann geht das gleich wie geschmiert mit dem Plenum.«
    “Hör doch mal mit dem Plenumscheiß auf, Kerle, keiner hat was von Plenum gesagt«, sagte Erwin. “Außerdem kann ich jetzt kein Bier trinken, Helga kommt nachher.«
    “Ich geh mal was holen. Kommst du mit?« wandte sich Karl an Frank.
    Frank nickte. “Warum nicht.« Er wollte jedenfalls nicht mit Erwin allein bleiben, Karl kannte er wenigstens schon ein bißchen, und auch wenn er ihn eigentlich nicht besonders leiden konnte, war das doch immer noch besser als gar nichts.
    »Erwin, mach doch schon mal eine Tagesordnung«, sagte Kar! und hob eine Jacke vom Boden auf. »Wir sind gleich wieder da, dann brauchen wir eine Tagesordnung.«
    »Ah, leck mich«, sagte Erwin, und dann gingen sie.
    Sie gingen die Treppe hinunter und über den Hof auf die Straße. Die Luft war kalt und roch nach Rauch. Anfangs schwiegen sie, jeder in seine eigenen Gedanken versunken, aber das scheint nur so, dachte Frank, als sie auf die Straße traten, hier denkt überhaupt niemand irgendwas, dachte er, der nicht und ich nicht, wir tun nur so, weil es nichts zu sagen gibt. Und deshalb sagte er schließlich: »Ich wußte gar nicht, daß ihr beide zusammen wohnt. Ich meine jetzt Freddie und du. Ich hab gedacht, du bist nur so ‘ne Art Hiwi von ihm oder so.«
    »Hähä!« lachte Kar! meckernd und sah mit einer Grimasse zu ihm hinunter. Er war um einiges größer als Frank. »Der war gut!«
    »Passiert das öfter, daß Freddie einfach so verschwindet?«
    »Was heißt schon einfach so verschwindet?« erwiderte Kar! und blieb ohne ersichtlichen Grund stehen. »Mann, die Reichenberger Straße

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