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Der kleine Bruder: Der kleine Bruder

Der kleine Bruder: Der kleine Bruder

Titel: Der kleine Bruder: Der kleine Bruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regener
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eingeschaltet, und von ihm kamen auch die Stimmen, die Frank gehört hatte. Freddie saß auf dem Bett und schlief. Er trug einen Trainingsanzug und Socken.
    »Freddie«, sagte Frank und rüttelte ihn an der Schulter. Es dauerte ein bißchen, bis er aufWachte.
    »Frankie, alte Socke!« sagte er. »Was machst du denn hier?«
    »Ich war gerade in der Gegend«, sagte Frank, und er war so erleichtert, daß er fast zu weinen anfing.
    »Ist denn gerade Besuchszeit?« sagte Freddie.
    »Nein, aber sie haben ein Auge zugedrückt«, sagte Frank.
    Freddie setzte sich langsam auf. Er zeigte auf den Fernseher. »Mosaik, die Sendung für die ältere Generation«, sagte er. »Bin ich eingeschlafen? Scheiße, das ist ja schon wieder dunkel!«
    Frank kam sich komisch dabei vor, wie er so vor Freddie stand und im Schein des Fernsehers auf ihn hinabschaute, deshalb setzte er sich auf den Stuhl. »Hübsch hast du’s hier!« sagte er.
    Freddie ging darauf nicht ein. “Was machst du denn in Berlin?« sagte er. »Und was hast du da im Gesicht? Moment mal!« Er stand auf und ging langsam, immer mit einer Hand an der Wand, ins Bad. Auf dem Weg machte er ohne hinzusehen das Licht an und patschte dabei mit der Hand zweimal daneben. Als er draußen war, schaltete Frank den Fernseher aus. Dann zündete er sich eine Zigarette an.
    »Hast du auch eine für mich?« sagte sein Bruder, als er wiederkam. Er hatte ein großes Glas Wasser in der Hand und setzte sich damit aufs Bett. Dann trank er es in einem Zug aus. >,Mann, Mann«, sagte er, »ich bin ganz schön müde. Wie spät ist es jetzt?«
    »Weiß nicht, halb fünf, fünf«, sagte Frank. »Was machst du hier, Freddie, was soll der Scheiß?«
    »Kann ich dir sagen«, sagte Freddie. »Ich schlucke zweimal am Tag eine Tablette, und nach ein paar Wochen kriege ich zwanzigtausend Mark. Wie findest du das?«
    »Toll«, sagte Frank. »Und was sind das rur Tabletten?«
    »So Psychokrarn«, sagte Freddie. »Aber ich merke gar nichts, wahrscheinlich bin ich in der Kontrollgruppe, und die geben mir ein Placebo.« Er lachte und fuhr sich mit der Hand durch die Haare. Dabei fiel ihm das Glas herunter, aber es ging auf dem dicken Teppich, der hier ausgelegt war, nicht kaputt.
    Frank hob das Glas auf und fragte: »Willst du noch mehr Wasser?«
    »Klar«, sagte Freddie, »ich hab ziemlich Durst.«
    Frank ging ins Bad und füllte das Glas. Als er wieder in den Raum kam, lief der Fernseher wieder.
    »Ich glaube, der geht immer von selber aus«, sagte Freddie. »Ich mach den Ton mal leise.« Er drehte den Tonknopf, bis nichts mehr zu hören war. »Ich hab mir was zum Lesen mitgenommen, aber irgendwie bin ich dafür meistens zu müde.«
    »Wie lange mußt du noch hierbleiben? « sagte Frank und stellte das Wasser auf den Tisch.
    »Keine Ahnung, welchen haben wir heute?«
    »Den vierzehnten.«
    »November?«
    »J a, natürlich.«
    »Das geht noch bis Mitte Dezember, bis zum sechzehnten Dezember.«
    »Und dann?«
    »Wie, und dann?«
    »Wieso brauchst du denn so viel Geld?«
    »Ah…« Freddie streckte die Arme aus und räkelte sich. Dann kratzte er sich am Kopf, erst ein bißehen hier, dann ein bißehen da, und schließlich mit beiden Händen überall. »Ich glaube«, sagte er nach einiger Zeit, in der er mit dem Kratzen nicht mehr aufhörte, »ich glaube, ich bin doch nicht in der Kontrollgruppe.«
    »Nein, glaub ich auch nicht«, sagte Frank.
    »Ich war im Sommer in New York«, sagte Freddie. »Da will ich hin!«
    »Wieso? Ich meine, was soll der Scheiß, zwanzigtausend Mark, man braucht doch keine zwanzigtausend Mark, um nach New York zu kommen!«
    »Was meinst du, wie teuer das da ist, Frankie. Meinst du, meinen Kram kann man mal eben so verkaufen? Die großen, schweren Dinger? Ich hab’s doch versucht, aber auf Dauer geht das nicht von Berlin aus, Berlin, Mauerstadt, der ganze Scheiß, also auf Dauer …!«
    Er brach ab und kratzte sich wieder am Kopf. »Ich muß denen das mal sagen, das habe ich ganz vergessen, denen zu sagen, das ist ja der letzte Scheiß mit dieser Juckerei!«
    »Was auf Dauer?«
    »Ich hab denen das schon tausendmal gesagt!«
    »Was auf Dauer? Was ist auf Dauer?«
    »Auf Dauer? Auf Dauer was?«
    »Irgendwas mit Berlin, und daß das auf Dauer und so.«
    »Ach so, weiß ich nicht, ich muß hier jedenfalls raus, hast du mal die anderen kennengelernt?«
    »Welche anderen?«
    »Karl Schmidt und P. Immel und so?«
    »Ja klar. Karl war doch neulich in Bremen schon dabei. Und Martin

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