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Der kleine Dämonenberater

Der kleine Dämonenberater

Titel: Der kleine Dämonenberater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
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Ordnung.«
    »Eine Scheidung ist immer hart.«
    Die Trostworte ihrer Gäste reichten von »zu schade, daß ihr's nicht doch noch auf die Reihe gebracht habt« bis zu »er war sowieso nur ein hoffnungsloser Säufer – du bist ohne ihn besser bedient«.
    Es war gerade mal vier Tage her, seit sie sich von Robert getrennt hatte, und schon wußte es jeder in Pine Cove. Und sie konnten sie damit einfach nicht in Ruhe lassen. Warum war es nicht möglich, sie allein damit fertig werden zu lassen, anstatt ein mitfühlendes Lächeln voller Sympathie in ihre Wunden zu bohren? Es schien, als trüge sie ein großes rotes S auf ihrer Kleidung genäht, das die Einheimischen einlud, sich um sie zu drängen wie eine hungrige Amöbe.
    Als das zweite Tablett mit Gläsern auf den Boden krachte, stand sie inmitten der Scherben und versuchte, sich zu beruhigen, doch es klappte nicht. Sie mußte irgendwas tun – schreien, in Tränen ausbrechen oder ohnmächtig werden – doch sie stand nur da wie gelähmt, während die Küchenhilfe das Glas zusammenfegte.
    Ein knochiges Paar Hände schloß sich um ihre Schultern. Sie hörte eine Stimme hinter sich, die von sehr weit weg zu kommen schien. »Du hast einen Panikanfall, meine Liebe. Das geht vorbei. Du brauchst dich nur zu entspannen und tief durchzuatmen.« Sie spürte, wie die Hände sie sanft durch die Küchentür zum Büro im hinteren Teil des Cafés schoben.
    »Setz dich hin und laß den Kopf zwischen die Knie hängen.« Sie ließ sich zu einem Stuhl führen. Sie war zu keinem Gedanken mehr fähig, und sie bekam keine Luft mehr. Eine knochige Hand rieb ihr über den Rücken.
    »Durchatmen, Jennifer. Ich werde nicht zulassen, daß du diese sterbliche Hülle ausgerechnet mitten in der Frühstückschicht abstreifst.«
    Augenblicklich wurde sie wieder klar im Kopf, und als sie aufblickte, sah sie vor sich Howard Phillips stehen, den Besitzer von H.P.'s.
    Er war hochgewachsen und spindeldürr. Außerdem trug er immer einen schwarzen Anzug und geknöpfte Schuhe, wie sie vor hundert Jahren Mode gewesen waren. Wenn man von den schwarzen Höhlungen auf seinen Wangen absah, war Howards Haut so weiß wie eine Leichenmade, was Robert einmal zu der Bemerkung veranlaßt hatte, daß Howard aussah wie der Zeremonienmeister einer Party unter Chemotherapie-Patienten.
    Howard war in Maine geboren und aufgewachsen, doch wenn er sprach, verfiel er einem britischen Akzent, der eher an einen gebildeten Londoner gemahnte. »Die Aussicht auf Veränderung ist eine vielarmige Bestie mit scharfen Klauen, meine Liebe. Nichtsdestotrotz ist es ganz und gar inadäquat, dieser Bestie ehrfurchtsvoll zu huldigen, indem man sich in den Trümmern meiner Ausstattung verkriecht, während draußen Bestellungen darauf warten, erledigt zu werden.«
    »Es tut mir leid, Howard, aber Robert hat heute morgen angerufen, und er klang so hilflos am Telefon, fast schon mitleiderregend.«
    »Eine Tragödie, das steht fest. Dennoch, just in dem Moment, da wir gramgebeugt hier sitzen, verschmoren zwei bis dato der Gesundheit höchst förderliche Tagesmenüs unter der Hitzestrahlung des Grills und verwandeln sich demnächst in eine gelatinöse Masse, die allenfalls noch geeignet ist, eine Lebensmittelvergiftung zu verursachen.«
    Es erleichterte Jenny, daß Howard, wenn auch auf seine verschroben charmante Art, sie nicht ebenfalls mit Sympathiebekundungen zukleisterte, sondern ihr zu verstehen gab, daß sie sich endlich zusammenreißen und ihr Leben in den Griff bekommen sollte. »Ich denke, es geht schon vorbei. Danke, Howard.« Jenny stand da und wischte sich mit einer Papierserviette, die sie aus der Tasche ihrer Schürze zog, die Tränen ab. Dann ging sie hinaus, um die Bestellungen an den Mann zu bringen. Howard, der sein Maß an Gefühl für heute erschöpft hatte, schloß die Tür zu seinem Büro und widmete sich der Arbeit an den Büchern.
    Als Jenny wieder ins Restaurant kam, fand sie es nahezu leer vor. Bis auf ein paar Stammgäste und einen dunkelhaarigen jungen Mann, den sie nicht kannte, waren alle gegangen. Der junge Mann stand neben dem Schild mit der Aufschrift Bitte warten Sie hier, bis Ihnen ein Platz zugewiesen wird. Zumindest würde er ihr keine Fragen wegen Robert stellen – Gott sei Dank. Welch eine willkommene Abwechslung!
    Nicht viele Touristen fanden den Weg zu H.P.'s. Es lag versteckt in einer von Bäumen gesäumten Sackgasse, die von der Cypress Street abging. Auf dem kleinen, geschmackvollen Schild an dem

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