Der kleine Dämonenberater
starrten beide das Knoblauchbrot an, als wäre es ein brodelnder Kessel voller Schierling.
»Du magst Knoblauchbrot?« fragte er.
»Mögen ist untertrieben. Und selbst?«
»Leidenschaftlich gern«, sagte er.
Er nahm den Korb und hielt ihn ihr hin. »Möchtest du welches?«
»Nicht jetzt. Nimm du dir schon mal.«
»Nein danke. Irgendwie ist mir gerade nicht danach.« Er stellte den Korb wieder hin.
So stand denn das Knoblauchbrot zwischen ihnen und dampfte vor sich hin und verkomplizierte die ohnehin schon nicht ganz einfache Situation. Natürlich mußten sie beide davon essen, denn Knoblauchbrot bedeutete, daß man aus dem Mund roch. Und wenn es danach zu einem Kuß oder vielleicht auch mehr kommen sollte … verdammt, Knoblauchbrot machte alles so elend intim.
Also saßen sie schweigend da und studierten die Speisekarte; sie suchte nach dem billigsten Hauptgericht, von dem sie allenfalls einen kleinen Happen essen würde, während es für ihn hauptsächlich darum ging, etwas zu bestellen, das er in Gegenwart von jemand anderem essen konnte, ohne sich dabei zu blamieren.
»Was nimmst du?« fragte Jenny.
»Auf keinen Fall Spaghetti«, erwiderte er knapp.
»Okay.« Jenny hatte ganz vergessen, wie es war, mit jemandem auszugehen. Obwohl sie sich nicht ganz sicher war, glaubte sie sich zu erinnern, daß sie irgendwann einmal geheiratet hatte, um Situationen wie diese ein für allemal zu vermeiden. Es war wie Fahren mit angezogener Handbremse. Damit war jetzt Schluß, sie hatte die Nase voll.
»Ich komme fast um vor Hunger. Gib mir doch mal das Knoblauchbrot.«
Travis lächelte. »Sicher.« Er reichte ihr den Korb und nahm sich dann selbst ein Stück heraus. Mitten im Abbeißen hielten sie inne und blickten sich über den Tisch hinweg in die Augen, wie zwei Pokerspieler, die sich gegenseitig bluffen. Jenny lachte und prustete Krümel über den ganzen Tisch. Das Eis war gebrochen, jetzt konnte der Abend losgehen.
»Also, Travis, was machst du so?«
»Mit verheirateten Frauen ausgehen, wie's scheint.«
»Woher weißt du das?«
»Die Bedienung hat's mir gesagt.«
»Wir haben uns getrennt.«
»Fein«, sagte er, und beide fingen an zu lachen.
Sie gaben ihre Bestellung auf, und im Verlauf des Essens entdeckten sie, daß sie trotz oder gerade wegen der etwas heiklen Situation gut miteinander zurechtkamen. Jenny erzählte Travis von ihrer Ehe und ihrer Arbeit, und er wiederum ließ sich eine Geschichte einfallen, daß er als Versicherungsvertreter arbeitete und von daher weder ein Zuhause noch eine Familie hatte.
So tauschten sie freimütig Lügen und Wahrheiten miteinander aus und stellten fest, daß sie sich gegenseitig mochten – wenn nicht sogar mehr.
Als sie das Restaurant verließen, gingen sie Arm in Arm und lachten.
-15-
RACHEL
Rachel lebte allein in einem kleinen Blockhaus, das inmitten einer Gruppe von Eukalyptusbäumen am Rande der Beer Bar Ranch stand. Der Besitzer des Hauses war Jim Beer, ein schlacksiger Cowboy von fünfundvierzig Jahren, der mit seiner Frau und seinen beiden Kindern das vierzehn Zimmer große Ranchhaus bewohnte, das sein Vater am anderen Ende der Farm errichtet hatte. Rachel wohnte hier seit fünf Jahren und hatte noch nie auch nur einen Pfennig Miete bezahlt.
Sie war Jim Beer am Tag ihrer Ankunft in Pine Cove im Head of the Slug Saloon begegnet. Jim hatte den ganzen Tag mit Trinken zugebracht, und sein rauhbeiniges Cowboy-Charisma lastete schon schwer auf seinen Schultern, als Rachel sich auf den Hocker neben ihn setzte und eine Zeitung auf der Bar ausbreitete.
»Hallo, Süße, mich soll doch glatt der Blitz treffen, wenn hier nicht ein frischer Wind über unsere öden Weiden geweht kommt. Kann ich dir 'n Drink spendieren?« Sein Oklahoma-Akzent hatte einen Twang wie ein Banjo. Jim hatte ihn sich in seiner Kindheit zugelegt, denn die Saisonarbeiter auf der Ranch unterhielten sich in diesem Ton. Er gehörte zur dritten Generation, die die Ranch bewirtschaftete, und vermutlich würde diese Tradition mit ihm auch aussterben, denn sein Sohn Zane Grey Beer, der jetzt gerade im Teenageralter war, hatte schon frühzeitig beschlossen, daß er lieber Wellen als Pferde ritt. Unter anderem aus diesem Grund saß Jim nun im Head of the Slug und schüttete sich zu. Außerdem hatte seine Frau gerade einen neuen Mercedes-Turbo-Diesel-Kombi gekauft, der in etwa soviel kostete, wie die Farm jährlich abwarf.
Rachel schlug die Kleinanzeigen der Pine Cove Gazette auf. »Einfach nur
Weitere Kostenlose Bücher